Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Führung

Alles zur Strecke Stuttgart - Singen kann hier rein.
Vielfahrer
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Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Führung

Beitrag von Vielfahrer »

Gestern fand in Wurmlingen in der Schloß-Halle eine Sitzung des Planungsausschusses des Regionalverbands Schwarzwald-Baar-Heuberg statt. Unter den vielen regionalen Themen wie Bevölkerungsentwicklung, Windkraftnutzung, Flächennutzungsplanung (z.B. regionale Gewerbegebiete) usw. war natürlich auch das Thema Verkehrsinfrastruktur auf der Tagesordnung.

Der Regionalverband hat bekanntlich die Erarbeitung eines regionalen Schienenverkehrskonzepts in Auftrag gegeben. Dazu wurde ein Zwischenbericht abgeliefert.

Eine der wichtigsten Strecken für unsere Region ist die Gäubahn, also die "Internationale Korridorstrecke Zürich - Stuttgart". Hier wurde berichtet, dass die Planungen weiter fortgeführt werden (aus der Presse konnte heute sogar entnommen werden, dass die Gäubahn insgesamt (!) im Inventitionsrahmenplan des Bundes enthalten ist, nicht nur das Stückchen Horb - Neckarhausen). Ein Diskussionspunkt war die Streckenführung über den Flughafen.
Alle Mitglieder des Planungsausschusses bis auf einen Vertreter der Grünen, sprachen sich klar und eindeutig dafür aus, zukünftig über die Filderstrecke und den Flughafen in den Tiefbahnhof zu fahren. Verabschiedet wurde eine Resolution an das Land, dass sich die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg für diese Streckenführung ausspricht. Zugleich wurden Vorschläge des Landes, auf der inzwischen maroden Gäubahntrasse über Stuttgart-West in den Talkessel zu fahren und mittels weiterer Schleifen oder Tunnels mit Mehrkosten von 200 Mio. Euro die Gäubahn an den Tiefbahnhof anzubinden, klar abgelehnt. Alle im Planungsausschuss des Regionalverbands vertreteten Fraktionen (CDU, FW, SPD und FDP) vertraten diese Position. Nur der Grüne erläuterte, dass er in seinem Leben vielleicht bislang 20 mal schon mit der Bahn nach Stuttgart gefahren sei, niemals jedoch zum Flughafen und dies auch nicht vorhabe. Mehr als ungläubiges Kopfschütteln konnte er damit aber nicht ernten. Für den Planungsausschuss wichtig war, dass die für einen ländlichen Raum hochindustrialisierte Region Schwarzwald-Baar-Heuberg über gute Flughafenanbindungen verfügen müsse, ebenso über einen direkten Zugang zur Neuen Messe. Zudem soll am Flughafen auch der neue Busbahnhof von Stuttgart gebaut werden, zu welchem ja eine Fernbuslinie von Villingen-Schwenningen und von vielen anderen Städten im Land geplant wird. Die Gäubahn aus ideologischen (?) Gründen als einzige der nach Stuttgart führenden Verbindungen um solch eine überregionale Schnittstellen von Verkehrsmitteln herumzuführen, wurde klar und eindeutig abgelehnt. Der Vertreter der Grünen erklärte, er könne sich nicht für die Flughafentrasse aussprechen, weil er die Gründe, die das Land für die Beibehaltung der alten Trassenführung und gegen die neue Trassenführung vortrage, nicht kenne.

Eine weitere bemerkenswerte Äußerung wurde zur Donautalbahn getroffen. Die frühere Konzeption, auf der Donautalbahn zwischen Ulm und Freiburg auf den kompletten Ausbau auf Neigetechnik zu setzen und die Fahrzeit so kurz wie nur möglich zu halten und dabei dann zwangsläufig in Unterwegspotentiale in Rottenacker, Ertingen, Fridingen oder Mühlheim nicht zu bedienen, wurde abgelehnt, da alternative Streckenführungen zwischen Ulm und Freiburg über Flughafen - Stuttgart - Vaihingen (Enz) - Bruchsal - Karlsruhe - Offenburg zeitlich deutlich kürzer wären als es jemals im Donautal überhaupt denkbar wäre.
Vielmehr wird eine Konzeption befürwortet, die in Ulm, Herbertingen, Sigmaringen, Tuttlingen, Immendingen und Donaueschingen auf gute Vernetzung mit bestehenden Bahnsystemen setzt und so konzipiert ist, dass sie den Nutzen in der von ihr durchfahrenen Region erhöht. Bewusst wurde dem vorgeschlagenen Paradigmenwechsel zugestimmt. Dies auch vor dem Hintergrund, dass schnelle Zugfahrten etwa im Höllental die Belange von rund 20.000 Fahrgästen tangieren, während nach Auskunft des Landes die Donautalbahn im Abschnitt Sigmaringen - Tuttlingen am ganzen Tag nur von 300 bis 350 Fahrgästen genutzt wird. Der rückläufige Garnisonsverkehr (Schließung von Bundeswehrstandorten im Landkreis Sigmaringen) wird ein übriges dazu beitragen.

