Elektrifizierung Südbahn im Plan

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
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Vielfahrer
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Elektrifizierung Südbahn im Plan

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

heute fand im Landratsamt des Bodenseekreises in Friedrichshafen (7. Stock mit optimalem Seeblick Richtung Säntis) die 16. Sitzung des Interessenverbands Südbahn statt.

Die wichtigste Erkenntnis zuerst: Alle Planfeststellungsabschnitte (1= Alb-Donau-Kreis, 2 = Lkr. Biberach, 3 = Lkr. Ravensburg, 4 = Bodenseekreis, 5 = Landkreis Westallgäu) sind in Arbeit. Man kann sie auch im Internet finden. Für den Abschnitt 1 liegt seit März der Bericht des RP Tübingen vor, noch in diesem Monat wird der Bericht für den Landkreis Biberach erwartet. Denkbar wäre, dass dann im Herbst der Planfeststellungsbeschluss durch das EBA für diese beiden Abschnitte erfolgt. Für die weiteren Abschnitte bis Lindau liegen die Arbeiten auch im Plan und es sind aus Sicht der DB keine größeren Schwierigkeiten erkennbar. Die Zahl der Einsprüche ist vergleichsweise gering. Mit gewissem Optimismus kann daher eine Fertigstellung der Planfeststellungsbeschlüsse bis Mitte nächsten Jahres erwartet wären.

Diese sind zwingende Voraussetzung für den Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung (Bund und Land wollen schließlich hinreichend genau wissen, mit welchen Beträgen sie zu rechnen haben), die dann in der 2. Jahreshälfte 2015 erfolgen könnte. Anschließend könnten die entsprechenden Arbeiten ausgeschrieben werden und die Arbeiten dann anlaufen.

Bei der Südbahn-Elektrifizierung sollen ca. 250 km Fahrdraht gespannt werden und es müssen 3.500 Masten gesetzt werden. Weil diese zugleich die Speiseleitung mittragen, sind sie bis zu 11,20 m hoch. Gegründet werden die Masten mit Rammrohren, die ca. 6 bis 8 m tief in den Boden getrieben werden. Auf die Stahlrohre werden dann quasi Schuhe aufgesetzt, in welchen die Betonmasten bzw. Eisengittermasten eingesetzt werden sollen.

Neben diesen eher profanen Arbeiten gibt es auch mehrere Bauwerke, die anzupassen sind. Teilweise sind diese historischer Art, d.h. der Denkmalschutz redet mit. Die Argenbrücke aus dem Jahr 1886 muss definitiv ersetzt werden, da sie nicht so umgebaut werden kann, dass die elektrischen Leitungen noch eingepasst werden können. Wer also eine Brücke als Grundlage für ein Eisenbahnmuseum benötigt, der könnte sich da einkaufen.

Denkmalgeschützt ist auch der Fußgängersteg nördlich des Bahnhofs Biberach. Er ist zu erhalten. Ebenso soll der Eschersteg in Ravensburg, der derzeit eingelagert ist, wieder aufgebaut werden und für eine kurze Verbindung vom Mittelbahnsteig zum Busbahnhof Ravensburg sorgen. Auch der Eschersteg ist denkmalgeschützt.

Eine größere Baumaßnahme ist das Umrichterwerk in Niederbiegen. Diese Stromeinspeisungsstelle ist unverzichtbar. Andere Einspeisungen finden in Ulm Hbf bzw. in Lindau (aus Österreich) statt.

Interessant waren auch die Ausführungen über die elektromagnetische Verträglichkeit. Die Grenzwerte sind entlang der gesamten Strecke im bebauten Gebiet eingehalten. Lediglich außerhalb von Ortschaften gibt es kritische Bereiche. Ein früheres der Bahn und inzwischen einem Privaten gehörendes Wohnhaus muss noch analysiert werden. Auch Fragen des Lärmschutzes wurden angesprochen.

Wenn dann gebaut werden kann (frühestens ab Ende 2016/17), dann wird man nach den Ausführungen der DB um Streckensperrungen nicht herum kommen. Allerdings soll dann die zweigleisige Südbahn auf einem Gleis immer noch befahrbar sein, während das andere Streckengleis dann dem Bau-Verkehr dienen wird.

