Verkehrsverbund TUTicket tritt für Stuttgart 21 ein

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
Vielfahrer
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Re: Verkehrsverbund TUTicket tritt für Stuttgart 21 ein

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Dirk,

die Gäubahn von Stuttgart nach Horb ist natürlich zweigleisig, aber nicht ganz. Die Einfahrt in den Bahnhof Stuttgart ist im Bereich der Überwerfungsbauwerke nur eingleisig, d.h. es können Züge nach Stuttgart und von Stuttgart nicht unabhängig voneinander verkehren. Der Abschnitt ist nicht sonderlich lang, aber Richtung und Gegenrichtung verläuft dort aus Platzgründen auf nur einem Gleis.
Schau Dir das bei der nächsten Fahrt nach Stuttgart einfach mal an.

Die Untersuchungen zum Ausbau der Gäubahn durch SMA+Partner AG im Auftrag des Interessensverbands Gäubahn haben nur den Abschnitt Schaffhausen - Singen - Tuttlingen - Rottweil - Horb umfasst. Nur für diesen Abschnitt wurde, vom festen Ende Zürich aus betrachtet, der notwendige Infrastrukturbedarf ermittelt. Der Abschnitt Horb - Stuttgart wurde seinerzeit nicht analysiert, weil noch unklar war, wie die Fahrplankonstruktionen im Zusammenhang mit der Führung über den Flughafenbahnhof ausfallen.

Dass die Variante über Horb mehrheitsfähig war, da alle vom Fernverkehr bedienten Stationen weiterhin bedient würden, habe ich geschrieben. Eine Einschränkung muss ich noch machen. Gegen das Konzept war Böblingen und hat sich folgerichtig auch nicht an den Kosten der Studie und auch nicht an den Kosten für den doppelspurigen Ausbau auf den drei Teilstrecken beteiligt. Nicht weil man dort dagegen gewesen wäre, sondern weil sämtliche Bemühungen, in Böblingen wieder ICEs halten zu lassen, fehlgeschlagen sind. Dafür hat die Stadt Herrenberg, die sich immer positiv zur Gäubahn gestellt hat, sich beteiligt, obwohl die Chance, in Herrenberg einen ICE-Halt zu bekommen, nicht gegeben ist.

Nunmehr bekommt Böblingen wieder seinen ICE-Halt, wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums vor einigen Tagen mitteilte. Grund ist wohl, dass die ICE zwischen dem Flughafen und Herrenberg in vertaktete S-Bahn-Fahrlagen eingezwängt sind und demzufolge in Fahrtrichtung Süden quasi einer S 1 hinterherbummeln müssten, spätestens im Abschnitt Nufringen - Herrenberg. Da ist es ja sinnvoller, gleich in Böblingen einen Fahrgasthalt zu machen und dann flott ohne Störungen durch vorausfahrende S-Bahnen durch Herrenberg zu fahren.

Dass sich die Situation so mit S 21 und der Führung über den Flughafen darstellt, war wohl nicht von Anfang an zu erkennen. Immerhin würde der ICE dann auf rund 25 km in Stuttgart Hbf (tief), Stuttgart-Flughafen (Terminal) und Böblingen dreimal halten.

Aber der Halt in Böblingen ist insbesondere wegen der vorgesehenen Verlängerung in Richtung Nürnberg von Interesse, da dann der wirtschaftsstarke Raum Böblingen/Sindelfingen optimale Anbindungen erhält, die die S-Bahn so nicht bieten kann.

Zu dem langfristigen Taktfahrplan werde ich demnächst noch separat Stellung nehmen. Es handelt sich im Prinzip nur um die Festlegung von Knotenzeiten. Das reicht für langfristige Planungen aus. Außerdem antworte ich dann auch noch auf die anderen Fragen.