Niemand (!) hatte sich in der Sitzung für eine Stadtbahn Tuttlingen - Fridingen stark gemacht. Hinsichtlich des Lückenschlusses zwischen Immendingen und Donaueschingen gab es auch keine regionalen Stimmen, die hier Verbesserungen anmahnten. Schließlich verkehren zwischen Immendingen und Donaueschingen schon heute stündliche Zugverbindungen, die alles andere als gut ausgelastet sind.

Entlang der Schwarzwaldbahn wird die Herstellung von behindertengerechten Bahnsteigzugängen insbesondere für Villingen, Donaueschingen und Immendingen angemahnt sowie eine stündliche Bedienung Geisingens gefordert. Dabei erscheint eine Ausrichtung auf die Breisgau-S-Bahn-Linie 1 Breisach - Freiburg - Titisee-Neustadt - Donaueschingen - Villingen sinnvoller als auf den Ringzug, weil eine Flügelung der Ringzüge Tuttlingen - Immendingen nach Leipferdingen/Donaueschingen in Donaueschingen ins Leere fahren würde.

Am Rande gestreift wurden die Themen Seehasverlängerung bis/ab Tuttlingen und die langen Umsteigezeiten in Hausach auf die Kinzigtalbahn.

Das Grünen-Mitglied des Planungsausschusses hatte von "Gerüchten" gehört, dass die VT 611 zwischen Villingen und Rottweil abgezogen werden sollten. Dazu wurde ausgeführt, dass die Linie Ulm - Neustadt, die umlaufmäßig mit Neustadt - Rottweil verknüpft ist, ab dem Elektrifizierungszeitpunkt nur noch zwischen Ulm und Donaueschingen verkehren wird. Bis Villingen fahren dann die Züge der Breisgau-S-Bahn (und natürlich die Schwarzwaldbahn und der Ringzug). Die Lücke Villingen - Rottweil würde nach gegenwärtigem Stand der Überlegungen dann durch Ringzüge geschlossen. Die Befürchtung, dass man von Villingen aus nicht mehr auf die ICE in Rottweil, die dann ja in einer Stunde umsteigefrei bis zum Flughafen fahren werden und weiter über Stuttgart - Schwäbisch Gmünd - Aalen - Crailsheim - Ansbach nach Nürnberg Hbf, käme, sei gegenstandslos. Die Veränderungen in der Bedienung stünden aber erst mittelfristig an.

Ein Vertreter der FDP hatte vernommen, dass die Elektrifizierung der Tunnels zwischen Döggingen und Neustadt problematisch wäre. Hierzu wurde die Auskunft gegeben, dass dem so sei. Die Tunnelprofile wären nicht für den elektrischen Betrieb ausgelegt. Um den Fahrdraht unterzubringen, müssten bestimmte Umbauarbeiten vorgenommen werden, z.B. Absenkung der Tunnelsohle usw. Dabei wäre die Frage aufgeworfen worden, ob es sich dann noch um unter Bestandsschutz stehende Tunnels handeln würde oder ob neuere Richtlinien anzuwenden wären, die dann z.B. Fluchtwege usw. vorschreiben würden. Diese Fragen seien aber noch nicht ausdiskutiert. Sollte der Bestandsschutz nicht gelten, so wäre mit drastischen Kostenerhöhungen für die Elektrifizierung zu rechnen, die möglicherweise die gesamte Elektrifizierungsmaßnahme tangiere.

Das regionale Schienenverkehrskonzept für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres fertig gestellt sein und dann im Detail nochmals beraten werden.

