Bei Rottweiler Ringzughaltepunkten wurde nicht getrickst

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Bei Rottweiler Ringzughaltepunkten wurde nicht getrickst

Beitrag von Vielfahrer »

Ringzug-Haltestellen teurer "Restposten"
Winfried Scheidel, vom 21.11.2011 06:01 Uhr

Im Schwarzwälder Boten erscheint heute ein Artikel, der den Umständen aus meiner Sicht nicht gerecht wird. Der Autor dieses Artikels und die anderen Beteiligten, die bis auf Herrn Burger erst später hinzugekommen sind, haben offenbar übersehen, dass seinerzeit (also zum Prognosezeitpunkt der Fahrgastzahlen) ein ganz anderes Konzept im Raume stand. Die Ringzüge hätten damals bis Rottweil zum Au-Tunnel fahren sollen, also soweit, dass man praktisch zu Fuß in der Stadtmitte gewesen wäre. Dies wurde bekanntlich von der Stadt Rottweil dann unter Hinweis auf den auszubauenden Stadtbus abgelehnt. Man richtete im 30-Minuten-Takt Stadtbusse von Neufra direkt bis in die Innenstadt (Friedrichsplatz) ein. Wer sollte dann noch den Zug benutzen? Ähnlich in Deißlingen. Während bei allen anderen Ringzugstationen der parallele Busverkehr weitestgehend oder vollständig aufgegeben wurde, hat die Stadt Rottweil auf eine dichte vertaktete Busbedienung gesetzt, so dass Fahrgäste praktisch nur im Fernverkehr oder in/aus Richtung Villingen zu verzeichnen sind. Obendrein wurde seitens des Landkreises der zunächst unterstellte Stundentakt nach Villingen zum Zweistunden-Takt ausgedünnt. Der Vorwurf des Schwarzwälder Boten, gepuschte Fahrgastzahlen zugrunde gelegt zu haben, ist daher falsch, ohne die Hintergründe zu nennen.

Dass freilich die Investitionskosten deutlich überschritten wurden, wirft darüber hinaus kein gutes Bild auf die planende Ingenieursfirma Burger (Neckarstudio, Burger war Landtagskandidat der Grünen in Rottweil und ist überzeugter Stuttgart 21-Gegner). Drastische Kostenüberschreitungen sind auch an anderen Stationen, die von dieser Rottweiler Firma geplant wurden, entstanden, während andere Stationen (es waren verschiedene Planungsbüros bei den ca. 40 Stationen beauftragt) die Kostenlatte teilweise nicht gerissen haben, zum Teil auch darunter geblieben sind. Ich will nun nicht die Schuld alleine einer Ursache zuweisen, das wäre zu billig. Aber dass 8 Jahre nach der Erstellung der Haltepunkte immer noch gestritten wird, das lässt meines Erachtens Schlimmes erwarten, sollten wider Erwarten am kommenden Sonntag sich die Gegener von S 21 mit ihrem Ausstiegsgesetz durchsetzen.

