Die Spitzenkandidaten der Reutlinger Ratsfraktionen stehen hinter der Stadtbahn - doch über das Wie gibt es viele Differenzen. Das zeigte am Mittwoch ein Podium der Stadtbahninitiative Reutlingen.
Im Reutlinger Blatt (Schwäbisches Tagblatt Tübingen) schreibt dazu der Autor Matthias Reichert:
An die hundert Leute drängten sich in den Proberaum im franz.K. - das Thema zieht. Alle Kandidaten - auf dem Podium saßen nur Männer - sind für die Stadtbahn. Die Grünen hätten schon 1989 (also vor 25 Jahren!) dafür geworben, als man noch dafür verlacht wurde, sagte Rainer Buck. Jürgen Sträub (WiR) hat Anregungen aus Seoul geholt. Die FDP habe schon 2004 die Umsetzung gefordert, erklärte Carl-Gustav Kalbfell. Und Jürgen Fuchs (FWV) trommelte: "Das Auto ist ein Auslaufmodell".
Wie berichtet, wird die Stadtbahn in Module aufgeteilt, weil das Gemeindefinanzierungsgesetz 2019 ausläuft. Die CDU könne nicht "per ordre mufti" eine Nachfolgeregelung machen, erklärte Fraktionschef Andreas vom Scheidt. Aber: "Es wird eine Lösung geben." Hauptproblem, da waren sich alle einig, ist die Finanzierung. "Eine Milliarde wird nicht reichen", sagte Rainer Buck (Grüne). Mehrfach gefordert wurde die Priorisierung vom Land sowie dessen Endfinanzierungsgarantie - zumindest für das Modul eins. SPD-Spitzenkandidat Ramadan Selcuk bremste: "Wenn das Land jetzt gleich sagen würde: 'Ja, wir zahlen', würden Sie als Bürger sagen: 'Die haben nicht alle Tassen im Schrank.'" Die Garantie sei rechtlich gar nicht möglich, weil solche Garantien nur für Bahn-Projekte abgegeben werden können, sekundierte Buck. Vom Scheidt widersprach: Auch die Bahn sei beteiligt. Fuchs erklärte: "Die Garantie muss her". Immer wieder wurde gefordert, die Region solle jetzt ihre Planungen vorantreiben - wie einst beim Scheibengipfeltunnel, als die Stadt erhebliche Vorleistungen für Planung und Grunderwerb tätigte. Oskar Kalbfell (FDP) und Thomas Ziegler (Linke) kritisierten, dass die städtische Stelle dafür noch nicht wieder besetzt ist. Kalbfell fordert kompetente Planer auf dem Reutlinger Rathaus, "da muss man auch Leute abwerben".
Verlangt wurden Planungen, die weit über Modul eins hinausreichen. Etwa für die Gomaringer Spange. Und beim Albaufstieg bei Honau, so Fuchs, solle man sich endlich entscheiden, wo die Bahn und die neue Straße verlaufen kann. Die Grünen wollen kommende Woche im Kreistag beantragen, eine eigene Projektgesellschaft zu gründen. Selcuk war angetan: "Unterstützen Sie die SPD, dann machen wir das." Er denkt aber eher an einen Zweckverband. Ziegler war indes gegen einen neuen "Wasserkopf", man solle sich an bestehenden Bahnen orientieren: "Wir müssen nicht überall das Rad neu erfinden".
Selcuk will mehr Geld für Planungen ausgeben, vom Scheidt warnt: "Wir können nur begrenzt Planungsmittel ausgeben, solange die Realisierung nicht klar ist." Zugleich verlangt auch er detaillierte Pläne. Ein Knackpunkt ist die Ausschleifung am Reutlinger Bahnhof. Manche wollen die Strecke wie Kalbfell tieferlegen - doch dann sinkt die Kosten-Nutzen-Relation. Fuchs: "Dann zahlt niemand". Selcuk fragte: "Wie kommt die Bahn über die Karlstraße? Da wird einem schwindelig." Vom Scheidt ergänzte: "Was ist, wenn in der Gartenstraße nur die Bahn fährt? Wie werden die Häuser erschlossen, was ist mit dem Querverkehr in die Oststadt?"
Das Projekt zerstöre Straßenraum, sagte Ziegler: "Das müssen wir offen diskutieren. Wir müssen die Menschen mitnehmen". Auf Kalbfell fordert breite Bürgerbeteiligung. "Das Problem ist die Akzeptanz", erklärte Fuchs. Die Verwaltung solle zudem Rücksicht bei Bebauungsplänen nehmen, verlangt Ziegler: "Wir dürfen uns keine Trasse verbauen, da muss man laufend hinterher sein." Reutlinger Streit ist mit Tübingen vorprogrammiert - beide Städte hätten gern je zwei neue Halte, doch können wegen begrenzter Streckenkapazitäten zunächst nur insgesamt zwei Halte gebaut werden. Reutlingen erreiche an den Bösmannsäckern und im Strolch mehr Einwohner und Arbeitsplätze, legte Buck vor. Der Teufel steckt eben im Detail.
Und in einer Zusatzinformation berichtet das Schwäbische Tagblatt:
Als Baubürgermeisterin Ulrike Hotz am Dienstag den Bauausschuss über den Planungsstand der Regionalstadtbahn informierte, war sie zufrieden mit den Vorarbeiten der Verwaltung: "Wir sind gut unterwegs, aber es sind noch viele Dinge abzuarbeiten, für die wir nicht zuständig sind." So seien die endgültigen Finanzierungs-Zusagen des Landes (20 Prozent) und des Bundes (60 Prozent) für das erste Modul erforderlich. Bei diesem ersten, insgesamt 101 Millionen Euro teuren Schritt werden bekanntlich die Ermstalbahn und die Ammertalbahn elektrifiziert und mit entsprechenden Haltestellen ausgebaut. Außerdem sollte sicher sein, dass die Zuschüsse für Modul 1 nicht zurückgezahlt werden müssen, wenn der "ehrgeizige Zeitplan" bis 2019 nicht eingehalten werde. "Wir brauchen auch die Aussage vom Land, dass über das Modul 1 hinaus alle anderen Schritte finanziert werden", erklärte Hotz. Die Mitglieder des Ausschusses waren jedenfalls von den Planungen begeistert.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Reutlingen begeistert von Regionalstadtbahn
-
- Örtlicher Betriebsleiter
- Beiträge: 4880
- Registriert: So 1. Aug 2010, 13:32
- Wohnort: Tübingen Weststadt