Viele Grüße vom Vielfahrer
wolfgang65
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von wolfgang65 »

Vielfahrer,

eine Frage zur Breisgau-S-Bahn bis Donaueschingen.

Ich gehe davon aus, dass dieses Konzept (Verlängerung elektr. Zugverkehr von bis jetzt Neustadt nach Donaueschingen) zu erheblichen Kosten führt - Investition in Infrastruktur als auch Zuschüsse pro Zugkilometer.

Ich gehe davon aus, daß der Verkehr zw. Donaueschingen und Neustadt mehr Subventionen benötigt als vorher - Grund längere Zuge usw. Gibt es da schon Berechnungen?

Demgegenüber sehe ich zumindest kaum Vorteile gegen dem heutigen Dieselbetrieb:

- Kein Umsteigen mehr in Neustadt - Ok - Von Villingen aus verschiebt sich das Umsteigen nur auf Donaueschingen - hier also kein Vorteil
- neuere Züge - OK - Doppelstöcker wäre aber wohl eher unwirtschaftlich bis Donaueschingen, waren aber bis jetzt wegen der Aussicht zw. Neustadt und Freiburg eigentlich eher ein Pluspunkt
- Fahrzeit bleibt gleich - kein Grund also für mehr Fahrgäste
- Mehr Züge als jetzt - also auch mehr Kosten (Subventionen)
- Strecke hat Problem mit hoher Auslastung - kann zu durchgereichten Verspätungen wegen wenig Ausweichgleisen führen

Wo ist hier der Kosten-/Nutzenvorteil? Könnten diese Investitionen nicht sinnvoller auf anderen Strecken eingesetzt werden - durch "Nichtstreichung" von Verbindungen oder welche bei denen der Fahrgast wirklich handfeste Vorteile (kürzere Fahrzeit) hat?
Oder wie wäre es einfach nur den Takt der Dieseltriebwagen zu verdichten - vermutlich mit deutlich weniger Kostenvolumen, aber fast gleichem Effekt für die Fahrgäste?

Grüße

Wolfgang
Vielfahrer
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Wolfgang,

zunächst ist zu sagen, dass die S 1 von Breisach bis Villingen, nicht bis Donaueschingen verkehren soll. Die umsteigefreie Verbindung beginnt also bereits in Villingen. Notwendig sind beachtliche Investitionskosten. An diesen beteiligt sich der Schwarzwald-Baar-Kreis mit 4,9 Mio. Euro Kreismitteln, um das Oberzentrum Villingen-Schwenningen umsteigefrei mit dem Oberzentrum Freiburg zu verbinden. Diese Umsteigefreiheit war eine der Grundlagen dafür, dass kommunales Geld fließt.

Neben der Elektrifizierung werden auch andere Infrastrukturen (Bahnsteigehöhen beispielsweise) auf Vordermann gebracht. Auch klar ist, dass der eigentliche Akteur der Zweckverband Regio Freiburg ist. Aus Sicht Freiburgs wären alle Strecken bis auf das Reststück Neustadt - Löffingen - Unadingen elektrifiziert in der Region. In Löffingen oder Unadingen kann man schlechterdings aufhören, weshalb entsprechende Gespräche mit dem Schwarzwald-Baar-Kreis sinnvoll waren.

Dass der elektrische Betrieb keine Kostenvorteile gegenüber einem Dieselbetrieb bringt, kann ich nicht bestätigen, schon gar nicht beim Einsatz von VT 611, die den Sprit nur so schlucken. Unter dem Strich erwartet man bei gleichem Zugkilometerangebot eine Kostenreduzierung in zweistelliger Größenordnung und ist seitens des Landes bereit, diese eingesparten Kosten wieder zu reinvestieren. Dies halte ich für eine richtige Position.

Ob Doppelstockwaggons oder steilstreckenfähige elektrische Triebwagenzüge eingesetzt werden, wird man abwarten müssen. Viele Möglichkeiten gibt es da nicht. Ich könnte mir sowohl den Einsatz von Flirts (die müssten die Zulassung haben, siehe Verkehr nach Berchtesgaden) als auch von Doppelstockzügen vorstellen. Sicherlich muss man darauf achten, dass man östlich Neustadts nicht Überkapazitäten bindet, denn bei aller Freude an einem guten Angebot, das Hauptnachfragepotential liegt doch nahe Freiburgs.

