Apropos Reise: Dieser Tage war und ist bis heute abend noch die Innotrans in Berlin. Logisch, dass ich als an der Bahn Interessierter mir dafür die notwendige Zeit genommen habe - und zu meiner großen Freude übrigens auch noch andere Teilnehmer des Bahnkutscherforums dort getroffen habe.
Die Fahrt hat sich schon wegen S 21 gelohnt. Auf dem Stand 216 in Halle 4, 1. Stock, war nämlich der Stand der Firma SMA. Klar, dass ein Gespräch sozusagen bei der Primärquelle viel sinnvoller ist als in irgendwelchen Foren oder Stellungnahmen der K-21 Befürworter zu lesen, was SMA verklausuliert gemeint haben könnte.
Es gilt also mit Fug und Recht der Spruch: "Berlin ist immer eine Reise wert."
Ich hoffe, dass möglichst viele sich da umgesehen haben. Informationen sind dort ohne Ende verfügbar, von den Hochgeschwindigkeitsprojekten (weltweit natürlich) bis hin zur Fahrgastinformation, wobei lustigerweise als ein Beispiel eine Haltestelleninformation aus Tübingen verwendet wurde, auf welcher meine tägliche Buslinie 16 in Echtzeit angezeigt wurde.
Besonders interessiert haben mich die Chinesischen Eisenbahnprojekte, über die auf mehreren Ständen informiert wurde. China zählt mittlerweile zu den großen Produzenten von Schienenfahrzeugen, die vorwiegend auf dem asiatischen und afrikanischen Markt abgesetzt werden. Sofort ins Auge gestochen sind mir die wunderschön in runden Plexiglasröhren verpackten Modelle von Schienenfahrzeugen, deren Ausstrahlung ich schon beim Besuch des Railway-Pavillions auf der EXPO in Shanghai erlegen bin.
Auch haben die Chinesen inzwischen Bahnhöfe gebaut, die architektonisch absolut beeindruckend sind. Da kommen bei uns selbst die Flughafen-Abfertigungsgebäude nicht mehr mit und die sind, wie etwa selbst der Stuttgarter Flughafen mit seiner filigranen Baumstruktur zum Tragen des Dachs durchaus auch gelungen. Die Flughäfen sind inzwischen offenbar die Kathedralen des Verkehrs geworden, die die Bahnhöfe, die diese Funktion einst inne hatten, längst verdrängt haben. Schon aus diesem Grund sollte man das nicht so belassen, wie es gegenwärtig leider oftmals ist. Für all diese Aspekte konnte man sich auf der Innotrans Inspirationen holen oder zumindest mal sehen, wie andernorts sich die Dinge entwickeln.
Die Innotrans findet alle zwei Jahre statt und sollte deswegen schon jetzt dick im Kalender 2012 vorgemerkt werden.
Fotos habe ich leider keine zum ins Forum reinstellen. Ich habe aber zwei Taschen mit Prospektmaterial, Fachzeitschriften usw. nach Hause geschleppt und bin deswegen auf meinen Bahnreisen in der nächsten Zeit mit ausreichend Lesestoff versorgt.
Die Fronten haben sich gestern extrem verhärtet. Einzelheiten brauchen hier wohl nicht mehr aufgeführt werden. Unabhängig dazu erschien im heuten Stern ein mehrseitiger Artikel über geheime Dokumente. Über deren Echtheit oder Fälschung ich mich zur Zeit nicht äußern möchte.
Reinhard
Ich bn wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. Manche auch beides.
In der Süddeutschen Zeitung von diesem Wochenende findet sich auf Seite 2 ein lesenswertes Interview mit Bahn-Chef Grube über die Zuspitzung des Protests, die fehlende Alternative und die Chancen, die sich für Stuttgart ergeben.
SZ: Herr Grube, Ihre Kundschaft wird mit Wasserwerfern von der Bäumen gespritzt. Was tun Sie zur Deeskalation? Grube: Sie haben recht, dass gerade bei den Gegnern viele den Grünen nahestehen, also: Befürworter der Bahn sind. Ich bedauere die Eskalation. Ich bin ein absoluter Gegener von Gewalt...
SZ: In Stuttgart sieht es derzeit aber anders aus. Grube: Ja, aber wir sind doch eine Demokratie! Das heißt nicht nur, Entscheidungen zu treffen, sondern auch, getroffenen Entscheidungen umzusetzen. Ich stehe in Kontakt mit beiden Seiten, mit den Gegnern und den Befürwortern. Jetzt heißt es, die Polizei sei unangemessen gewalttätig. Aber man kann das auch anders sehen: Eine Schülerdemonstration morgens um zehn Uhr hatte den genehmigten Weg verlassen, und einige sind auf die Lastwagen und Polizeiautos gestiegen. Dass die Polizei dagegen etwas unternimmt, kann doch niemand ernsthaft kritisieren.