Viele Grüße vom Vielfahrer
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Dirk B
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Re: Verkehrsverbund TUTicket tritt für Stuttgart 21 ein

Beitrag von Dirk B »

Vielfahrer hat geschrieben:... Die Einfahrt in den Bahnhof Stuttgart ist im Bereich der Überwerfungsbauwerke nur eingleisig, d.h. es können Züge nach Stuttgart und von Stuttgart nicht unabhängig voneinander verkehren. Der Abschnitt ist nicht sonderlich lang, aber Richtung und Gegenrichtung verläuft dort aus Platzgründen auf nur einem Gleis...
Stimmt, von Weiche 195 (ca. km 1,6) bis Weiche 199 (ca. km 2,2) - also etwa 600 m. Aber dieses kurze Stück sollte fahrplantechnisch doch sicherlich verkraftet werden können,

glaubt
Dirk
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Vielfahrer
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Re: Verkehrsverbund TUTicket tritt für Stuttgart 21 ein

Beitrag von Vielfahrer »

Nehmen wir mal an, man würde, wie es die K-21er vorschlagen, den Stuttgarter Kopfbahnhof zu einem sog. ITF-Vollknoten ausbauen, dann hättest Du vermutlich recht. Die von der Gäubahn in den Kopfbahnhof einfahrenden Züge würden vor der Knotenzeit eintreffen, die in Richtung Gäubahn abfahrenden Züge würden nach der Knotenzeit ausfahren, eine gegenseitige Behinderung auf dem eingleisigen Streckenabschnitt wäre also vermieden.

Wie ich aber bereits weiter oben beschrieben habe, ist der Stuttgarter Kopfbahnhof nicht sonderlich geeignet für einen Vollknoten gemäß den Prinzipien des ITF, da sich aus 3 Richtungen die Strecken schon weit vor dem Kopfbahnhof bündeln (Plochingen 23 km, Bietigheim 23 km, Waiblingen 12 km).
Es besteht deswegen keine Nachfrage etwa von Tübingen nach Ulm, die über Stuttgart abzuwickeln wäre und deswegen zwingend einen Vollknoten erfordern würde. Dies gilt auch für eventuelle Anschlüsse in Bietigheim oder Waiblingen.

Das Problem beim ITF sind nicht die 16 Kopfbahnhofsgleise - die reichen reichlich, denn manche Züge werden da ja bis zu 45 Minuten abgestellt, sondern es sind die Zufahrten. Aus Richtung Bad Cannstatt etwa gibt es genau eine Zufahrt (S-Bahn mal weggelassen), auf welcher nacheinander die Züge aus Tübingen, Ulm, Aalen und Schwäbisch Hall einfahren müssten. Als letzter Zug käme dann der Fernverkehr z.B. aus Ulm. Dies bedeutet, dass der früheste einfahrende Zug relativ lange Übergangszeiten auf den Fernverkehr und aus Symmetriegründen in der Gegenrichtung vom Fernverkehr hätte. So trifft dies z.B. heute den Tübinger Zug, der schon zur Minute 38 da ist und erst zur Minute 22 wieder zurück fährt. Man füllt quasi den Bahnhof mit Zügen aus allen Richtungen, obwohl in bestimmten Relationen gar kein Bedarf besteht, weil er anderweitig besser abdeckbar ist.
Heute könnten im Prinzip 3 Züge gleichzeitig einfahren, nämlich aus Richtung Gäubahn, aus Richtung Zuffenhausen und aus Richtung Bad Cannstatt.