Am Bericht ist auch unzutreffend, dass der Landkreis Rottweil mit besonders einladenden Haltestellen sich am Ringzug beteiligen wollte. Fakt ist, dass die Haltestelle Göllsdorf nur unter sehr schwierigen Bedingungen gebaut werden konnte, zumal man sich einen weiteren Bahnsteig an der Strecke nach Villingen nicht verbauen wollte. Der Bahnsteig an der Gäubahn liegt in einer Kurve, die logischerweise überhöht ist, um für höhere Geschwindigkeiten (ICE-Züge) geeignet zu sein. Aus diesem Grunde konnte der Bahnsteig nicht an jeder x-beliebigen Stelle gebaut werden. Bei Rottweil-Saline wurde m.E. völlig richtig entschieden, von Anfang an einen Mittelbahnsteig zu bauen, was sich beim zweigleisigen Ausbau Rottweil - Neufra im Zusammenhang mit dem Gäubahn-Ausbau noch als Vorteil erweisen wird. Ferner können hier - je nach Fahrplankonzeption - auch Umstiege von Villinger auf Tuttlinger Züge geschafft werden, für die es in Rottweil nicht mehr reicht. Und im Falle von Neufra ist der Untergrund sehr problematisch gewesen. Hier ist die DB beim Bau auf unterirdische Wasserblasen gestoßen, die aus Richtung Trossingen kommend ins Primtal drücken.
Hätte man bei der Planung der Ringzughalte gewusst, dass ein 30-Minuten-Bustakt direkt in die Stadtmitte eingerichtet würde, so hätte man den Haltpunkt an den alten Bahnhof Neufra gelegt, der zwar auch außerhalb des Orts gelegen wäre, und ihn dann als Frittlingen-West bezeichnet. Wie andernorts auch im Ringzuggebiet wären dann mit Sicherheit Busverbindungen auf und von jedem Ringzug angeboten worden. Und dass der Landkreis Rottweil sich trotz dieser widrigen Umstände für einen Ringzughalt in Lauffen einsetzt, sobald dies fahrplantechnisch machbar ist, verdient Respekt. Es gibt nämlich nicht wenige Pendler in den Raum Villingen-Schwenningen, die heute auf den (leider unpünktlichen) Bus sich verlassen müssen, um zum Umstiegspunkt Deißlingen zu gelangen. Weil dies mitunter nicht klappt, warten Eltern mit laufendem Motor an der Bushaltestelle, so wurde mir zugetragen, um im Falle von Busverspätungen ihre Kinder doch noch rechtzeitig nach Deißlingen auf den Ringzug zu bringen.

Ein weiterer Fehler enthält der Artikel. Für die Fahrgastprognosen verantwortlich war nicht die Nahverkehrsberatung Südwest. Diese gab es damals noch gar nicht. Die Fahrgastprognosen wurden von Herrn Hickmann ermittelt, der später zusammen mit anderen die Nahverkehrsberatung Südwest gründete. Die Fahrgastprognosen in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis, die ebenfalls von Herrn Hickmann in Zusammenarbeit mit den Landkreisen ermittelt wurden, sind zutreffend und teils durch die zwischenzeitliche Entwicklung sogar übertroffen worden.

Nun der Bericht des Schwarzwälder Boten:


Kreis Rottweil - Die Ringzug-Haltepunkte im Bereich Rottweil wurden teilweise pompös in die Landschaft gesetzt. Viel kostenträchtiger als geplant, dabei gepuscht durch überhöhte Fahrgasterwartungen. Die Kostenfrage drückt den Landkreis bis heute mit einer millionenschweren Summe.

Der 2003 in Betrieb gesetzte Ringzug ist für die Region zweifelsohne eine wichtige Errungenschaft. Der Kreis Rottweil allerdings partizipiert mit den Haltestellen in Rottweil und Deißlingen nur am Rande. Vielleicht wollte auch deshalb der Juniorpartner Kreis Rottweil mit ganz besonders einladenden Haltestellen Flagge zeigen zu dem die Nachbarkreise Schwarzwald-Baar und Tuttlingen viel stärker tangierenden Vorhaben.

Jedenfalls explodierten die Kosten. Statt zwei Millionen Euro für die Haltepunkte im Bereich Rottweil (Göllsdorf, Mahle und Neufra) sowie Deißlingen und Trossingen standen letztlich Gesamtkosten von vier Millionen Euro zu Buche. Die ursprünglich mit 550 000 Euro taxierten anteiligen Kosten für den Kreis Rottweil waren plötzlich weit überschritten. So befindet sich die Landkreisverwaltung bis heute im Clinch mit der Bahn AG. Im Raum stehen 2,1 Millionen Euro, die sich im Kreishaushalt seit vielen Jahren als drohender Auszahlungsposten niederschlagen. Doch zunächst einmal muss die seit langem ausstehende Endabrechnung der Bahn zu den Gesamtkosten, die auch durch nicht unerhebliche Landeszuschüsse finanziert werden, auf den Tisch.
"Die Bahn wollte aber die große Lösung"