Die verkehrliche Nachfrage würde ich nicht nur an der Fahrzeit festmachen. Der heute angebotene Stundentakt führt dazu, dass beispielsweise nahezu der komplette Schülerverkehr aus zeitlichen Gründen nicht erfasst wird. In den Bussen aus Richtung Unadingen, Hausen vor Wald, Hüfingen nach Donaueschingen herrscht qualvolle Enge. Immer wieder bleiben Schüler stehen, weil sie sich auf die letzten Busse verlassen haben. Wenn nun infolge eines Halbstundentakts beispielsweise ein Doppelstockzug auf beispielsweise 7:30 Uhr nach Donaueschingen eintreffen sollte, so würde es sich mit Sicherheit um den absolut am stärksten ausgelastetsten Zug im Zulauf auf Donaueschingen handeln - bei ansonsten gleicher Fahrzeit (jedoch anderer Fahrlage) wie heute.

Die behutsam vorzunehmende Angebotsverdichtung wird deswegen genau diese Potentiale im Auge haben. Hier rechne ich deswegen schon mit einer deutlichen Nachfragesteigerung.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Vielfahrer »

Noch ein interessanter aktueller Bericht aus dem Schwarzwälder Boten von heute zur Führung der Gäubahn über den Flughafen. Besonders interessant ist, dass sich auch die Schweizer Freunde mit Nachdruck für die direkte Flughafenanbindung aussprechen.

Sehr erfreulich ist auch, dass nunmehr die Abschnitte Rottweil - Neufra und Rietheim - Wurmlingen Nord in den Investitionsrahmenplan des Bundes aufgenommen wurden, die Umgehung von Singen im Güterverkehr und natürlich auch die notwendigen Beschleunigungsmaßnahmen, eben der erforderliche komplette Ausbau der Gäubahn. Eine wirklich erfreuliche Entwicklung in Sachen Gäubahn, die konsequent und exakt das bestätigt, was vom Interessensverband Gäubahn schon seit Jahren gefordert wurde.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Goldberger
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Goldberger »

Man sieht schon, wie Stuttgart 21 immer noch das Ländle bewegt, schade nur, dass auch hier im Forum zunehmend ein polemischer statt sachlicher Stil herrscht. Es ist zwar noch nicht so giftig wie bei dso, aber wirklich Lösungsorientiert ist das nicht. Ein paar Passagen muss ich aber nun dennoch kommentieren.

"die Schweizer Freunde mit Nachdruck für die direkte Flughafenanbindung"
> Natürlich könnte man dem mit direkte City-Anbindung ohne den Umweg über den Flughafen kontern.

"Auf der inzwischen maroden Gäubahntrasse über Stuttgart-West in den Talkessel zu fahren "
> Und warum ist die Gäubahntrasse marode ? Weil die DB über Jahre lang nix mehr investiert hat. Der Zustand mancher Brücken dort finde ich in der Tat bedenklich. Wenn man aber jede Trasse stillegt, weil die DB nur noch auf Sparflamme investiert hätte, dürfte auch die Ammertalbahn, Bräunlingen-Hüfingen u.a. nicht mehr fahren, über Kinzigtalbahn, Aulendorf-Kissleg... Die Liste ist lang, das weißt du genau ;-)

Übrigens komisch, dass du neulich noch gemeint hast die Gäubahntrasse wird erhalten (wie im Schlichterspruch vorgesehen) und "bleibt wie sie ist an Feuerbach angebunden" -(eine andere Aussage war: "Es ändert sich gar nichts"). Ich habe damals gleich gesagt dass ich das für Quatsch halte (direkte Anbindung an Hbf wegen Gefälle nicht möglich und Kopfmachen in Feuerbach sicherlich nicht sinnvoll).

"oder Tunnels mit Mehrkosten von 200 Mio. Euro die Gäubahn an den Tiefbahnhof anzubinden"
1. Es geht um einen Tunnel
2. Mehrkosten gegenüber was ? Die Idee war ja gerade, dafür auf den Anschluss an den Fildertunnel zu verzichten, inkl. Umbau der Station Flughafen S-Bahn auf je 1 S-/Ferngleis und div. Nachrüstungen auf der Filderbahntrasse. Das könnte die 200 Mio. gut kompensieren, so dass es nicht teurer, sondern eine Alternative ist.

