Böse Geschichte: Unfall in Spanien

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Tf Reinhard
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Böse Geschichte: Unfall in Spanien

Beitrag von Tf Reinhard »

Habe überlegt, ob ich den Link einstellen soll. Hier der Unfall des Schnellzuges. Sieht genauso aus, als wenn man mit der Modellbahn zu schnell in den Bogen fährt.

Zum Video

Reinhard
Ich bn wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. Manche auch beides.
Karl Müller
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Re: Böse Geschichte: Unfall in Spanien

Beitrag von Karl Müller »

Morgen,

ist ok. Traurig, aber - es scheint keine völlige Sicherheit (in der wir menschen uns oft zu glauben befinden) zu geben, nirgends.
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KBS720
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Re: Böse Geschichte: Unfall in Spanien

Beitrag von KBS720 »

Hallo,

wobei man zumindest hierzulande bei funktionsfähiger PZB oder LZB sicher nicht bei 80 mit 190 fahren kann.

Grüße Andreas
*schaffner* Das Bahnkutscher Wiki last update Juni 2014
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Stinkt und macht en hufe Krach, 218 des isch halt ä Sach
wolfgang65
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Re: Böse Geschichte: Unfall in Spanien

Beitrag von wolfgang65 »

KBS720 hat geschrieben:Hallo,

wobei man zumindest hierzulande bei funktionsfähiger PZB oder LZB sicher nicht bei 80 mit 190 fahren kann.

Grüße Andreas
Ich glaube das sollte man hierzulande nicht wirklich laut sagen, wenn man da an den Ort Hordorf und einen völlig unnötigen Unfall mit Toten denkt....
Vor allem wenn man weiss, dass die Indusi - die dies verhindert hätte - schon im Jahr 1934 einsatzfähig war.

Grüße

Wolfgang
Vielfahrer
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Re: Böse Geschichte: Unfall in Spanien

Beitrag von Vielfahrer »

Ausführlich beschäftigt sich der Korrespondent Paul Schneeberger der Neuen Züricher Zeitung mit dem schweren Eisenbahnunglück in Spanien. Diese titelt:

Ein verspätetes Eisenbahnland auf der Überholspur

Spanien setzt am konsequentesten auf Hochgeschwindigkeit

Mit dem Unglück in Santiago de Compostela ist ein Stück industrieller Stolz Spaniens beschädigt worden. Die verunfallte Komposition war Bestandteil des erweiterten Hochgeschwindigkeitsnetzes.

Spanien ist erst spät zur Eisenbahnnation geworden. Das Verkehrsmittel fand über die damalige Kolonie Kuba, in der es ab 1837 für den Transport von Zuckerrohr eingesetzt wurde, ins Mutterland, wo ab 1848 ein Netz aufgebaut wurde. Spezifikum der herkömmlichen Bahnlinien auf der Iberischen Halbinsel ist die gegenüber dem Rest Europas (ohne Finnland und ehemalige Sowjetunion) breitere Spurweite von 1668 Millimetern. So spät Spanien den Aufbau eines Bahnnetzes im 19. Jahrhundert an die Hand genommen hatte, so sehr beschleunigte das Land an der südwestlichen Peripherie Europas seit 1992 den Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken, welche die europäische Spurweite von 1435 Millimetern aufweisen und mit Wechselstrom statt dem bisher üblichen Gleichstrom elektrifiziert sind.

Am Anfang stand die auf der Weltausstellung in Sevilla hin mit Zügen französischer Provenienz in Betrieb genommene Linie zwischen Madrid und der Hauptstadt Andalusiens. Mittlerweile hat Spanien selbst den Pionier Frankreich überholt, was den Anteil der Hochgeschwindigkeitsstrecken am gesamten Bahnnetz angeht. Die Eisenbahn wurde so mit namhaften finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union wieder zu einem ernstzunehmenden Verkehrsmittel zwischen den Städten des Landes. Dass die neuen Kapazitäten angesichts der tatsächlichen Nachfrage allerdings sehr großzügig ausgelegt sind, wird dadurch deutlich, dass die Fahrgastzahlen trotz steigender Tendenz noch weit von jenen der französischen TGV entfernt sind. Letzter Meilenstein in der Geschichte der Hochgeschwindigkeitsnetze Spaniens und Frankreichs war deren Zusammenschluss im Januar diesen Jahres.

Trotz dem Ziel von 10.000 Kilometern Neubaustrecken betreiben die spanischen Staatseisenbahnen (RENFE) nicht nur sogenannte AVE-Züge, die abgeleitet vom TGV und dem deutschen ICE, ausschließlich auf dienen Trasses verkehren. Der Verkehr nach Städten, die (noch) nicht an das neue Netz angeschlossen sind, wird mit Alvia-Zügen abgewickelt, die sowohl auf dem neuen als auch auf dem alten Netz verkehren können. Zu dieser Gattung gehört die Komposition, die in Santiago de Compostela verunfallt ist. Dabei handelte es sich um ein Exemplar der jüngsten Generation aus der Talgo-Familie, einer Konstruktion, die zu den Ikonen der spanischen Industriegeschichte gehört.