Der Rottweiler Max Burger, der mit seinem Büro die Ringzughalte plante, sieht den Grund für die Kostenexplosion nicht zuletzt im durch die verschiedenen Projektbeteiligten entstandenen Planungswirrwar. Da habe es häufig Unstimmigkeiten gegeben, insbesondere weil das Eisenbahnbundesamt als Genehmigungsbehörde (Burger: "teilweise aufgrund alter Richtlinien") Maximallösungen gefordert habe. So sei für den Göllsdorf-Halt zunächst ohne barrierefreien Zugang geplant gewesen. "Die Bahn wollte aber die große Lösung", sagt Burger im Rückblick. Statt der teureren Rampe sei für den Ringzug-Halt in Neufra eine Treppe mit Aufzug im Gespräch gewesen. Diese günstigere Variante habe die Bahn mit Verweis auf die Folgekosten (Strom und Wartung) abgelehnt. Letztlich seien die Vorhaben nach der Entwurfsplanung sogar ohne Genehmigungsplanung auf den Weg gebracht worden, betont Burger die in seinen Augen damals äußerst schwierige Situation für den im Auftrag des Bauherrs Bahn tätigen Planer.

Heute stehen eindrucksvolle Bauwerke für die Rottweiler Ringzug-Haltestellen. Die Ringzug-Kunden sind damit auch sehr zufrieden. Allem Augenschein nach sind es aber nicht allzu viele, die sich bei Göllsdorf oder beim Mahle-Werk auf den Schienenweg begeben. "Eine umfangreiche Zählung" aus dem Jahr 2007 durch die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg ergab laut Monika Mayr, Verkehrsdezernentin beim Landratsamt, für die Haltestelle Göllsdorf eine Frequenz von durchschnittlich 50 Fahrgästen täglich. Prognostiziert worden seien von der Nahverkehrsberatung Südwest ursprünglich 170 bis 233 tägliche Nutzer dieser Haltestelle.

Bei den anderen sieht das Missverhältnis zwischen Prognose und Zählung besser aus, liegt aber ebenfalls unter dem Strich. Zudem wird selbst bei den Experten des Landratsamts bezweifelt, dass zum Beispiel die 2007 für den Halt Saline (Mahle-Werk) festgestellten 110 Fahrgäste pro Tag repräsentativ sind. Da handle es sich wohl eher um einen positiven Ausrutscher, räumt Mayr ein.

Der Ringzug hält – insbesondere aus Richtung Spaichingen – oft gut besetzt an der Haltestelle in Neufra. Da fällt es dann weniger ins Gewicht, wenn sich die aus Neufra kommende Nutzerzahl – abgesehen vom Schülerverkehr zur Römerschule in Rottweil-Altstadt – deutlich in Grenzen hält. Mancher Beobachter sieht nicht zuletzt in dem außerhalb der Ortschaft liegenden Ringzughalt einen gewichtigen Grund, wieso sich die Zahl der dortigen Ringzug-Freunde arg in Grenzen hält. Selbst der 2007 mit 230 gezählten Fahrgästen pro Tag am Besten dastehende Halt Deißlingen-Mitte liegt deutlich unter der 2002 mit 444 bis 580 Fahrgästen in den Raum gestellten Nutzerzahl.

Nichsdestotrotz soll auch im Deißlinger Teilort möglichst ein weiterer Ringzug-Halt eingerichtet werden. Diese Absicht ist auch in der neuen Fortschreibung des Nahverkehrsplans enthalten. "Da sind wir dran", versichert Mayr, wissend, dass für ein solches Angebot vermutlich weit mehr potenzielle Nutzer als bei den Rottweiler Haltestellen parat stünden.