Ich bin mir selber nicht sicher, ob die Nutzung der Gäubahntrasse (keine Erschließung Flughafen, dafür mehr Kapazität und geringfügig schneller) oder der Fildertrasse (Erschließung Flughafen/Messe, deutlich mehr Zwangspunkte) besser ist.
Jeden Vorschlag allerdings mit einer dermaßen billigen Polemik als Quatsch abzutun, halte ich für nicht gerade seriös. Das sollte man dann doch den Politikern jeglicher Coleur überlassen...

Aus meiner Sicht wäre es garadezu eine "Todsünde", eine mitten durch Stuttgart führende zweigleisige Strecke dem Verfalls preiszugeben, auch der VRS zeigt ja zu meinem Entsetzen kein gesteigertes Interesse. Die Region Stuttgart selbst und insbesondere der ÖPNV wird in diesem Ballungsraum sicher weiter wachsen. Jeder kann doch sehen, was passiert wenn wie in München das S-Bahnsystem an die Grenzen stößt und man dann plötzlich eine Erweiterung braucht - es geht nur noch unterirdisch und auch nach 20 Jahren ist dort noch keine Lösung abzusehen - die 2. Stammstrecke ist nicht finanziert.

Ich erwarte von VRS und Land geradezu, dass sie notfalls einfach je 8 S-Bahn Zugpaare der S3 und S4 (Spitzentaktverstärker) einfach unter Umgehung des Hbf bis Vaihinge verkehren lassen - ohne zusätzliche Zug-km-Kosten und nur, um die Trasse zu sichern.
Zum Hbf hat man sowieso einen 30-Minuten-Takt, bis Waiblingen/Ludwigsburg sogar noch eine 2. S-Bahnlinie und den restlichen Fahrgäste, für die dies eine Verschlechterung bedeutet, stehen vielleicht andere gegenüber die dann umsteigefrei nach Vaihingen oder auf die Filtern kommen.

"hochindustrialisierte Region Schwarzwald-Baar-Heuberg über gute Flughafenanbindungen verfügen müssen"
Typisches Politikerphrase halt. Natürlich wäre das nicht verkehrt, aber wie sehen denn die Reisendenströme wirklich aus, ist das durch irgendeine Verkehrsstudie untermauert ? Wo wollen die Bahnfahrgäste wirklich hin ? Zur Messe nimmt der Geschäftsmann sowieso das Auto. Ich behaupte jetz einfach mal von den Reisenden südlich von Böblingen wollen > 95% zum Hbf und werden nicht in "Stuttgart Flughafen/Messe" aussteigen. Auf die sollte man auch optimieren. Wenn es nach manchen Politikern geht, ist auch Gäubüttelbrunn "High-Tech-Region" und sollte den x.ten, subventionierten Regionalflughafen erhalten. Auch wenn ich selbst weiß, dass es in der Region auch einige Unternehmen gibt, ist es doch im Vergleich zum Rest vom Land (Rheinschiene und Mittlerer Neckar) schlicht "Provinz", sorry.
Vielfahrer
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Goldberger,

über Deine Antwort bin ich leicht irritiert. Die Bahn lebt doch davon, dass sie Fahrgäste befördert, je mehr, desto besser. Da die Führung über den Flughafen trotz gegenteiliger Behauptungen aus bestimmten Kreisen keine Fahrzeitverlängerung bedeutet, daber in erheblichem Umfang zusätzliche Potentiale erschließt, ist das doch sinnvoller, als in der gleichen Zeit nach Stuttgart zu fahren und auf diese Potentiale zu verzichten.

Ich könnte Deine Argumentation nachvollziehen, wenn z.B. die Führung über den Flughafen mit Anschlussverlusten in Stuttgart oder einer Fahrzeitverlängerung von 5 bis 10 Minuten verbunden wäre. Dann müsste abgewogen werden, ob die zusätzlich gewinnbaren Potentiale nicht einem vielleicht sogar höheren Verlust entgegenstehen.

