In der Neuen Züricher Zeitung sind heute zwei interessante Leserbriefe zur Gäubahn bzw. Eisenbahn im süddeutschen Raum abgedruckt, die ich auszugsweise hier einstelle:
"Die Bahnlinien Zürich - Stuttgart und Zürich - München sind von Negativmeldungen betroffen. Für den Großraum Zürich ist es an der Zeit, an Alternativen zu denken. Einfach gesagt geht es um die Frage: Wie gelangen wir von Zürich am schnellsten nach Ulm?
Ulm liegt an der in wenigen Jahren realisierten Hochgeschwindigkeitsstrecke Stuttgart - München, von der EU als Teilstück des Projekts TEN-T 17 (Paris - Wien) mitfinanziert. Sollte es engagierten Verkehrsplanern gelingen, für die rund 140 Bahnkilometer von Singen nach Ulm bestehende Trassees auch nur für 160 km pro Stunde auszubauen, wäre die alte Reichsstadt Ulm von Zürich aus in gut zwei Stunden erreichbar. Der Weg würde etwa der alten Handelsroute Hegau - Linzgau - Oberes Donautal folgen, die im Mittelalter Zürich und Ulm verbunden hat.
Es war und ist die einzige Möglichkeit, die schwierigen topographischen Barrieren Süddeutschlands zu überwinden. Für den Abschnitt Ulm - Stuttgart rechnet die DB mit einer Fahrzeit von 28 Minuten, der ICE Ulm - München braucht heute schon nur noch 75 Minuten. Zürich könnte leichten Herzens auf die beiden traditionellen, kurvenreichen Zubringer nach Stuttgart und München verzichten."
Ein zweiter Leserbrief sieht dies etwas anders: Er entgegnet den Einlassungen von Paul Stopper, der den Entscheid der Deutschen Bahn richtig findet, auf der Strecke Stuttgart - Zürich keine Neigetechnikzüge mehr einzusetzen. Stopper stellte die Neigetechnik generell in Frage. Der Leserbriefschreiber antwortet darauf:
"Dem ist vehement zu widersprechen. Die 44 ICN-Züge der SBB funktionieren problemlos. Auch die auf der Gotthardlinie bis Chiasso eingesetzten ICN -die kurz vor den verspätungsanfälligen EC-Zügen nach Mailand verkehren - fahren auf die Minute pünktlich, ganz im Gegensatz zum italienischen Pendolino ETR 470, der auf der Gotthardlinie zu vielen Problemen führte und schließlich aus dem Verkehr gezogen werden musste. Er stimmt zwar, dass in Deutschland die Fernverkehrs-Neigezüge ICE-T und die Pendolini im Verkehr Schweiz - Italien eine beispiellose Pannenserie hinter sich haben. Nicht jedoch die bewährten ICN-Züge der SBB.
Der Vorschlag von Herrn Stopper, wegen technischer Probleme einzelner Neigezüge auf diese Technik ganz zu verzichten und deshalb die Fernverkehrsplanung Zürich - München vollständig über den Haufen zu werfen - er will München statt über St. Margarethen - Bregenz - Lindau über Schaffhausen - Singen erreichen - ist widersinnig. Schließlich hat die Schweiz auf dem Streckenabschnitt Zürich - St. Margarethen ihre Ausbaumassnahmen bereits weitgehend abgeschlossen und 160 Millionen Franken investiert. Vielmehr müsste darauf hingearbeitet werden, dass die bewährten Schweizer ICN endlich die Zulassung für Deutschland erhalten."
Viele Grüße vom Vielfahrer
Zwei Leserbriefe in der NZZ zur Gäubahn
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Re: Zwei Leserbriefe in der NZZ zur Gäubahn
Hallo Vielfahrer,
Allerdings bemängelt man, dass die Möglichkeit des Fernverkehrs ganz außen vorgelassen wurde. Ein schneller RE Verkehr nur mit Halten in Stockach, Messkirch und Mengen, könnte die Fahrtzeit Singen-Ulm erheblich verkürzen.
Wie siehst du die Chancen dafür? Meiner Meinung nach ist Stockach bahntechnisch etwas unterrepräsentiert.
gehe ich richtig in der Annahme, dass der Schreiber hier die Hegau-Ablachtal über Stockach und Mengen meint? Ich habe vor einiger Zeit mal ein Gutachten gelesen, das sich wiederum mit einem SMA Gutachten beschäftigt. In dem Gutachten von Vieregg-Rößler gibt man dem SMA Gutachten dahingehendRecht, dass sich die Wiederinbetriebnahme des Abschnitts Stockach-Mengen nicht lohnt, wenn man dort ein Regionalbahnkonzept mit vielen Halten realisieren will.Vielfahrer hat geschrieben:(...) Der Weg würde etwa der alten Handelsroute Hegau - Linzgau - Oberes Donautal folgen, die im Mittelalter Zürich und Ulm verbunden hat. (...)