Die technisch komplexen Gliederzüge wurden in den 1940er-Jahren von Alejandro Goicoechea entwickelt und ab 1950 regulär eingesetzt. Der Unterschied zu den klassischen Zügen besteht in den kurzen Wagenkästen und in der Tatsache, dass diese nicht auf Drehgestellen ruhen. Jeder Wagen verfügt an seinem Ende über ein Laufwerk mit jeweils zwei Rädern, während sich sein anderes Ende auf das Laufwerk des nächstfolgenden Wagens abstützt.

Durch diese Konstruktion sind die auf die Geleise wirkenden Kräfte kleiner, was höhere Kurvengeschwindigkeiten gestattet. Weil die Laufwerke zwischen den Wagenkästen untergebracht sind, liegt der Boden tiefer über den Schienen als bei konventionellen Wagen, in der Regel auf Perronhöhe. Nachteil der Talgo-Züge ist, dass sich einzelne Wagen nicht aus der Zugskomposition herauslösen lassen. Das mag mit ein Grund dafür sein, dass Exporterfolge, die übergegrenzte Stückzahlen für Deutschland oder Länder wie Bosnien-Herzogowina oder Saudi-Arabien hinausgereicht hätten, bisher ausblieben. In der Schweiz war bis Dezember 2012 jeweils ein Talgo als Hotelzug Zürich - Barcelona zu Gast.

Beim verunfallten Zug handelte es sich um eine Komposition der Reihe 730 der Rente, die aus zwei Triebköpfen an der Zugspitze und elf Wagen mit insgesammt 299 Sitzplätzen zusammengesetzt ist. Sie ist ein wahrer Alleskönner. Neben den allgemeinen Talgo-Eigenschaften erreicht sie als Höchstgeschwindigkeit 250 km/h und kann innert kurzer Zeit die Spurweiten wechseln. Dadurch ist ein einfacher Übergang zwischen dem alten und dem neuen Netz möglich.

Zudem können diese Züge unter beiden spanischen Stromsystemen (3000 Volt Gleichstrom auf herkömmlichen Linien und 25000 Volt Wechselstrom auf Hochgeschwindigkeitsstrecken) sowie im Dieselbetrieb verkehren. Es handelt sich also um Zweikraft-Züge, die speziell für den Verkehr zwischen Galicien und dem Rest Spaniens ausgelegt wurden. Mit ihrer Multifunktionalität einher geht, dass sie auch mit den beiden in Spanien gebräuchlichen Zugsicherungssystemen ETCS (auf Neubaustrecken) und Asta ausgerüstet sind. Dem Vernehmen nach ist die Unfallstelle noch mit dem alten System ausgerüstet, das Geschwindigkeiten nicht überwacht.

Am meisten Todesopfer auf spanischen Schienen, nämlich 191, waren durch die Anschläge von Islamisten auf Züge der S-Bahn in Madrid am 11. März 2004 zu beklagen. 41 Tote forderte die durch übersetzte Geschwindigkeit verursachte Entgleisung einer Stadtbahn in Valencia Anfang Juli 2006.

Wie immer in dieser Zeitung ein höchst informativer Beitrag,
meint Vielfahrer
Zuletzt geändert von Vielfahrer am Mo 29. Jul 2013, 00:23, insgesamt 1-mal geändert.
Vielfahrer
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Re: Böse Geschichte: Unfall in Spanien

Beitrag von Vielfahrer »

Betroffenheit und Trauer in Spanien

Der Lokomotivführer des Unglückszugs festgenommen - Genaue Umstände vorerst unklar - Rajoy und Königspaar bei den Opfern

Zwei Tage nach der Zugkatastrophe in Spanien mit mindestens 78 Toten hat die Polizei den Lokomotivführer in Gewahrsam genommen. Die Ermittler wollen herausfinden, weshalb der Zug zu schnell unterwegs war.

cdw (Agenturen) Der Lokomotivführer sei im Krankenhaus, in dem er sich erhole, in Gewahrsam genommen worden, teilte der Polizeichef der spanischen Region Galicien, Jaime Jglesias, am Freitag mit. ER solle als "Verdächtiger für ein Verbrechen im Zusammenhang mit der Unglücksursache" verhört werden. Wegen seines gesundheitlichen Zustands könne der Lokführer noch nicht aussagen, sagte Iglesias weiter. Was dem Mann genau fehlte, konnte der Polizeichef nicht sagen. Allerdings könnte sein Zustand ein Verhör durch die Polizei hinauszögern.