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Re: Bei Rottweiler Ringzughaltepunkten wurde nicht getrickst

Beitrag von Sascha »

Moin,

hier der Link zu dem Artikel:

Link Schwabo vom 21.11.2011

Gruß

Sascha
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Benutzer 14 gelöscht

Re: Bei Rottweiler Ringzughaltepunkten wurde nicht getrickst

Beitrag von Benutzer 14 gelöscht »

Hallo,

der Deißlinger Gemeinderat hat nun auch gemerkt, dass der Ringzug bei ihnen nur alle zwei Stunden hält.

http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhal ... 9f9ce.html

Gruß
Vielfahrer
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Re: Bei Rottweiler Ringzughaltepunkten wurde nicht getrickst

Beitrag von Vielfahrer »

Das ursprüngliche Ringzug-Konzept sah einen Stundentakt auch zwischen Rottweil und Villingen mit Ringzügen vor. Aus Kostengründen hatte sich aber damals der Landkreis Rottweil entschieden, nur in jeder 2. Stunde einen Ringzug im Abschnitt Rottweil - Trossingen (hier ist die Bausteingrenze, westlich bestellt der Schwarzwald-Baar-Kreis, südlich der Landkreis Tuttlingen) verkehren zu lassen. Zugleich hegte man die Hoffnung, dass man den Regionalexpress der DB anstelle in Trossingen, das ja stündlich mit dem Ringzug bedient werden sollte, in Deißlingen halten lassen könnte und so ebenfalls einen stündlichen Verkehr anbieten könnte.
Diese Hoffnung hat sich zerschlagen, weil aus durchaus nachvollziehbaren Gründen die Tuttlinger nicht damit einverstanden waren, den RE-Halt in Trossingen Staatsbahnhof aufzugeben. Dies hat einen ganz einfachen Hintergrund: Steht man z.B. in Stuttgart und sieht einen Fahrgast in den ICE nach Zürich einsteigen, so fährt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit nur bis Rottweil mit und steigt dort auf den RE in Richtung Neustadt mit Ziel Trossingen Staatsbahnhof um, um mittels des Trossinger Ringzug-Shuttles in die Stadt Trossingen zu gelangen. Die Bundesakademie in Trossingen für musikalische Ausbildung ist auf großräumige Anbindungen geradezu angewiesen und diese werden durch den RE nach Trossingen Staatsbahnhof gewährleistet. Der Lokalverkehr Deißlingen - Schwenningen wäre hingegen für einen stündlichen Ringzug prädestiniert.

Schaut man sich den Fahrplan genau an, so hat der Schwarzwald-Baar-Kreis nicht alle stündlichen Takte bis/ab Trossingen Staatsbahnhof bestellt. Das liegt daran, dass DB-Cargo darauf bestanden hat, zu bestimmten Zeiten den Gleisanschluss Rammelswiesen bedienen zu können. Die Ringzüge fahren aus diesem Grund an Mo-Fr am Morgen meist nur bis Schwenningen, um den Ölzugverkehr zu ermöglichen. Man hätte natürlich auch auf einer Anbindung Trossingens bestehen können, was aber die Trassen für den Güterverkehr deutlich eingeschränkt, jedoch nicht verunmöglicht hätte. Und wenn in Trossingen keine Schienenanbindung aus Schwenningen eintrifft, dann verkehrt logischerweise auch nicht der Shuttle nach Trossingen Stadtbahnhof.

