Montag, Wochenbeginn, und damit auch wieder Uni, die wir heute etwas näher kennenlernen sollten. Zunächst war wieder Aufstehen um 8 Uhr angesagt.

Maxim schaute noch etwas fern, bevor wir uns in die Mensa begaben. Zu sehen gab es im Sportteil deutsche Bundesliga und englische Premier League. Im politischen Teil war natürlich Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt angesagt, wobei auch einiges aus der Ukraine berichtet wurde, also nicht nur darüber, so z.B. die Beisetzung ukrainischer Soldaten. Aufnahmen einer Militärübung o.ä., ggf. von der Krim, waren auch dabei.
Erster Punkt auf der Besichtigungsliste sollte dann das Museum der 9. Eisenbahnbaubrigade sein, welches erst vor wenigen Jahren in Samara eingerichtet wurde. Das 155-jährige Jubiläum der Eisenbahnheere muss noch recht frisch sein:


Das Museum befindet sich direkt neben der maschinentechnischen Fakultät, die wir im Anschluss besichtigen sollten.

Stolz ist man darauf, die einzige russische Uni mit einem Lokschuppen zu sein, der zu dieser Fakultät gehört und links im Bild zu sehen ist. Tore gibt es allerdings keine, die Exponate sind eh in der Regel in keinem einsatzfähigen Zustand. Auch ein Lehrstellwerk ist vorhanden.
Nun aber ein Blick in die Museumsräumlichkeiten:


In der Mitte unten zu sehen die fahrbaren Raketen, die ja nun m.W. wieder angeschafft werden sollen. Für mich waren solche Konstruktionen bis dahin eher etwas aus dem Reich der Mythen...

Ein Modell der ersten russischen Lokomotive durfte natürlich auch hier nicht fehlen.

Von Dampflok bis zum ER200 ist alles vertreten.

Selbst die Schmalspur ist auf einem schmalen Streifen am Zaun vertreten.


In Georgien ja noch im Einsatz, hier nur mehr im Museum: die WL22. Die schon etwas altertümliche Konstruktion wurde von 1947 bis 1958 in über 1.500 Exemplaren gebaut und leistete 2.400 kW mit einer Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h, wenn ich die abfotografierte Tafel richtig interpretiere.

Die Laminatka Russlands: Skoda-Konstruktion Tsch-S 4. 160 km/h schnell, 5.100 kW und in 230 Exemplaren von 1965 bis 1972 ausgeliefert.

Die Tsch-S 2 kann ihre Herkunft auch nicht verleugnen. Genauso schnell, aber nur 4.200 kW stark, dafür in 1062 Exemplaren von 1958 bis 1976 gebaut.


Das hatte der einheimische Lokbau zu bieten.

Wer Strecken bauen will, muss auch vermessen.

Auch nicht ungewöhnlich zu Kriegszeiten: "Dewuschki, na Parawos!"/„Mädchen, auf die Dampflok!“ - „Die weiblichen Kader schaffen alles“. Bei Interesse für die des Russischen Mächtigen kann ich das Bild auch nochmal in etwas größer einstellen.






Hier hat Führerstand noch seine ursprüngliche Bedeutung: Direkt im Fahrgastraum und ohne Sitzgelegenheit in einem Steuerwagen.

Einmal umgedreht: Der Blick in die Holzklasse des Fahrgastraums, auch in der Elektritschka, mit der wer in St. Petersburg gefahren sind, sah es ähnlich aus, wenn auch mit etwas breiterem Gang.

Im Vorjahr war mir keiner aufgefallen und ich dachte, es gäbe schon keine mehr: Achtachsiger Kesselwagen, hier im Museum, dann aber auch noch im Betriebseinsatz mehrfach gesichtet. Rund 125 t Zuladung laut Anschrift.


Wusste gar nicht, dass Lenin auch mal als Beimann tätig war – aber auf jeden Fall führend ;-)

Küche aus einem Militärzug aus dem zweiten Weltkrieg.


Von außen eher unscheinbar.

In den ER 200 haben wir dann noch einen Blick hineingeworfen, das gab es letztes Jahr in Nowosibirsk nicht.

70er Jahre-Sowjetstyle in der Bar mit viel Plastik. Die Übergänge waren kaum anders als in einem normalen Personenwagen, druckdicht sieht anders aus ;-)


Ein Blick in den übersichtlichen Führerstand.

Die exklusiven Abteile mit Ledersessel und eigener Klimaanlage, aber auch mit dem Charme von Einzelhaft.



Im Nachbau eines hölzernen Bahnhofsgebäudes aus der näheren Umgebung, wenn ich mich recht entsinne.

Das Netz der Kuibyschewer Eisenbahn.


Gruppenbild mit dem Museumschef in der gelben Warnweste, der sehr witzig engagiert seine Exponate erklärt.

Weiter geht es Richtung maschinentechnische Fakultät.

In der Fahrzeughalle.


Der Dekan der Fakultät führte uns durch sein Gebäude. Er hatte dann auch Fragen zum deutschen Bahnsystem, die ich ihm zu kurz und richtig wie möglich versuchte zu beantworten. Bei der Übersetzung schrumpfte das deutsche Bahnnetz dann allerdings auf ein Zehntel seiner Länge ;-)

In den „legendären“ Hörsaal mit Blick in die Fahrzeughalle haben wir nur einen Blick reingeworfen.
Die Fahrzeuge in der Halle sind allerdings meist ausgeschlachtet, die Führerstände, die wir gesehen haben, waren an sich nicht mehr nutzbar. Ich weiß jetzt nicht mehr, ob die Fahrzeuge nach und nach von den Studenten hergerichtet werden sollen, zumindest werden in ihnen Messpraktika durchgeführt.
Im Anschluss fuhren wir zur elektrotechnischen Fakultät, wo uns auch wieder der Dekan durchs Gebäude führte. In einer der Vorlesungen wurde unser Besuch dann auch von einem Mongolen gefilmt :-D



Gibt es in Taschenbuchform eigentlich an jedem russischen Bahnhof zu kaufen, als Poster sicherlich auch woanders. Aber mal schön, alles auf einen Blick zu sehen: Die Bahnnetze in Russland, den GUS-Staaten und im Baltikum, wobei hier wohl die kasachischen Neubaustrecken fehlen dürften. Auch gut erkennbar, dass alle innerrussischen Wege von West nach Ost über Omsk führen.

Und noch daneben das Schema der Bahnenergieversorgung, wobei reine Dieselstrecken in blau dargestellt sind.

Nach dem Mittagessen waren wir dann auf dem Campus unterwegs und haben uns den Sportkomplex sowie die Geschichte der Uni an sich angeschaut.

Wir hechelten schon unserem Zeitplan hinterher, nach der etwas enttäuschenden Omsk-Erfahrung im Vorjahr hatten wir die Zeit in Samara etwas kürzer angesetzt. Das war ein Fehler, der nun zu Hetze führte, weil man uns ja doch so gut wie alles zeigen wollte. Die Unikapelle haben wir aber ausgelassen, um noch in den Sprachenclub „Meridian“ zu gehen, wo auch noch gemeinsame Spiele auf dem Programm standen:


Mir ist das Ganze dann etwas zu sehr zu Kopf gestiegen, so dass ich nach Ende dieses Programmpunkts erstmal eine Auszeit brauchte. Unseren schon letzten gemeinsamen Abend in Samara verbrachten wir dann wieder im kleinen Kreis im Wohnheim bzw. mit der Shisha auf dem angrenzenden Spielplatz.
Na swidanie,
Hannes