Beim S-21-Konzept können 4 Züge gleichzeitig einfahren, aus Richtung Gäubahn- Flughafen, aus Richtung Zuffenhausen, aus Richtung Waiblingen - Bad Cannstatt und aus Richtung Plochingen - Obertürkheim. Ich bezeichne das mal als regionales Bündel. Danach kommt auf den gleichen Strecken der Fernverkehr (bezeichnet als Fernverkehrsbündel) und danach fährt wieder das regionale Bündel ab (das dritte Bündel). Wie wohl jeder inzwischen verstanden haben dürfte, handelt es sich bei den regionalen Bündeln 1 und 3 nicht um die gleichen Züge. Die müssten sonst ja lange im Tiefbahnhof herumstehen. Das Bündel 1 macht sozusagen die Zubringerfunktion auf den nachfolgenden Fernverkehr und fährt in der Regel nach kurzem Aufenthalt weiter und nimmt die Fernverkehrsreisenden des vorgelagerten Fernverkehrs mit. Das dritte Bündel wiederum bringt schon die Reisenden auf den folgenden Fernverkehrsknoten und nimmt die Reisenden mit, die von den Fernzügen aussteigen, auf die das erste Bündel Reisende zugebracht hat. Dank der halbstündlichen Takte dürften in Plochingen oder Bietigheim und ggf. in Waiblingen zeitgünstige Eckanschlüsse entstehen.

Es entsteht damit kein Vollknoten, sonden eine Schichtung von Regional- und Fernverkehren, die abwechselnd folgen. Die Umsteigezeiten vom Fernverkehr auf den Regionalverkehr betragen im Idealfall 15 Minuten, was für einen großen Knotenbahnhof nicht zu kritisieren ist. Unter 7 Minuten gilt auch heute ein Anschluss als nicht vorhanden.

Wie man leicht erkennt, können bei diesem Prinzip immer zeitgleich 4 Züge einfahren und auch ausfahren (pro zweigleisige Richtung jeweils einer von und einer nach), ohne dass sie sich gegenseitig behindern. Es ist also ein vergleichsweise flexibler Betrieb möglich.

Einschränkungen sind dort gegeben, wo die Regionalverkehre auf Gleisen verkehren, die ansonsten auch der S-Bahn vorbehalten sind, also etwa auf den Abschnitten Abzw. Rohr - Herrenberg, Flughafen - Abzw. Rohr, Waiblingen - Backnang oder Waiblingen - Schorndorf. Dies ist aber beim K-21-Konzept gleichermaßen der Fall, wenn man von der Streckenführung der Gäubahn über den Flughafen mal absieht. Dieser Knackpunkt ist aber gelöst (Stellungnahme der SMA auf der Homepage des UVM).

Ein anderer Knackpunkt war die eingleisige Führung von der NBS zum Flughafen (Filder) und wieder zurück auf die NBS. Hier wird nunmehr zweigleisig gebaut, wodurch auch dieses Problem entschärft ist.

Einen dritten Knackpunkt stellt noch die eingleisige Wendlinger Kurve dar, auf welcher pro Stunde vier Züge von und nach Tübingen auf die NBS einschleifen oder von ihr kommen. Ich gehe mal davon aus, dass sich hier entweder eine Fahrplanlösung oder eventuell auch eine infrastrukturelle Lösung zur Zufriedenheit aller wird finden lassen. Das wird ein spannender Punkt sein, dem Beachtung zu schenken ist. Den Nutzen einer zweigleisigen Lösung sehe ich vorallem in einer erhöhten Fahrplanflexibilität, denn ein Zug, der von Tübingen bei Wendlingen auf die NBS einschert, soll ja nicht Fernverkehrszüge von Stuttgart nach Ulm einbremsen oder umgekehrt.

Hier wird man abwarten müssen, bis die minutenscharfen Fahrplankonzepte auf dem Tisch liegen. Ich bin mir aber sicher, dass die Spezialisten da eine gute Lösung hinbekommen werden,

meint Vielfahrer
Bm 6/6 18514
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Re: Verkehrsverbund TUTicket tritt für Stuttgart 21 ein

Beitrag von Bm 6/6 18514 »

Früher war die Gäubahn in Stuttgart auch durchgehend zweigleisig, um die S-Bahn möglichst billig bauen zu können, hat man da ein kurzes Stück auf ein Gleis zurückgebaut (damals ging man davon aus, dass der Kopfbahnhof für die Zukunft viel zu leistungsfähig ist und man in deswegen an diversen Stellen zugunsten der S-Bahn beschränken kann...). Bei S 21 wird der eingleisige Abschnitt eher länger werden, zudem müssen sich die Gäubahn-Züge mit viel mehr anderen Züge die Strecke teilen, während sie heute auf dem letzten Stück weitgehend alleine sind.