Im Landkreis Rottweil war das Pflaster für Freunde des Schienenverkehrs eben immer schon etwas schwieriger. Ich entsinne mich an eine Besprechung im Deißlinger Rathaus in den 80er Jahren. Damals wurde die Brücke über die B 27 alt in ihrer Belastbarkeit durch den Schienenverkehr deutlich heruntergestuft, weil die DB glaubte, dann noch eine Restlaufzeit der Brücke ohne aufwändige Sanierungsarbeiten durchstehen zu können. Die Folge aber war, dass die Züge langsamer fahren mussten und die Güterwagen (z.B. der Ölverkehr, der damals noch auf der Schiene zum Tanklager in Trossingen ging) nur noch halb voll befüllt werden konnten. Für die Strecke Rottweil - Villingen war damals höchste Gefahr im Verzug, so dass man von kommunaler Seite aus aktiv wurde und sich intensiv um die Strecke kümmerte. Ein eingeschaltetes Ingenieurbüro aus Tuttlingen ermittelte jedoch, dass die Brücke nahezu schadensfrei war und man mit geringfügigen Sanierungskosten rechnen müsse, die sich in der Folge wegen einer damaligen Wirtschaftskrise zudem noch in sehr günstigen Ausschreibungsergebnissen weiter reduziert hatte. Die Strecke konnte also weiter befahren werden. Man beließ es aber nicht dabei, sondern engagierte sich kommunal, um auf die Strecke mehr Verkehr zu bringen. So war es der Schwarzwald-Baar-Kreis, der darauf bestanden hat, dass der parallele Schülerverkehr von Deißlingen nach Schwenningen vom Bus auf den Zug verlagert würde, was durch die SBG dann auch so vorgenommen wurde. Dabei jedoch war die damalige abseitige Lage des Deißlinger Bahnhofs ein Problem, weil alle Schüler quasi zur abgelegensten Adresse des Ortes gehen mussten und der mit drei Bushaltestellen im Ort vorhandene parallele Busverkehr zu den Schulzeiten aufgegeben wurde. Aus diesem Grund hatte eine Besprechung im Rathaus in Deißlingen stattgefunden, bei der es um die Frage ging, ob der Bahnhof Deißlingen nicht durch einen besser gelegenen Haltepunkt näher an der Ortsmitte ersetzt werden könne.
Der damalige Bürgermeister der Gemeinde Deißlingen verbat sich solche Überlegungen recht vehement mit der Aufforderung "Unterlassen Sie das!" Völlig nachvollziehbar, dass der Schülerverkehr von Deißlingen nach Rottweil dann ebenfalls nicht auf die Schiene verlagert werden konnte, lediglich der Schwarzwald-Baar-Kreis zog seine Sicht der Dinge damals durch. Im Zusammenhang mit der Verlagerung der Rudolf-Steiner-Schule in Schwenningen hat dann die damalige Bundesbahndirektion Stuttgart noch ein Einsehen gehabt und Anfangs der 90er Jahre gegen 7:30 Uhr einen zusätzlichen Zug von Rottweil nach Villingen eingelegt, der für Ausbildungspendler dann zeitlich besser gelegen war als der völlig überfüllte Schüler- und Berufsverkehrszug gegen 6:50 Uhr ab Rottweil nach Villingen. Dieser zusätzliche Zug war später Gold wert, weil beim Aufbau des Ringzug-Systems die Bestandsleistungen zum Zeitpunkt des Sommers 2003 nicht mehr finanziert werden mussten. Es handelte sich übrigens um eine V 100 mit einem angehängten Silberling.
Mit Einrichtung des Ringzugs in 2003 ist es dem damaligen Berater des Landkreises Rottweil, Herrn Gerd Hickmann zu verdanken, dass er mit intensiven Untersuchungen nachweisen konnte, dass ein neuer Haltepunkt Deißlingen-Mitte für Deisslinger Fahrgäste nach Schwenningen vorteilhaft wäre. Nachdem auch der Bürgermeister gewechselt hatte, griff der Landkreis Rottweil diese Analyse auf und setzte sie wie bekannt um. So kam es zum günstiger gelegenen Haltepunkt Deißlingen-Mitte (und der Deißlinger Bahnhof wurde zum Betriebsbahnhof ohne Fahrgastwechsel abgestuft).
Selbstverständlich sollte von Anfang an eigentlich auch der Ortsteil Lauffen einen Ringzughalt bekommen. Es gab aber das Problem, dass bei Anschlussaufnahme in Rottweil aus dem RE aus Stuttgart und Kreuzung im nächstgelegenen Kreuzungspunkt Deißlingen Betriebsbahnhof der Anschluss in Rottweil auf den Gegenzug nach Stuttgart nur dann gehalten werden konnte, wenn in Lauffen kein Zughalt stattfindet. Weil nun die Anschlüsse in Rottweil auf die Gäubahn bei der Konzeption des Ringzugs (zurecht) gewichtiger gegenüber Regelhalten in Lauffen erschienen, musste die Realisierung von Ringzughalten in Lauffen zurückgestellt werden. Den Schlüssel für Ringzughalte in Lauffen sah man deshalb in einer geänderten Fahrplanstruktur auf der Gäubahn. Kreuzen sich RE-Züge der Gäubahn in Aldingen, so reicht es eben zur Ringzugkreuzung bis Deißlingen und dies leider ohne Halt in Lauffen. Würden sich die Gäubahnzüge in Spaichingen kreuzen, so wäre mehr "Luft" vorhanden, die beispielsweise für zusätzliche Halte auf Hin- und Rückfahrt in Lauffen reinvestiert werden könnte.
