Landkreis Tuttlingen: Neue Buslinien kommen

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Villinger
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Landkreis Tuttlingen: Neue Buslinien kommen

Beitrag von Villinger »

In der lange diskutierten Frage um eine Regiobus-Linie (bei der das Land 50% zuschießt) tut sich etwas im Landkreis Tuttlingen - auf der Strecke Tuttlingen-Stockach gibt es ab Dezember einen Testlauf und auf dem Heuberg sollen weitere Potentiale mittels neuen Linien genutzt werden: PM in der Schwäbischen Zeitung
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Vielfahrer
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Re: Landkreis Tuttlingen: Neue Buslinien kommen

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Fridinger,

zum Schuljahresbeginn wird die Linie Albstadt - Obernheim der Fa. Maas über Harras bis Wehingen Rathaus verlängert. Grund dafür ist es, dass es den auf dem Heuberg ansässigen Drehteile-Herstellern an Arbeitskräften mangelt. Diese werden vorwiegend in der Berufsschule in Spaichingen ausgebildet. Die Verbindungen nach Spaichingen klappen aber aus dem Zollernalbkreis bislang nicht, da dort ÖPNV-technisch bislang noch eine Art Eiserner Vorhang existiert. Dabei gibt es sehr viele Verkehrsbedürfnisse über die Landkreisgrenze hinweg in beide Richtungen, etwa auch in die Einkaufsstadt Balingen im Zollernalbkreis.
Mit der zunächst nur für Schüler betriebenen Linienverlängerung ab September erhoffen sich die Drehteile-Hersteller mehr Auszubildende und in der Folge auch mehr Arbeitskräfte aus dem benachbarten Zollernalbkreis.

Ab Dezember dann wird die Linie werktäglich betrieben, das Fahrtenangebot allerdings beschränkt sich auf die Schulzeiten sowie die wichtigsten Zeiten für die Pendler. Ermittelt wurde ein Potential von ca. 200 Pendlern, wovon aber wie andernorts auch nur ein kleinerer Teil davon den ÖPNV nutzen dürfte.

Anders hingegen stellt sich die Situation im Bereich Schömberg dar. Dort sind wesentlich mehr Pendler - und dies in beiden Richtungen - vorhanden. Um die 1.300 Pendler fahren hier über die Kreisgrenzen und das Straßennetz ist hervorragend ausgeprägt. Aus diesem Grund wird vom Ringzug-Knoten Aldingen aus der bis Deilingen bestehende Stundentakt bis nach Schömberg verlängert, wo Anschluss nach Balingen und Rottweil besteht. Die Linie wird auch am Wochenende im Takt angeboten. Schon bislang war es teilweise zu knapp, vom (verspäteten) Ringzug den Anschluss nach Deilingen zu fahren und nach Kurzwende wieder in Aldingen den Anschluss auf den Ringzug in der nächsten Stunde herzustellen. Da zudem weitere Wünsche nach Halten bei Industriebetrieben bestehen (Fa. Hermle und andere), kann die Fahrzeit ohnehin nicht gekürzt werden sondern muss etwas verlängert werden. Dies wird so gemacht, dass es in Wehingen Rathaus/Kirche einen sogenannten Nullknoten gibt, es treffen sich also dort die Busse von Aldingen nach Schömberg und von Schömberg nach Aldingen. Dieser Nullknoten wird dann aus Richtung Königsheim ergänzt, so dass auch Fahrgäste aus Egesheim und Reichenbach über Wehingen zeitgerecht nach Aldingen oder Schömberg und zurück kommen.
In dieses Angebot wird eine Linie aus dem Zollernalbkreis eingeklinkt, die primär Obernheim, Oberdigisheim, Unterdigisheim und Nusplingen bedient, aber auch Anschlüsse aus Richtung Albstadt und Meßstetten aufweist. Die Koordination mit dem benachbarten Zollernalbkreis ist dabei nicht ganz einfach, weil im Bereich des Zollernalbkreises sehr viele schulische Verkehre gefahren werden, die kaum veränderbar sind.

Wünsche bestehen auch zwischen Nusplingen und Bärenthal, allerdings sind die potentiellen Nutzer dort nur in zweistelliger Zahl vorhanden, so dass bei einem realistischen ÖPNV-Anteil von weniger als 10% doch nur Einzelne mit dem Bus fahren dürften. Ob hier eine Linie zustande kommt, ist daher fraglich. Sonderlich attraktiv würde sie nicht werden. Noch mehr heiße Luft soll auch nicht gefahren werden.

