In wenigen Tagen wird in Zürich die Durchmesserlinie (DML) eröffnet. Passend dazu erscheint ein Buch von Werner Huber mit dem Titel "Hauptbahnhof Zürich" als Band 6 der Reihe Architektur- und Technikgeschichte der Eisenbahnen in der Schweiz. Das Buch umfasst 240 Seiten und ist für 69.- CHF beim Verlag Scheidegger & Spiess zu erhalten.
Die Neue Zürcher Zeitung stellt in ihrer heutigen Ausgabe die wechselvolle Geschichte des Zürcher Hauptbahnhofs, des Ursprungs und Herzes der Schweizer Eisenbahn vor:
Mehr als 30 Jahre lang, unterbrochen nur um die Jahrtausendwende, war der Zürcher Hauptbahnhof auch eine Baustelle. Seit dem Spatenstich für die S-Bahn 1983 waren fast immer Arbeiter am werk, meist gruben sie in die Tiefe, manchmal bauten sie in die Höhe. Der Kopfbahnhof aus dem 19. Jahrhundert erhielt drei unterirdische Zusatzbahnhöfe, davon zwei mit durchgehenden Gleisen, und wandelte sich zu einem der größten Einkaufszentren der Schweiz.
Rechtzeitig vor der Inbetriebnahme der Durchmesserlinie (DML) und damit jedenfalls für lange Zeit, zu dessen Vollendung ist das Buch zum HB erschienen. Werner Huber, Architekt und Redaktor bei "Hochparterre", legt damit die erste umfassende Geschichte über dieses ungewöhnliche Bauwerk vor. Die Endstation der "Spanisch Brötli Bahn" entstand 1847, sorgsam eingehakt noch vor den Toren der Stadt zwischen Sihl und Limmat. Bald prägte der HB die Entwicklung der Innenstadt durch die auf ihn ausgerichtete Bahnhofstraße, aber auch jene von Aussersihl.
Den Fokus aber legt Huber auf die 1891 eingeweihte Haupthalle von Jakob Friedrich Wanner. Der lies sich auch von einem Wettbewerbsentwurf Gottfried Sempers inspirieren, der einen Bahnhof im Stil römischer Thermen skizziert hatte. Man staunt über die Zuversicht und Großzügigkeit jener Zeit. Der überdachte Platz, der uns heute so imposant erscheint, war noch größer. Ende der zwanziger Jahre mussten 37 Meter der Wander-Halle, 2 der ursprünglich 9 Segmente, der Querhalle weichen.
Reich illustriert, auch mit historischen Plänen und eigenen schematischen Darstellungen, dokumentiert der Autor, wie viele Ideen sich um den Bahnhof rankten. Ende des ersten Weltkriegs kamen Vorschläge auf, ihn zum Durchgangsbahnhof auszubauen oder gegen Westen zu verschieben. Mit dem Ziel, die Kapazität der Gleisanlagen zu erweitern, entstanden Dutzende von Skizzen. Keine wurde realisiert. Die Quer- und Perronhalle von 1930 waren als Provisorium für 20 Jahre geplant und wirken heute gerade deshalb leicht und von Licht durchflutet.
Werner Huber fördert beinahe Vergessenes zutage. So gab ein Amerikaner, Edmund Frohne, der Direktor der Hauptverwaltung Verkehr im besetzten Deutschland und der erste Präsident der Deutschen Bahn, mit seiner fundierten Kritik an den Plänen der SBB von 1945 einen Impuls. Ergebnis war das "Rahmenprojekt 1954", das viele später realisierte Elemente enthielt, so die Verlegung des Rangierbahnhofs der zuvor in Altstetten vorgesehen war, nach Dietikon und die unterirdische Einführung der Linie vom rechten Seeufer in den HB, ein Element der späteren S-Bahn.
Bis in die siebziger Jahre war vorgesehen, den Wanner-Bahnhof zu ersetzen. Das unerwartete Nein zur Zürcher U-Bahn an der Urne 1973 und die Ölkrise beendeten diese Pläne. Es öffnete den Weg zur Weiterentwicklung des HB, dessen architektonischen Wert man damals erkannte, in die heutige Form.
Huber erzählt auch die Geschichte des Bahnhofs, der eine kleine Stadt in der Stadt bildete, die in den sechziger Jahren um das Shop-Ville ergänzt wurde. Er erinnert daran, wie die Halle mit Einbauten samt einem Kino ausgefüllt war. Erst als man diese für den Bau der S-Bahn entfernte, nahm Zürich richtig wahr, über welch großartigen Raum es hier verfügt. Außerhalb der Wanner-Halle hat man diese Offenbarung, wie der Verfasser bedauernd anmerkt, nicht zugelassen. Der Bahnhofsplatz, einst einer der repräsentativsten Orte der Stadt Zürich, wurde dem Verkehr geopfert. (Stefan Hotz, NZZ vom 25.11.15).
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