Anstatt nun einige wenige Zughalte in Lauffen, die nicht anschlussbedingt durch Gäubahnzüge in Rottweil dennoch hätten ermöglicht werden können, hatte man sich dann nachvollziehbarerweise dafür entschieden, Lauffen grundsätzlich im Rahmen der Buslinie Rottweil - Deißlingen, die in Deißlingen bis zum Haltepunkt Mitte verlängert wurde, anzubinden.
Leider läuft diese Buslinie nicht immer ganz pünktlich und so haben Schüler am Morgen in Deißlingen schon den Ringzug nach Schwenningen - Villingen verpasst - und dies bei nur allen zwei Stunden verkehrenden Zügen. Das befriedigt natürlich nicht.
Aus diesem Grund besteht nach wie vor ein großer Druck auf einen direkten Ringzughalt in Lauffen, der sicherlich auch so rasch als möglich kommen wird, sollte sich eine entsprechende sinnvolle Möglichkeit hierzu auftun.
Da nun die Nahverkehrsgesellschaft NVBW seit mehreren Jahren das RE-Angebot zwischen Stuttgart und Rottweil auf einen Stundentakt verdichtet hat (also um die Freudenstädter/Rottweiler-Flügelungszüge ganztägig ergänzt hat), besteht die mißliche Situation, dass man stündlich etwa zur Minute 49 nach Rottweil gelangt, in der ungeraden Stunde sofort Anschluss über Deißlingen - Trossingen - Schwenningen - Villingen bis Bräunlingen hat, in der geraden Stunde jedoch das Ringzugstück Rottweil - Trossingen bzw. Schwenningen fehlt und ansonsten der Stundentakt bis Bräunlingen weitergeht.
Nachdem nun gerade die Strecke Rottweil - Villingen und auch die Trossinger Eisenbahn seit Einführung des Ringzugsystems geradezu boomt, wäre mit Sicherheit eine stündliche Ringzugverbindung eine höchst sinnvolle Investition bzw. Ergänzung des Gesamtnetzes. Allerdings fallen dafür ca. 8€ Kosten pro Zugkilometer an, so dass man sich leicht ausrechnen kann, was dies für den Landkreis Rottweil bedeuten würde. Dagegen gerechnet werden könnten freilich noch stärkere Einnahmen, jedoch sicherlich nicht in dieser Höhe, so dass die Angebotsverdichtung zwar in hohem Maße sinnvoll, jedoch insgesamt betrachtet vermutlich defizitär wäre.
Es kommt dann noch hinzu, dass der Ringzug im Landkreis Rottweil anders als bei den Nachbarlandkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis nicht gerade auf den Hauptachsen verkehrt und demgemäß aus dem nicht vom Ringzug bedienten Gebiet kritisch gesehen wird, dass in diesem vergleichsweise kleinen Gebiet des Landkreises Rottweil (VVR-Zone 20) soviel aufgewändet würde. Kreisweit gesehen kann man tatsächlich die Sache auch anders sehen als nur durch die Brille möglicher Ringzugfahrgäste.
Da nun auf der Gäubahn im Zusammenhang mit den auszubauenden Doppelspuren, insbesondere im Abschnitt Rottweil - Neufra unter Verwendung des noch nicht elektrifizierten Gleises Rottweil - Saline sich veränderte Fahrplanstrukturen abzeichnen, wird die Sache jedoch in hohem Maße spannend bleiben und es ist den Deißlingern zu wünschen, dass sie zu stündlichen Ringzugverbindungen einschließlich stündlicher Halte in Lauffen kommen. Dabei kann auch nicht übersehen werden, dass die VT 611, die derzeit im Umlauf Ulm - Neustadt(Schw.) - Rottweil und zurück verkehren, infolge der Elektrifizierung des Abschnitts Donaueschingen - Neustadt einen veränderten Einsatz erhalten werden, zumal die Freiburger S-Bahn als Durchmesserlinie Breisach - Villingen verkehren wird. Ein isolierter Pendel Villingen - Rottweil mit VT 611 erscheint da nicht gerade wahrscheinlich und auch nicht sinnvoll. Eine sehr gute Anbindung des Oberzentrums Villingen-Schwenningen bzw. des Schwarzwald-Baar-Kreises an die ICE-Züge von und nach Stuttgart - Nürnberg hingegen wird wichtiger denn je sein, zumal über diese Züge auch ein rascher Flughafenanschluss in Stuttgart geboten werden wird.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Studiosus