Allerdings bemängelt man, dass die Möglichkeit des Fernverkehrs ganz außen vorgelassen wurde. Ein schneller RE Verkehr nur mit Halten in Stockach, Messkirch und Mengen, könnte die Fahrtzeit Singen-Ulm erheblich verkürzen.
Wie siehst du die Chancen dafür? Meiner Meinung nach ist Stockach bahntechnisch etwas unterrepräsentiert.
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Re: Zwei Leserbriefe in der NZZ zur Gäubahn
Hallo Laie,
mit der Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen erreicht man eine Durchschnittsgeschwindigkeit einschließlich der Unterwegshalte von ca. 100 km/h, also eine Fahrzeit von ziemlich genau 62 Minuten. Die Fahrzeit von Friedrichshafen nach Singen mit der VT 611-Linie Lindau Hbf - Friedrichshafen - Singen - Schaffhausen - Basel dürfte bei 40 Minuten für Friedrichshafen - Singen liegen, so dass man mit 1 3/4 Stunden Kantenzeit Ulm - Singen hinkommt und dabei so potente Städte wie Biberach, Ravensburg, Friedrichshafen oder Überlingen mitnimmt.
Die Fahrzeit von Ulm bis Mengen beträgt in etwa ebenfalls eine Stunde. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit hohen Investitionen Mengen - Singen auch auf etwa eine Stunde bringen könnte. Dann wäre man nur 15 Minuten länger unterwegs als über Friedrichshafen. Aber man hätte nur kleinere Städtchen, Ehingen/D ausgenommen bedient, etwa Munderkingen, Riedlingen, Mengen, Meßkirch usw.
Von daher gebe ich einer solchen Linie im überregionalen Verkehr eigentlich keine Chance. Erheblich interessanter hingegen würde ich eine Linie von Stuttgart nach Basel halten, die über Reutlingen - Tübingen - Hechingen - Balingen - Albstadt - Sigmaringen - Krauchenwies - Meßkirch - Stockach - Radolfzell - Singen - Schaffhausen - Waldshut - Basel laufen würde. Sie würde den Zollernabkreis direkt an den Bodensee anbinden, Reutlingen direkt an die Schweiz usw. Aber die Zeit für solche Diskussionen, die tatsächlich vor Jahren in Sigmaringen geführt wurden, ist leider verpasst worden.
Das damalige SMA-Gutachten beschäftigte sich im Auftrag des RV Bodensee-Oberschwaben mit den Potentialen im Nahverkehr, etwa abgeleitet aus den Verhältnissen der BOB oder des Seehäsles und kam im Raum Göggingen damals auf ca. 50 Fahrgäste pro Richtung und Tag. Kein Wunder, dass die Arbeiten dann relativ rasch aufgegeben wurden. Die wesentlichen Verkehre in dieser Gegend verlaufen quer zur Ablachtalbahn. Mengen ist als Schulort völlig uninteressant für diesen Raum. Sigmaringen zieht hingegen stärker, aber wer würde schon via Mengen nach Sigmaringen fahren wollen.
Meßkirch, das haben unlängst Studien der Industrie- und Handelskammer festgestellt, liegt ziemlich stark in der ÖPNV-Diaspora. Auch für die nicht wenigen Pendler in Richtung Tuttlingen stimmt das Angebot nicht. Dass in diesem Raum, der überdies sehr dünn besiedelt ist, kaum was los ist, sieht man beispielsweise auch an den Busfahrplänen des RAB zwischen Stockach und Pfullendorf.
Eine Chance hingegen sollte die Ablachtalbahn im Güterverkehr bekommen. Die Strecke ist steigungsarm und führt nur durch dünn besiedelte Gegenden. Sie verläuft relativ direkt zwischen Ulm und Singen und vorallem nicht entlang des Trinkwasserspeichers Nr. 1, des Bodensees.
Viele Grüße vom Vielfahrer
mit der Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen erreicht man eine Durchschnittsgeschwindigkeit einschließlich der Unterwegshalte von ca. 100 km/h, also eine Fahrzeit von ziemlich genau 62 Minuten. Die Fahrzeit von Friedrichshafen nach Singen mit der VT 611-Linie Lindau Hbf - Friedrichshafen - Singen - Schaffhausen - Basel dürfte bei 40 Minuten für Friedrichshafen - Singen liegen, so dass man mit 1 3/4 Stunden Kantenzeit Ulm - Singen hinkommt und dabei so potente Städte wie Biberach, Ravensburg, Friedrichshafen oder Überlingen mitnimmt.