SZ: Es sind viele friedliche Demonstranten unterwegs... Grube: Ich weiß, und davor habe ich höchsten Respekt. Aber ich finde es schon merkwürdig, dass in einem Land, in dem Schulpflicht herrscht, 2000 Schüler während der Schulzeit einfach streiken. Und dass einige wenige Gegener bewusst Kleinkinder nach vorne geschoben haben, das finde ich bedenklich.
SZ: Kinderwagen zieht man halt nicht, man schiebt sie vor sich her. Grube: Aber doch nicht an solchen Tagen! Eine Andere Beobachtung im Hauptbahnhof: Da stehen Kinder als Litfaßsäulen verkleidet und protestieren. Stellen Sie sich mal eine Sekunde vor, die Befürworter des Projekts würden so vorgehen. Die Gegener würden uns das zu Recht um die Ohren hauen.
SZ: Sie meinen, es ist Aufgabe der Polizei, für Ruhe um jeden Preis zu sorgen? Grube: Die Polizei ist nur das ausführende Organ. Natürlich bin ich nicht bei den Einsätzen dabei. Aber ich fände es schäbig, wenn ich jetzt bloß sagte: Das ist Sache der Polizei, so ein Mensch bin ich nicht. Ich stehe für dieses Projekt und dafür, dass es gewaltlos umgesetzt wird. Ich bin ein engagierter Vertreter der repräsentativen Demokratie. Dieses Projekt hat ja eine ganz lange Vergangenheit, 17 Jahre! Alle Gremien haben es mit großen Mehrheiten in Bund, Land, Stadt und Region gut geheißen. Wenn etwas anderes gewollt gewesen wäre, hätte man damals jederzeit darüber reden können. Jetzt sage ich: Demonstrationen ersetzen keine demokratischen Spielregeln.
SZ: Finden Sie die Sturheit von Ministerpräsident Mappus angemessen? Grube: Ich rede viel mit ihm. Er sit genauso besorgt wie ich.- Nur sagt er natürlich auch: Wir haben hier einen Beschluss, der uns bindet.
SZ: Sie würden Herrn Mappus also nicht zu einem zeitweisen Baustopp raten? Grube: Nein. Wir sind mittlerweile zwischen die Fronten der Wahlkampfstrategen geraten. Die Grünen beispielsweise wollen das Thema möglichst in die Landtagswahl hineinziehen, damit sie ihre Version der Dinge, dass mämlich das Projekt noch umkehrbar ist, aufrecht erhalten können.
SZ: Und, ist es nicht mehr umkehrbar? Grube: Nein. Die Idee von K 21, dem Kopfbahnhof, ist ein Phantom, eine Illussion. Das Konzept funktioniert nicht, weil es schlichtweg nicht existiert. Der neue Durchgangsbahnhof unter der Erde ist ein wichtiger Baustein im europäischen Fernverkehrsnetz. Deutschland hat sich dazu schon vor 15 Jahren international verpflichtet. Der heutige Bahnhof und das Gleisvorfeld sind in keinem guten Zustand, die ICEs schleichen rein und raus. Wir wollen doch mehr Schienenverkehr. Stuttgart 21 ist eigentlich ein durch und durch grünes Projekt.
SZ: Ihre Gegner sind nicht überzeugt. Wie soll es jetzt weitergehen? Grube: Wir müssen deeskalieren. Ich appelliere an alle: Lasst uns reden, die Fakten müssen auf den Tisch!
SZ: Was würde das aus Sicht der Gegener bringen? Sie wollen ja in jedem Fall weiterbauen. Wo ist da Raum für Kompromisse? Grube: Es gibt immer einen Kompromiss. Beim Umbau des Bahnhofs selbst ist zwar nichts mehr zu machen, weil eine Änderung des bereits genehmigten Planfeststellungsverfahrens uns mindestens zehn Jahre zurückwerfen würde. Aber es gibt zum Beispiel noch viele städtebaulichen Gestaltungsmöglichkeiten.