Re: Bei Rottweiler Ringzughaltepunkten wurde nicht getrickst

Beitrag von Studiosus »

Alle Haltepunkte zwischen Rottweil und Tuttlingen wurden durch das Planernetzwerk Neckarplan barrierefrei geplant, zumal bei Planungsbeginn 2002 das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen frisch verabschiedet war. Auf Rottweiler Gemarkung waren für die Haltepunkte Göllsdorf und Saline zunächst Aufzüge vorgesehen, im Landkreis Tuttlingen auch in Spaichingen-Mitte und Tuttlingen-Schulen. Während sich die DBAG an drei Haltepunkten für eine aufwändige Rampenkonstruktion entschied, begnügte sie sich in der Saline mit der konstruktiven Berücksichtigung einer optionalen Aufzugs-Nachrüstung.
Auf DBAG-Vorgabe erfolgte die Ausschreibung aller Haltepunkte - aus Zeitgründen - lediglich auf Basis der, durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) genehmigten Entwurfsplanung und nicht - wie üblich - auf Basis der Ausführungsplanung. Dadurch war - trotz vielfältigster Eventualpositionen im Leistungsverzeichnis - eine nachtragsbedingte Kostensteigerung vorprogrammiert. Das Risiko kostensteigender EBA-Änderungsvorgaben in Kauf nehmend, beauftragte der DB Zentraleinkauf Bauleistungen für einige Haltepunkte die Bauausführung - ohne Vorliegen einer EBA-genehmigten Ausführungsplanung. Für den Haltepunkt Balgheim wurde die Genehmigung gar erst nach dessen Fertigstellung erteilt.
Neckarplan war im Übrigen nicht mit der örtlichen Bauüberwachung beauftragt, hatte daher keinen Einfluss auf Termin- und Kostenkontrolle. So in Neufra, wo die barrierefreie Zuwegung zunächst als Erdbauwerk konzipiert war. Wegen des im Bodengutachten befürchteten Quelldrucks, entschied man sich beim Bau der Rampe aber für eine Pfahlgründung. Das bereits vor Fertigstellung der Ausführungsplanung und dessen EBA-Freigabe beauftragte bauausführende Unternehmen Kassecker (Waldsassen) hatte im Angebot kein Gerät vorgesehen um Pfähle vom Gleis aus zu setzen. Sowohl Bohrgerät als auch Stampframme wurde daher über eigens angefahrene Erdaufschüttungen in die jeweilige Arbeitsposition manövriert, nachdem Rampe und Treppenanlage hergestellt war, wurde die Erde wieder abgefahren.
Der Unterschied zwischen den von Neckarplan geplanten und den meisten anderen Ringzug-Haltepunkten liegt an der teilweise extermen Dammlage (Göllsdorf, Neufra, Spaichingen-Mitte, Tuttlingen-Schulen) und den daher besonders aufwändigen barrierefreien Zuwegungen (Rampenbauwerke). Haltepunkte wie Balgheim, Weilheim, Wurmlingen-Nord und -Mitte sind durchaus im finanziellen Rahmen geblieben.
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