Die Fahrzeit von Ulm bis Mengen beträgt in etwa ebenfalls eine Stunde. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit hohen Investitionen Mengen - Singen auch auf etwa eine Stunde bringen könnte. Dann wäre man nur 15 Minuten länger unterwegs als über Friedrichshafen. Aber man hätte nur kleinere Städtchen, Ehingen/D ausgenommen bedient, etwa Munderkingen, Riedlingen, Mengen, Meßkirch usw.
Von daher gebe ich einer solchen Linie im überregionalen Verkehr eigentlich keine Chance. Erheblich interessanter hingegen würde ich eine Linie von Stuttgart nach Basel halten, die über Reutlingen - Tübingen - Hechingen - Balingen - Albstadt - Sigmaringen - Krauchenwies - Meßkirch - Stockach - Radolfzell - Singen - Schaffhausen - Waldshut - Basel laufen würde. Sie würde den Zollernabkreis direkt an den Bodensee anbinden, Reutlingen direkt an die Schweiz usw. Aber die Zeit für solche Diskussionen, die tatsächlich vor Jahren in Sigmaringen geführt wurden, ist leider verpasst worden.
Das damalige SMA-Gutachten beschäftigte sich im Auftrag des RV Bodensee-Oberschwaben mit den Potentialen im Nahverkehr, etwa abgeleitet aus den Verhältnissen der BOB oder des Seehäsles und kam im Raum Göggingen damals auf ca. 50 Fahrgäste pro Richtung und Tag. Kein Wunder, dass die Arbeiten dann relativ rasch aufgegeben wurden. Die wesentlichen Verkehre in dieser Gegend verlaufen quer zur Ablachtalbahn. Mengen ist als Schulort völlig uninteressant für diesen Raum. Sigmaringen zieht hingegen stärker, aber wer würde schon via Mengen nach Sigmaringen fahren wollen.
Meßkirch, das haben unlängst Studien der Industrie- und Handelskammer festgestellt, liegt ziemlich stark in der ÖPNV-Diaspora. Auch für die nicht wenigen Pendler in Richtung Tuttlingen stimmt das Angebot nicht. Dass in diesem Raum, der überdies sehr dünn besiedelt ist, kaum was los ist, sieht man beispielsweise auch an den Busfahrplänen des RAB zwischen Stockach und Pfullendorf.
Eine Chance hingegen sollte die Ablachtalbahn im Güterverkehr bekommen. Die Strecke ist steigungsarm und führt nur durch dünn besiedelte Gegenden. Sie verläuft relativ direkt zwischen Ulm und Singen und vorallem nicht entlang des Trinkwasserspeichers Nr. 1, des Bodensees.
Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Zwei Leserbriefe in der NZZ zur Gäubahn
Nun der erste Brief liest sich ganz nach rad3m aus DSO.
Eine Rückkehr der NEigetechnik würde tatsächlich die Probleme der Gäubahn fürs erste mit den wenigsten Schmerzen lösen. Alles andere wird entweder richtig teuer oder eher langsam.
Eine Rückkehr der NEigetechnik würde tatsächlich die Probleme der Gäubahn fürs erste mit den wenigsten Schmerzen lösen. Alles andere wird entweder richtig teuer oder eher langsam.
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Re: Zwei Leserbriefe in der NZZ zur Gäubahn
Hallo Guber,
die Leserbriefschreiber kamen beide aus dem Raum Zürich, der angegebenen Adresse nach zu schließen.
Viele Grüße vom Vielfahrer
die Leserbriefschreiber kamen beide aus dem Raum Zürich, der angegebenen Adresse nach zu schließen.
Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Zwei Leserbriefe in der NZZ zur Gäubahn
Wobei hier der enge Takt des Seehäsles Güterzüge nur in Tagesrandlagen möglich machen würde. Auch müssten noch einige Büs bis Mengen wieder modernisiert werdenVielfahrer hat geschrieben: Eine Chance hingegen sollte die Ablachtalbahn im Güterverkehr bekommen. Die Strecke ist steigungsarm und führt nur durch dünn besiedelte Gegenden. Sie verläuft relativ direkt zwischen Ulm und Singen und vorallem nicht entlang des Trinkwasserspeichers Nr. 1, des Bodensees.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Gruss
Martin