SZ: Was meinen Sie genau? Grube: Na, wir gewinnen durch die Tieferlegung des Bahnhofs 100 Hektar neue Stadt. Das entspricht einem Drittel der Fläche von Stuttgart. Das kann man doch wunderbar gestalten. Es entstehen langfristig 10.000 neue Arbeitsplätze. Wir wollen ARbeiten, Wohnen und Einkaufen so kombinieren, dass Stuttgart zu einem Leuchtturmprojekt wird.
SZ: Leuchtturm wofür? Grube: Wir könnten Gebäude bauen, die alle eine Grünfläche auf dem Dach haben. Wir könnten nur noch Elektroautos erlauben, in die Stadt zu fahren. Wenn der Wille da ist, könnte Stuttgart zu einer Co²-Vorbildstadt werden.
SZ: Und wenn Ihre Vision kein Gehör findet? Wenn die Situation weiter eskaliert? Wann fallen Sie um? Grube: Ich falle nicht um. Ich bin sicher, dass Stuttgart 21 verwirklicht wird. Vermutlich können wir in zehn Jahren Einweihung feiern. Es gibt ja Vorbilder.
SZ: Was meinen Sie? Grube: 1996, als ich nach Stuttgart kam, waren 30.000 Demonstranten gegen die neue Messe. Heute gibt es niemanden mehr, der sich gegen die Messe stellt. Das ist ein Beispiel, wo anfängliche Skepsis sich als falsch erwiesen hat.
SZ: Sie setzen auf Aussitzen? Grube: Nein, nicht auf Aussitzen, aufs Umsetzen! Ich sage Ihnen: Wenn Stuttgart 21 nicht kommt, wird in Deutschland wahrscheinlich kein Großprojekt mehr durchzusetzen sein.
Das Interview führten Franziska Augstein, Marc Beise, Daniela Kuhr.
Wie immer finden sich in der Süddeutschen Zeitung zahlreiche weitere gut recherchierte Artikel zu Stuttgart 21. Ich kann nur empfehlen, sich das Blatt zu abonnieren, meint Vielfahrer
ich war gestern auf Reisen mit der Bahn, hier der Bericht. Seit dem 13. September fahren die IREs von Sigmaringen wieder nach Stuttgart, vorher nur von Albstadt-Ebingen.
Ein Triebfahrzeugführer hat mich gefragt, ob weiter nach Stuttgart will. Ich sagte zu Ihm, vielleicht, mal schauen.
Darauf kam die Antwort: Mach's bloß nicht, die schaun jeden, der mit der Kamera am Bahnsteig rumläuft schief an, die haben Angst, das was in der Presse wegen der scharfen Kontrollen kommt.
Deswegen habe ich Stuttgart von der Liste gestrichen.
Er meinte auch, das die Lokführer scharf kontrolliert werden und er ist selber Eisenbahnfotograf, die haben Ihm die Kamera kontrolliert, als er eine ESG-Lok, die im Gleisvorfeld stand, fotografieren wollte.
Also, da läuft ziemlich was schief, wenn sogar Lokführer kein Bock mehr auf Stuttgart haben.
Habe auch mit einem Bekannten, der bei der Polizei ist, gesprochen. Er sollte auch nach Stuttgart. Er weigerte sich und hat stattdessen jetzt jedes Wochenende bis November Dienst.
So kann man auch Leute (Polizisten) zwingen, etwas zu tun, was man nicht will, durch Schikane und Einschüchterung.
Tja, es ist manchmal schon merkwürdig was manche Amtsträger mit Demokratie begründen. Da ist wohl jedweder Realitätssinn verloren gegangen...
Egal ob man für oder gegen S21 ist - Man kann für die gesamte Gesellschaft nur hoffen, dass solche Personen möglichst schnell Ihre Ämter verlieren. Egal ob durch Wahlen oder durch vernünftigere Leute in Berlin...
Mag sein, denn davon lebt der Stern ja. Hoffentlich handelt es sich nicht wie letztes mal um ein sog. "Geheimpapier", das schon veraltet war, als es dem Stern von interessierter Seite zugespielt wurde. Die SMA+Partner AG hat dem sofort widersprochen, nachzulesen auf der Homepage des Umwelt- und Verkehrsministeriums (12 Seiten lang, absolut lesenswert). Seitdem wird SMA+Partner AG nicht mehr von den S-21-Gegnern als Kronzeuge gegen Stuttgart 21 zitiert.
Angeblich wurde auch das neue "Geheimpapier" bereits von der DB AG als unzutreffend zurückgewiesen. K 21 klammert sich halt an jeden Grashalm, ob der EBA heißt oder sonstwie.
Grüße vom Vielfahrer und bekennenden S 21 Befürworter.