meine Nacht war irgendwie nicht sonderlich erholsam, ich schlief schlecht, schwitzte viel und fühlte mich fiebrig, aber das wurde dann wieder besser. Immerhin war ich vor der Sonne aufgewacht und konnte so ihrem Aufgang gegen 6.30 Uhr beiwohnen. Draußen präsentierte sich die kasachische Steppe, unsere Route war doch eine ganz andere als erwartet, was auch die Diesellok vor unserem Zug erklärte.



Unsere Fahrt führte im Transit durch den nordwestlichen Zipfel Kasachstans, die Strecke war recht ereignisfrei. Auf der Karte ergibt sich zwischen den beiden Grenzübergängen eine schnurgerade Linienführung, nur unterbrochen durch einen großen S-Bogen. So zuckelten wir die vier Stunden mit etwa Tempo 70 durch die platten Lande, unterbrochen nur durch ein paar wenige Siedlungen, von denen weniger als eine Handvoll auch über Bahnhöfe verfügten, stets begleitet von Telegrafen- und Stromleitungen.

Lärmschutzwände als Weidezäune oder muss hier vor dem Wiehern geschützt werden?




Einziges Highlight unterwegs war die Station „Elton“, von deren Stationsschild wir aber leider kein brauchbares Bild erhaschen konnten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit überquerten wir wieder die Grenze und erreichten einen kleinen russischen Knotenpunkt namens Berchi Baskuntschak.

Nun hatte die Lok umzusetzen, um uns weiter Richtung Westen nach Wolgograd zu bringen.

Die anderen wagten sich einmal auf den Bahnhofssteg, wurden dort aber nach ihren Tickets oder Pässen gefragt und darauf hingewiesen, dass hier nicht zu fotografieren sei. Auf dem Bahnsteig hatte niemand ein Problem damit.


Die Möglichkeit zum Einkauf wurde natürlich auch wieder genutzt, denn es war ja bald Mittagszeit. Mein Treiben am Bahnsteig wurde vom Zugpersonal gütig belächelt, für ein paar Sätze, wer wir eigentlich sind, reichte es mir auch noch. Irgendwelche Hunde jagten sich kreuz und quer über Bahnsteig und Gleise, auch unter dem Zug.

Während unseres Aufenthalts kam auch diese üppig motorisierte Messfahrt aus einem Gleisanschluss in den Bahnhof gefahren.
Die nächsten 1,5 h Fahrt gen Westen waren wieder so ereignislos wie zuvor, meine Notizen beschreiben als nächstes Highlight einen Schlenker der Strecke vor einem Anschlussbahnhof, wo auf einer Zweigstrecke gerade eine Tamara mit zwei Personenwagen auf Weg wohin auch immer machte. Mit Anschlüssen scheint man es nicht so zu haben.
Weiteres Highlight in der grau-beigen Tristesse vor dem Fenster war dann ein recht sauberer Coca-Cola-Truck, der vor einem Bahnübergang wartete. Die letzte Stunde vor Wolgograd zog das Tempo sogar nochmals an, nachdem wir bisher weiter mit 60 bis 70 km/h durch die Lande gezuckelt waren.


Die Dame sollten wir uns am nächsten Tag auch nochmal aus der Nähe ansehen. Spruch des Tages an dieser Stelle: „Alles so friedlich – als wären wir nie dagewesen.“ :-D
Irgendein Kerl, ein bisschen Schlägertyp, grüßte uns auch mal im Zug und zeigte auf seinen Gürtel, wobei ich nicht genau erkennen konnte, was darauf sein sollte und grüßte nur nett zurück. Erst beim Aussteigen erkannten wir dann, dass es eine Wehrmachtsgürtelschnalle „Gott mit uns“ war - „angenehm“........
Wolgograd empfing uns also bewölkt, wenn auch der Regen auf dem Weg zum Hostel eine Pause machte. 2GIS führte uns zielgenau zur Eingangstür, welche aber kaum als solche erkennbar war. Ich fragte daher in einem Souvenirladen auf der Vorderseite nach, ob ich hier richtig sei, die Dame konnte mir jedoch auch nicht weiterhelfen. Als ich dann doch mal noch die Buchungsbestätigung rauszog und alles durchlas, kam auch eine jüngere Dame des Weges, die uns bestätigen konnte, das wir hier richtig seien. Mit dem richtigen Klingelcode konnten wir dann ins Gebäude gelangen.

Der Eingang unseres Hostels – in einem normalen Mietshaus an der Allee der Helden.
Nachdem wir unser Gepäck abgelegt, die Betten bezogen und uns etwas frisch gemacht hatten, begaben wir uns wieder auf einen Stadtrundgang.


Die Allee der Helden führt direkt bis ans Ufer der Wolga.


Fahrradständer mit integriertem Werkzeug, nicht schlecht.

Zahlreiche Mahn- und Denkmale gibt es in der Uferpromenade.

Hier begann die Offensive unter General Podimzev.

Und die nächste Baustelle an einer Sehenswürdigkeit. Im Hintergrund der Turm des Schlachtmuseums.



Zwei Ruinen aus den letzten Tagen der Schlacht. Das Gebäude im Hintergrund war m.W. die Bastion von Widerstandskämpfern und wurde deshalb in dieser Form erhalten. Der Panzer im Vordergrund war glaub deutscher Provenienz.



An welchem Platz wir rauskamen ist unschwer zu erraten ;-)

Wolgograd hat „nur“ 600.000 Einwohner, da gibt’s noch keine Metro. Aber eine Unterpflaster-Schnellstraßenbahn darf sein, wobei sie weiter draußen wieder auf eigenem Bahnkörper an der Oberfläche geführt wird. Die unterirdischen Kreuzungen sind niveaufrei ausgeführt.

Wir fuhren mit einer Tatra auf der Linie 1 bis ans Ende des Netzes, wobei mir nicht ganz klar ist, ob weitere „normale“ Straßenbahnlinien auf der Stammstrecke abzweigen.



Auf der Suche nach etwas Essbarem ging es wieder mit der Strab zurück und durch den Tunnel, wobei es draußen ja sowieso schon dunkel war. Die Schaffner sind hier wenigstens eindeutig an ihrer Schürze erkennbar, auch wenn das etwas nach Putzfrau aussieht.

Auf der Linie 2 kommen schon modernere Niederflurgelenkwagen zum Einsatz. Sie verkehrt auf gleicher Strecke wie die Linie 1, aber etwas kürzer und hat an einem Ende m.E. nach ihren eigenen Endpunkt. Nötig scheint man es jetzt zu haben, die Bahnen mit „Wolgograd – Stadt des Sieges“ zu beschriften...
Schlussendlich landeten wir bei einer Pizza-Kette namens Zar-Pizza, die Bestellaufnahme gelang mal wieder weniger flüssig, aber man war beiderseits lächelnd um Verständnis bemüht. Satt wurden wir dann aber und konnten uns so zufrieden zurück ins Hostel begeben.
Na swidanie,
Hannes