Möglicherweise wird dieser Bereich dann angegangen, wenn im Donautal der Stundentakt auf der Schiene mit dem zusätzlichen Halten kommt. Es liegt auf der Hand, dass dann der Busverkehr reduziert werden muss. Die Überprüfung durch die SMA hat erste positive Zwischenergebnisse erbracht. Im Herbst soll die von der Interessengemeinschaft Donautalbahn in Auftrag gegebene Studie (Variante mit und ohne Neigetechnikeinsatz) vorliegen. Dann wird man weiter sehen. Je nachdem, wie die Donautalbahn betrieben werden wird, wird sich die Buskonzeption in diesem Raum dann modifizieren müssen. Wenn etwa der vom Land vorgesehene Grundtakt jede Stunde (ggf. ab 2019) kommt, dann liegen die Ringzüge teilweise im Weg. Diese müssen aber aus Kapazitätsgründen verkehren, da die RE des Landes (VT 611, später VT 612) kaum in der Lage sind, die Massen von bis zu 400 Fahrgästen in den kurzen Fahrzeiten zu befördern. Alleine der Ein- und Ausstieg in Fridingen, Mühlheim oder Tuttlingen Schulzentrum würde ewig dauern, vom Fahrradtransport ganz zu schweigen.

Auf der Linie Tuttlingen - Stockach besteht das Problem, dass passende Anschlüsse in Stockach und in Tuttlingen kaum zu schaffen sind. Dazu müsste das Seehäsle seine Symmetrieminute auf Null ändern oder im Halb-Stunden-Takt verkehren. Beim Tuttlinger Knoten ist davon auszugehen, dass er - unabhängig ob Interim oder Interim plus umgesetzt wird, auf mittlere Sicht zur Minute Null stattfinden wird. Bei 35 Minuten Fahrzeit nach Stockach (nur Liptingen wird bedient) würde dies auf die Abfahrt zur Minute 48 nach Radolfzell passen. Die Seehäsle-Züge fahren aber erst 30 Minuten später bzw. 30 Minuten früher ab. In der Gegenrichtung wiederum passt es. Bei Ankunft zur Minute 12 aus Radolfzell kann man nach angemessener Umstiegszeit von ca. 5 Minuten in weiteren 35 Minuten nach Tuttlingen fahren und hat dort ca. 8 Minuten Umstiegszeit auf den IC nach Stuttgart (- Nürnberg), was für das Mittelzentrum Stockach die schnellste Verbindung in Richtung Landeshauptstadt wäre.

Mit Buslinien, die sinnvoll getaktet verkehren, lässt sich also einiges besser vernetzen als bislang. Gut, dass die Reise in diese Richtung geht. Ein analoges Projekt existiert auch zwischen Sigmaringen, Krauchenwies, Pfullendorf, Owingen und Überlingen. Allerdings sind solche Taktlinien nicht umsonst zu haben. Die Beträge, die dafür aufzuwenden sind, liegen im 7-stelligen (!) Bereich.

Völlig anders als heute wird auch das Verkehrsangebot im Bereich Tuttlingen - Immendingen - Geisingen - Donaueschingen ausfallen. Dies ist in erster Linie den geänderten Ringzugzeiten geschuldet. Außerdem wird dort auf die dürftige Nachfrage am Wochenende so reagiert, dass anstelle von Bussen Rufbusse zum Einsatz kommen sollen.

Es kommt also viel Bewegung in die Buslinien.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Landkreis Tuttlingen: Neue Buslinien kommen

Beitrag von Vielfahrer »

So wie es aussieht, ist für einen Regio-Schnellbus von Stockach nach Tuttlingen die finanzielle Basis trotz in Aussicht gestellter 50%iger Landeszuschüsse nicht gegeben, weshalb es fraglich ist, ob das Projekt umgesetzt werden kann. Gearbeitet wird aber an einem Alternativkonzept, welches ebenfalls eine deutliche Beschleunigung der Linie zum Inhalt hat und welches mutmaßlich mit erheblich geringeren Zuschüssen auch ohne Landesförderung auskommen könnte. Ob daraus was wird, ist spätestens im Herbst 2015 zu sehen.

Besser scheint das Schnellbusprojekt zwischen Sigmaringen und Überlingen via Pfullendorf voranzukommen. Ein entsprechender Förderantrag soll noch in diesem Monat fristgerecht beim Land Baden-Württemberg gestellt werden. Gerade wenn ich mir die in anderen Beiträgen derzeit veröffentlichten interessanten Fotos der Pfullendorfer Gleisanlagen betrachte, wäre es natürlich nicht schlecht, ab Stuttgart, Donaueschingen oder Ulm mit nur einem Umstieg in Sigmaringen oder aus Richtung Basel - Waldshut - Schaffhausen mit nur einem Umstieg in Überlingen Mitte nach Pfullendorf jede Stunde von 6 - 24 Uhr an 7 Tagen in der Woche fahren zu können. Ab Reutlingen etwa würde das auch nur den Naldo-Höchsttarif kosten, also derzeit 8.- € pro Strecke oder 14.- € für die Tageskarte (für immerhin 100 Bahnkilometer und ca. 30 Buskilometer). Das schafft keiner mit dem Auto...

Viele Grüße vom Vielfahrer
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