Erörtert wurden dann auch Vorstellungen zum zukünftigen Betriebskonzept. Aus Sicht der Südbahn-Anlieger ist das Zielkonzept 2025 des MVI ein Glücksfall, weil es bestätigt, dass für die hohen Potentiale der Südbahn deutlich bessere Verkehrsangebote angezeigt sind. Wie den Grafiken der Zielkonzeption des Landes entnommen werden kann, sind im Zulauf auf Ulm bis zu 4 Züge/Stunde nachfragegerecht.
Aus Sicht der Region ist ein schnelles Expressangebot zwischen dem nördlichen Bodenseeufer und Stuttgart von hoher Bedeutung, daneben eine Nahverkehrskonzeption, die der Bodensee-Oberschwaben-Bahn eine weitere Existenz ermöglicht. Im Bereich der Region Donau-Iller ist die Regio-S-Bahn Donau-Iller die Zielvorstellung.

Als Eindruck bleibt von der Sitzung zurück, dass alle Akteure ihre Hausaufgaben pünktlich erledigt haben, andererseits auch, dass in den kommenden Monaten noch sehr viel Arbeit zu erledigen ist, um die "Dieselinsel" endgültig auszutrocknen.

Bei der Rückfahrt von der Sitzung via Ulm ist dann der 218-Dosto-Zug wegen Lokschadens in Biberach liegen geblieben. Alle Fahrgäste wurden gebeten, in einen VT 628 umzusteigen (nicht klimatisiert, viele Stehplätze), der uns dann über Laupheim-Stadtbahnhof zwangsentführt hat. In Ulm Hbf kam dann mit ca. 40 Minuten Verspätung der schadhafte Zug, fuhr aber nicht nach Stuttgart weiter, so dass es mal wieder zu einer Fahrt im ICE 1 via Stuttgart gepasst hat.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Marvin
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Re: Elektrifizierung Südbahn im Plan

Beitrag von Marvin »

Elektrifizierung der Südbahn vorerst vom Tisch
"Die Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Lindau ist vorerst vom Tisch. Der Bundesverkehrsminister hat heute seinem Amtskollegen in Stuttgart mitgeteilt, dass der Bund das Projekt noch einmal überprüfen und damit vorerst kein Geld zur Verfügung stellen werde. Seit Jahren hatten das Land und die Kommunen entlang der Bahnstrecke für eine schnelle Modernisierung der Gleisanlagen gekämpft. Ursprünglich waren die erforderlichen Investitionen mit rund 12o Millionen Euro kalkuliert worden, inzwischen gehen Experten von mindestens 226 Millionen Euro aus."
Quelle: http://www.swr.de/landesschau-aktuell/b ... index.html




Ohne Worte...
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Vielfahrer
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Re: Elektrifizierung Südbahn im Plan

Beitrag von Vielfahrer »

Da scheint mir (zu) viel Parteipolitik vorhanden zu sein.

Die 5 Planungsabschnitte der Südbahn werden im Laufe des kommenden Sommers planfestgestellt werden. Teilweise liegen die Berichte schon beim EBA. Wenn die 5 Abschnitte dann planfestgestellt sind, geht es an den Finanzierungsvertrag. Dieser ist dann, wenn er von DB, Land, Bund und mitfinanzierenden Kommunen unterschrieben ist, Grundlage einer Ausschreibung. Und erst dann, wenn die Ausschreibung mit einem Zuschlag versehen werden kann, können die Arbeiten frühestens starten. Bei normalen Zeitabläufen ist also klar, dass im Jahr 2015 keine Elektrifizierungsarbeiten mehr aufgenommen werden können. Das muss man ganz realistisch und vorallem nicht dramatisch sehen.