Was die alte Gäubahn betrifft, so habe ich meine Meinung keineswegs geändert. Die alte Trasse bleibt, denn der Verband Region Stuttgart hat die Trasse planungsrechtlich gesichert. Die beiden Gleise bleiben also liegen. Über sie wird allerdings kein Gäubahnzug mehr verkehren, Störungsfälle ausgenommen. Ich gehe auch davon aus, dass sie in verkehrssicherem Zustand erhalten bleiben wird, allerdings nur über die Kurve in Richtung Feuerbach an das sonstige Schienennetz angebunden sein wird.
Nachdem die S1, S2 und S3 weiterhin zum Flughafen fahren, könnte man ja daran denken, aus dem Einzugsbereich der S4, S5 und S6 über Feuerbach und die alte Gäubahntrasse als Tangentiallinie tatsächlich die eine oder andere S-Bahn in den hochindustrialisierten Raum Böblingen/Sindelfingen zu führen, zumindest zu Zeiten, zu denen die Stammstrecke ausgelastet ist. Diese Option ist meines Wissens auch der Grund, weshalb der Verband Region Stuttgart auf der Trassenbeibehaltung besteht. Scheinbar haben aber entsprechende Untersuchungen gezeigt, dass derzeit ein entsprechendes Bedürfnis sich noch nicht wirtschaftlich darstellen lässt. Für die Bedienung des Flughafens durch die Gäubahn hingegen werden bis zu vierstellige zusätzliche Nutzerzahlen pro Tag erwartet - ohne zusätzliche Züge.

Was Deine Einlassung zur Bezeichnung als "Quatsch" betrifft, so kann ich mich nicht entsinnen, mich jemals so geäußert zu haben. Ganz im Gegenteil. Ich bin immer dafür eingetreten, die alte Trasse zu belassen, die ICE und RE jedoch über den Flughafen zu fahren. Für Güterzüge allerdings dürfte die alte Gäubahntrasse zu steil sein.

Im Übrigen zitierst Du nicht fair: Ich habe geschrieben, dass die für einen ländlichen Raum hochindustrialisierte Region Schwarzwald-Baar-Heuberg nach Ansicht der Mitglieder des Planungsausschusses über gute Flughafenanbindungen verfügen müsse. Diese Auffassung teile ich voll und ganz. Natürlich weiß ich auch, dass Karlsruhe, Mannheim-Heidelberg oder Heilbronn, das Filstal oder andere Räume in Baden-Württemberg erheblich stärker industrialisiert sind. Trotzdem gibt es in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg hoch industrialisierte Bereiche, insbesondere im Landkreis Tuttlingen, wo die weltweit führende Medizintechnik zu Hause ist. Von Tuttlingen aus werden ganze Kliniken eingerichtet, sei es in Sibirien, in Südamerika, in Korea, Japan oder Nordamerika. Es werden Instrumente entwickelt, die weltweit eingesetzt werden, wobei das Operationspersonal sowohl zu Schulungen nach Tuttlingen anreist als auch die Spezialisten aus Tuttlingen in der ganzen Welt unterwegs sind. Ich bezweifele daher Deine Einschätzung, dass gute Flughafenanbindungen einer Region nur typische Politikerphrasen seien. Mir jedenfalls sind aus vielen Fahrten in den RE und IC auf der Gäubahn Manager dieser Firmen persönlich bekannt, die am einen Tag zur Arbeit fahren, am anderen Tag nach Übersee zu Kongressen fliegen und am Ende der Woche wieder zur Arbeit gen Tuttlingen fahren. Manchmal berichten sie mir dann, welche Erfahrungen sie mit dem öffentlichen Nahverkehr wenige Tage zuvor auf anderen Kontinenten hatten. Die nehmen einfach das Verkehrsmittel, das für sie am geeignetsten ist.

Nach meinem Verständnis leben wir in einem Land, wo wir keine Staatsbetriebe wollen (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Für die Politik kommt es nach meiner Überzeugung darauf an, die Rahmenbedingungen möglichst gut zu setzen. Dies bedeutet in erster Linie, für eine gute Infrastruktur (Schiene, Straße, Kommunikation, Gesundheitswesen, Ausbildung usw.) zu sorgen, damit sich die ansässige Wirtschaft möglichst gut eigenständig entfalten kann und Arbeitsplätze geschaffen/erhalten werden. Leider muss man feststellen, dass seit einigen Jahren die Bevölkerungsverluste in ländlichen Räumen diejenige der Großstädte übertreffen. Das Pfund, mit dem die ländlichen Regionen wuchern können, sind bezahlbare Mieten oder Bauplätze, die aber eine gute Verkehrsinfrastruktur erfordern, um die jüngeren Leute an die Region binden zu können. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass in Standorten wie Furtwangen, Schwenningen, Tuttlingen oder Albstadt/Sigmaringen inzwischen Hochschulen eingerichtet wurden. Sie sind das Ergebnis einer erfolgreichen Regionalpolitik. Aber auch die Studenten, die sich diese Studienorte ausgewählt haben, erwarten gute öffentliche Verkehrsverbindungen.

