In der Schweiz gab es schon wieder ein Bahnunglück

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Vielfahrer
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In der Schweiz gab es schon wieder ein Bahnunglück

Beitrag von Vielfahrer »

Am Montagabend sind in der Nähe von Lausanne zwei SBB-Züge frontal zusammengestoßen. Ein Zug der S-Bahn-Linie 21 Payerne - Lausanne fuhr auf einen auf dem gleichen Gleis einfahrenden Regio-Express auf. Dem Sprecher der Waadtländer Polizei zufolge seien 35 Fahrgäste verletzt worden, 5 davon seien mit schweren Verletzungen ins Universitätsspital Lausanne gebracht worden. Einer der Lokführer konnte zunächst nicht geborgen werden.

Der S-Bahn-Zug von Payerne her hätte in Granges-près-Marnand die Durchfahrt des Regio-Express aus Lausanne abwarten sollen. Zugkreuzungen finden in diesem Bahnhof nur mit den Regio-Express-Zügen statt, die ausschließlich in den Stoßzeiten verkehren. Das Stellwerk des Bahnhofs stammt aus dem Jahr 1975 und das Signum-Zugsicherungssystem entspricht dem tiefsten der drei Niveaus auf dem SBB-Netz. Dies führt erst zu einer Zwangsbremsung, wenn der Zug ein Haltesignal überfahren hat. Da der S-Bahn-Zug bei der Kollision noch nicht bis zum geschlossenen Ausfahrsignal vorgerückt war, konnte es gar nicht wirksam werden.

Der Unfall erinnert in vielem an die Kollision zweier Züge am Morgen des 10. Januar dieses Jahres vor dem Bahnhof Neuhausen am Rheinfall. Damals hatte ein Zug aus dem Züricher S-Bahn-Netz einen Triebwagen der SBB-Tochter Turbo seitlich aufgerissen. In den beiden Kompositionen hatte es 17 Verletzte gegeben. Die Lokomotivführer hatten wie durch ein Wunder überlebt. Später kam eine Untersuchung zum Schluß, dass der Thurbo-Regionalzug den Bahnhof zu früh verlassen und ein Haltesignal überfahren hatte.

Die SBB rüsten derzeit schweizweise ihr Zugsicherungssystem auf ECTS um. Dies soll bis zum Jahr 2017 dauern.

Die Zugsicherungssysteme der SBB sind:

1. European Train Control System ETCS. Es handelt sich um ein europäisch genormtes Zugbeeinflussungs- und Steuerungssystem in verschiedenen Anwendungsstufen. In der Schweiz erfolgt in einer ersten Phase die Ausrüstung ETCS Level 1 Limited Supervision. Auf Hochleistungsstrecken wie der Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist oder dem Lötschberg Basistunnel wird bereits heute der ETCS Level 2 eingesetzt. Man spricht dabei von der sogenannten Führerstandssignalisierung. Fahrtinformationen werden bei ETCS Level 2 direkt auf den Führerstand des Lokomotivführers übertragen. Die korrekte Fahrtstrecke und die Fahrtrichtung werden von der Streckenzentrale dauernd überwacht.

2. Signum. Dieses Schweizer Warnsystem warnt den Lokführer beim Vorsignal, wenn er auf ein geschlossenes Signal zuführt oder wenn er die Geschwindigkeit reduzieren muss. Mißachtet der Lokführer ein Haltesignal, wird der Zug automatisch abgebremst. Dieses System kommt grundsätzlich bei allen Hauptsignalen auf dem ganzen Schienennetz zum Einsatz.

3. ZUB. Dieses Schweizer System ergänzt Signum, indem es die Geschwindigkeit des Zugs zwischen Vor- und Hauptsignal kontinuierlich überwacht. Falls der Lokführer die Geschwindigkeit zwischen den Signalen nicht reduziert, erfolgt eine automatische Bremsung. Damit wird ein Halt vor einem Gefahrenpunkt (z.B. Kreuzung) sichergestellt. ZUB ist seit den 1990er Jahren im Einsatz.

Hoffen wir, dass es den Verletzten sowie dem vermissten Lokführer inzwischen besser geht,
Vielfahrer
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Re: In der Schweiz gab es schon wieder ein Bahnunglück

Beitrag von Gleisexperte »

...der Lokführer überlebte das Unglück nicht. Derzeit findet gerade eine Pressekonferenz statt.

Grüezi
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