Die Ermittlungen zu dem Unglück konzentrierten sich inzwischen auf die Geschwindigkeit des Schnellzugs. Dabei wird untersucht, ob der Lokführer fahrlässig zu schnell gefahren ist oder ob die Systeme zur Kontrolle und Regulierung der Geschwindigkeit versagt haben. Die Ermittler haben inzwischen die Blackbox des Zuges gesichert. Der Datenschreiber werde an den zuständigen Richter übergeben, sagte der Polizeichef Iglesias. Eine Gerichtssprecherin wollte nicht sagen, wie lande die Untersuchung der Blackbox dauern würde.

Rafael Catala vom spanischen Entwicklungsministerium sagte dem Radiosender Cadena Ser, dass der Zug offenbar viel schneller unterwegs gewesen sei als die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke, auf der er verunglückte. Der Lokführer selbst hatte nach dem Unglück bereits per Funk bekannt, dass er die Kurve mit 190 Kilometern pro Stunde genommen habe. An dieser Stelle aber ist lauf der Zeitung "El Pais" eine Geschwindigkeit von lediglich 80 Kilometern erlaubt. Einen terroristischen Hintergrund hat das spanische Innenministerium ausgeschlossen.

Ein Ingenieur der spanischen Bahnstrecken Kontrollinstanz Adif sagte aber gegenüber den Medien, es sei sehr unwahrscheinlich, dass der Zug nur aufgrund überhöhter Geschwindigkeit entgleist sei. Er äußerte die Vermutung, dass eventuell Defekte am Gleis oder an der Lok ebenfalls ein Rolle gespielt haben könnten. Auf der Generalsekretär der Lokführer Gewerkschaft Semaf, Juan Jesus Fraile, betonte, dass eine Serie von Umständen für den Unfall verantwortlich gewesen sein dürften. Er kritisierte in diesem Zusammenhang allerdings das Zugsicherungssystem im spanischen Bahnverkehr. Die Tragödie hätte möglicherweise verhindert werden können, wenn auch an der Unglücksstelle Züge und Schienen mit Sensoren ausgestattet gewesen wären, die automatisch die Geschwindigkeit regeln, erklärte Fraile.

Die staatliche Eisenbahngesellschaft Renfe betonte ihrerseits, dass das System hinreichend ausgestattet sei. Auch an dem entgleisten Zug habe es kein technisches Problem gegeben. Der betroffene Alvia sei noch am Morgen des Unglücks einer Inspektion unterzogen worden.

Den 52-jährigen Lokomotivführer bezeichnete die Eisenbahngesellschaft als überaus erfahrenen Mann. Er sei seit mehr als 30 Jahren im Dienst, er habe nie Anlass zu Beanstandungen gegeben und stets alle Überprüfungen bestanden. Auf der Unglücksstrecke sei der Lokomotivführer bereits seit mehr als einem Jahr im Einsatz.

Nach einer vorläufigen Bilanz kamen bei dem Unglück mindestens 78 Personen ums Leben, 178 Verletze wurden in die umliegenden Spitäler gebracht. 20 Passagiere befanden sich auch am Tag nach dem Unfall noch in einem kritischen Zustand. Am Donnerstagabend traf das spanische Königspaar in Santiago de Compostela ein, um den Angehörigen der Toten beizustehen und die Verletzten zu besuchen. Das schreckliche Unglück habe ganz Spanien in Trauerflor gehüllt, hatte Juan Carlos zuvor in einer Kondolenzbotschaft geschrieben. Viele der Opfer erlitten schwere Brandverletzungen, da der Dieselkraftstoff des Zugs bei dem Unglück ein Feuer entfacht hatte.

Augenzeugen berichteten, dass Anwohner auf die Gleise gerannt seien und sich bemüht hätten, Überlebende aus brennenden Wrackteilen des Zugs zu retten. Einige sollen mit Steinen gegen die Fenster gehämmert haben, ein Mann wurde mit einer Spitzhacke gesehen, als Überlebende durch Fenster, deren Scheiben zertrümmert waren, befreit wurden.

Ministerpräsident Mariano Rajoy, der selbst aus Galicien stammt, war am Donnerstanvormittag zur Unglücksstelle gereist. Später hatte er die Verletzten in den Spitälern besucht. In einer öffentlichen Stellungnahme sprach Rajoy den betroffenen Familien sein Beileid aus und kündigte eine dreitägige Staatstrauer an. Gleichzeitig dankte er allen Rettungskräften. Unzählige von ihnen hätten sich freiwillig an ihrer Einsatzstelle gemeldet.

Rajoys Dank galt auch den Nachbarn der umliegenden Gemeinden, die geholfen und erste Hilfe geleistet haben. Er sprach von einer großen Welle der Solidarität. So seien Tausende von Bürgern umgehend dem Aufruf gefolgt, Blut zu spenden. In den Spitälern hätten sich teilweise Warteschlagen von mehr als 500 Personen gebildet.

Den Bericht hat Vielfahrer aus der NZZ vom 27. Juli 2013 entnommen. Er enthält neben diversen Fotos auch noch eine Karte von der Unfallstelle.
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