Noch ein letztes zu den von Dir angeführten Regionalflughäfen. Die sind tatsächlich ein wichtiger Standortfaktor. Meist finden sich nämlich unter den zahlreichen Ingenieuren größerer Firmen auch welche mit Fluglizenzen. Wenn beispielsweise von Tuttlingen aus eine Geschäftsreise in eine französische Provinzstadt ansteht, dann nutzen die entsprechende Privatmaschinen, z.B. ab Donaueschingen. Diese fliegen zwar deutlich langsamer als die Airlines, aber sie ermöglichen es, dass die Geschäftsreisen an einem Tag hin und zurück erledigt werden können. Ich würde das deswegen nicht so abtun wollen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Bm 6/6 18514
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Bm 6/6 18514 »

S 21 in der jetzigen Form nkl. Führung über den Flughafen halte ich wie bekannt für völligen Blödsinn. Die bessere Anbindung des Flughafens ist eine minimaler Vorteil, den man sich auf Kosten massiver Nachteile erkauft.

S 21 zu bauen und dann nicht über den Flughafen zu fahren, halte ich aber für noch dümmer, da man so die grossen Nachteile von S 21 mit den kleinen Nachteilen von K 20/21 kombiniert und nur wenig Vorteil (kein Mischbetrieb am Flughafen) gewinnt.

S 21 bringt so viele Nachteile, da muss man auch die kleinen Vorteile wie einen verbesserten Flughafen-Anschluss mitnehmen, damit die Nachteile nicht ganz so extrem ausfallen.

Hauptvorteil eines Verzichts auf einen Flughafenanschluss der Gäubahn wäre natürlich eine deutlich erhöhte Fahrplanstabilität und allenfalls kürzere Fahrzeiten oder verringerter Ausbaubedarf deswegen.

Nachteil wäre die nicht-direkt Anbindung des Flughafens, sondern etwa 15 min längere Reisezeit mit Umstieg. Aber vor allem problematisch wäre es in Stuttgart selber, S 21 krankt ja heute schon daran, dass zuviele Züge aus Norden in den Bahnhof einfahren werden (während es nach Süden an vernüntigen Durchbindungsmöglichkeiten mangelt), so dass wenn die Gäubahn-Züge auch noch aus Norden statt Süden einfahren sollten, der Betrieb noch viel anspruchsvoller werden würde und vermutlich noch viel früher zusammenbrechen würde. Will man die Gäubahn direkt in nach S 21 einführen, wären in meinen Augen zwingend weitere Ausbauten notwending bei S 21.

Will man was vernünftiges machen, muss man entweder eine eingene Strecke zum Flughafen bauen (teuer), um dort die Konflikte zu vermeiden, oder, noch viel teurer, gleich eine direkte Strecke von der Gäubahn ohne Umweg über den Flughafen nach S 21 (mit Einfahrt von Süden) bauen, dann könnte man deutliche Fahrzeitverkürzungen realisieren, was den Verlust der direkten Flughafenanbindung mehr als kompensieren würde.

Aber von zusätzlichen Ausbauten darf man bei S 21, wo es immer nur das billigste vom billigsten sein darf, damit der Verkehr irgendwie noch am Laufen gehalten werden kann, nicht mal träumen.

Wenn die Gäubahn so marode ist, wäre die intressante Frage, in wessen Tasche das Geld, das für eine vernünftige Unterhaltung notwenig gewesen wäre, gelandet ist, vielleicht hat sich die DB dafür eine Spedition in Afrika gekauft oder ...

Florian
Goldberger
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Goldberger »

"Was die alte Gäubahn betrifft, so habe ich meine Meinung keineswegs geändert. Die alte Trasse bleibt, denn der Verband Region Stuttgart hat die Trasse planungsrechtlich gesichert. Die beiden Gleise bleiben also liegen."