Dass der Bund alle Projekte, die er (mit)finanzieren muss, hin und wieder auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft, ist eigentlich so schlimm nicht. Mal nicht als an attraktiven Verkehrsinfrastrukturen Interessierter, sondern mal als Steuerzahler, ist das eigentlich doch in Ordnung.
Die Wirtschaftlichkeit der Südbahn hatte einen hohen Nutzen/Kosten-Wert. Unterstellt man deutliche Kostensteigerungen, dann müsste aber schon ausgesprochen viel schief gehen, dass die Elektrifizierung der Südbahn nicht mehr wirtschaftlich zu vertreten wäre, also dass die Kosten einen möglichen Nutzen übersteigen würden. Kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

Was allerdings passieren wird, dass ist ein weiterer Verzug der Arbeiten, weil die Überprüfung natürlich Zeit kosten wird. So wird wieder mal ein Jahr mehr ins Land ziehen, ehe sich was tut. Von der Gäubahn und ihrem Ausbau kennen wir das ja zur Genüge.

An der Sinnhaftigkeit der Elektrifizierung der Südbahn habe ich aber 0,0 % Zweifel.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Goldberger
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Re: Elektrifizierung Südbahn im Plan

Beitrag von Goldberger »

"Dass der Bund alle Projekte, die er (mit)finanzieren muss, hin und wieder auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft, ist eigentlich so schlimm nicht. Mal nicht als an attraktiven Verkehrsinfrastrukturen Interessierter, sondern mal als Steuerzahler, ist das eigentlich doch in Ordnung. "

Das Problem ist doch hier, dass diese Überprüfung oft relativ willkürlich und sachfremd missbraucht wird, um bestimmte Projekte zu bevorzugen oder zu behindern. Bei vielen Projekten - auch S21 vor den Hauptbauarbeiten - wurde keine Überprüfung mehr gemacht, obwohl sich einige Voraussetzungen eindeutig geändert haben. Auch der Wegfall z.B. der IRLinie beim VDE8 vor zig Jahren zog keine Überprüfung vor sich. Oder man erinnere sich an die 0.8 Zugpaare/Tag-Strecke Wiesbaden-KRM.

Eine andere Möglichkeit zu tricksen, findet sich z.B. in der vor wenigen Jahren durchgeführten Bedarfsplanüberprüfung für die Bundesschieneenwege (hat mit den jetzigen konkreten, projektspezifischen Prüfungen wieder nix zu tun). Dort hat sich auch die untersuchende Gutachergruppe (BVU) explizit sehr befremdet geäußert, dass bei manchen Projekten (wie z.B. Ausbau Korridor Gießen-Hagen) die Kosten aktualisiert und oft verdreifacht wurden, während bei anderen, gewollten Projekte (wie der Y-Trasse) einfach ein uralter, im Vergleich zu allen anderen abschlossenen NBS-Projekten extrem unrealistischer Ansatz verwendet wurde.
Folge: Das Ergebnis beispielsweise dieser Überprüfung ist völlig verzerrt. Ironischerweise hatte man eh kein Geld und nun solange vezögert, dass am Ende doch nicht die präferierte Y-Trasse, sondern nun wieder zum x. Mal neue Varianten geprüft werden (wobei ich persönlich die NBS Ashausen-Unterlüss Aufgrund des Fahrzeitgewinns auch für den SPFV gar nicht so schlecht finde).

"Da scheint mir (zu) viel Parteipolitik vorhanden zu sein."
Man kann es auch anders sehen. Das Rad zwischen denen, die gemeint haben Dank S21 gibt es plötzlich "zwingende Notwendigkeiten" zum Ausbau anderer Bahnstrecken und es würde deshalbt auch genug Geld dastehen und denen, die gleich "Kannibalisierung" geschrien haben, wird mal wieder neu justiert.

PS: Soll ich mal eine Liste machen der Projekte, die schon weitgehend planfestestellt wurden ,aber bis heute nicht umgesetzt wurden ?
Marvin
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Re: Elektrifizierung Südbahn im Plan

Beitrag von Marvin »

Goldberger hat geschrieben: PS: Soll ich mal eine Liste machen der Projekte, die schon weitgehend planfestestellt wurden ,aber bis heute nicht umgesetzt wurden ?

Gerne doch! :Genial:
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