Und genau das ist, was man bösartig als Nebelkerze oder gutartig als naiv annimmt.

Der VRS kann zwar die Trasse im Regionalplan sichern und damit vor einer anderen Nutzung zunächst schützen.
Allerdings wird dann
-kein Personenzug darauf verkehren, wie du geschrieben hast
-Kein Güterzug darauf verkehren wegen der steileren Führung sowie insbesondere den mangelnden Trassen zwischen Zuffenhausen und Abzw. Gäubahn (s. S-Bahn-Ausfälle wegen S60 Bauarbeiten).
Wegen ein paar Umleitern wird eine zweigleisige, elektrifizierte Strecke sicher nicht vorgehalten. Die DB Netz - und niemand kann sie daran hindern - wird relativ schnell einen§ 11AEG-Antrag stellen, da kein Verkehrsbedürfnis mehr existiert. Das kann man ihr strenggenommen nicht mal übel nennen.

Sie kann dann zwar nicht sofort entwidmet werden, das stimmt. Sie allerdings danach noch einmal in Betrieb zu nehmen halte ich für Utopie, weil dann die deutlich höheren Anforderungen für Neubau gelten. Gleismittenabstand, Tunnelaufweitung - nein, dann bleibt die Strecke verloren. Mit einer Anbindung nur Richtung Norden kann sie sowieso nicht vernünftig als Umleiterstrecke dienen, s. meine Anmerkungen zum Kopfmachen in Feuerbach, denn dazu notwendigen Kreuzungen der S-Bahn-Strecke und den mangelnden Bahnsteigkanten in Feuerbach. Man kann also nur hoffen, dass der VRS es sich noch anders überlegt und wenigstens S-Bahnen von der Stammstrecke dorthin "umlegt", wenn er schon kein Geld für Neubestellungen hat. Richtung BB/Sifi halte ich zwar auch für interessant, allerdings muss er dort in die Trasse mit 4 S-Bahnen und max. 2 anderen Zügen gerade richtig ankommen, um noch "eingetaktet" erden zu können. Man darf auch nicht den Tangentialverkehr in Stuttgart vergessen, Vaihingen<->Feuerbach ist hier schon interessant und deutlich schneller/komfortabler als bisher.
IG-Einheitsloks

Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von IG-Einheitsloks »

Hi,
die Gäubahntrasse und auch der Bahnhof ist nur Marode weil man die letzten 10Jahre nur noch das gemacht hat um einen sicheren Betrieb zu Gewährleisten. Man hat also dieses Problem mit Absicht geschaffen um damit einen Grund zu haben ;-) Geschickt eingefädelt kann man da nur sagen. Die alte Trasse muss auf alle Fälle erhalten werden. Stuttgart benötigt diese Umleiterstrecke und zwar nicht zu knapp!

Viele Grüße
Sven
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Re: Regionalverband verabschiedet Resolution zur Gäubahn-Füh

Beitrag von Vielfahrer »

Goldberger hat geschrieben:Man kann also nur hoffen, dass der VRS es sich noch anders überlegt und wenigstens S-Bahnen von der Stammstrecke dorthin "umlegt", wenn er schon kein Geld für Neubestellungen hat.
Hallo Goldberger,

ich habe mal in den Pendlerstatistiken des Jahres 2009 nachgeschaut. Demzufolge hätten von einer Tangential-S-Bahn aus Richtung Ludwigsburg in Richtung Böblingen etwa 2.600 Pendler in Richtung Böblingen und ca. 1.300 Pendler in Richtung Ludwigsburg einen zeitlichen Vorteil, also rund 4.000 Pendler pro Richtung hin und nochmals 4.000 Pendler zurück. Allerdings weist die Statistik nur Gemeinden aus. Stuttgart ist da leider nicht unterteilt, als Pendler von Vaihingen nach Feuerbach oder umgekehrt fallen gänzlich unter den Tisch. Sicher gibt es neben den Berufspendlern auch nicht wenige Ausbildungspendler zur Universität in Vaihingen. Die Überlegungen zu einer Tangential-S-Bahn (analog zur Schuster-Strecke) müsste tatsächlich der VRS mal näher vertiefen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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