Momentan ist der eingleisige Abschnitt auf der Gäubahn sehr nervig, da etwa genau dort die Zugkreuzung der IC wäre und man deswegen viel Luft in den Fahrplan eingebaut hat. Ansonsten könnte man es vielleicht riskieren, zusammen mit 185-Sandwich-Zügen, die Kreuzung der Gäubahnzüge wieder direkt nach Stuttgart Hbf zu verlegen und den Anschluss nach Nürnberg zu erreichen, wie es von 1999-2002, als die ICE/CIS noch in Böblingen hielten, auch war, damals kreuzten die Fernzüge in Stuttgart Hbf um etwa .00 (und mussten dann halt dort 2 h warten, was die Wirtschaftlichkeit ziemlich drückte, damals waren auf der Strecke Zürich-Stuttgart 1-2 CIS und 3 ICE unterwegs für eine Zugzahl, die man später auch mit 3 ICE alleine anbieten konnte, entsprechend standen früher die ICE oft stundenlang herum, deswegen konnte man zeitweise auch an Wintersamtagen den ICE Stuttgart-Chur anbieten, der 415 stand eh 6 Stunden ungenutzt in Zürich herum...)

Zu den Gleisen in Stuttgart, da sehe ich kein wirkliches Problem für einen ITF, müsste man vor allem die Signalanlagen anpassen. Schon heute fahren ja teils zwei Züge parallel von Bad Cannstatt her nach Stuttgart her, ist zwar nicht sonderlich schön wegen der S-Bahn, aber auch nicht sonderlich schlimm. Die IC-Züge Zürich-Stuttgart nutzen von Zürich bis Zürich Oerlikon ja auch die Strecke, auf der normalerweise sonst die S-Bahn und Güterzüge fahren und nicht die Strecke, die die meisten anderen Fernzüge benutzen.
Und Zürich ist auch ein gutes Beispiel, dass es nicht wirklich viele Zufahrtsgleise braucht, letztendlich läuft der ganze Fern- und RE-Verkehr in Zürich auch nur über drei Gleise pro Richtung ab, bis auf einzelne Ausnahmen wie der Gäubahn-IC, umgekehrt fahren auch ein paar S-Bahnen über die "Fernbahngleise", wobei die Trennung S-Bahn in Zürich nicht so scharf ist, wie in Stuttgart.
Bis 1982 hatte Zürich jedenfalls gerade mal 7 Zufahrtsgleise, für den Taktfahrplan erweiterte man dann auf 9, 1990 zur S-Bahn auf 10 (+2 völlig getrennte für SZU) und schaffte damit einen schönen Taktfahrplan-Knoten. Stuttgart hat heute inkl. S-Bahn 12 Zufahrtsgleise, also sieht das nicht so schlecht aus. Die späteren/aktuellen ausbauten in Zürich gehen dann weit über das hinaus, was man sich für Stuttgart erträumen kann, ein Taktknoten in Stuttgart wie in Zürich vor 10 Jahren wäre schon super, nur wird man sich diese Option für die nächsten 100 Jahre dank S 21 leider verunmöglichen.
Wichtiger als die Zufahrtsgleise ist das vernünftige Packen der Züge und entsprechen gut Infrastruktur draussen an den richtigen Stellen auf dem Land.
Beispiel Richtung Limmattal (aktueller Fahrplan):
.58 IR nach Bern
.00 IC nach Bern
.02 IC nach Basel
.04 ICN nach Biel
.06 IR nach Bern
.08 IR nach Basel
und alle diese Züge fahren über das selbe Gleis hintereinander her.

Nach Oerlikon:
.01 IR zum Flughafen
(.05 Entlastungs-IR nach Schaffhausen)
.07 IC nach Romanshorn
.09 IC nach St.Gallen
[.10 IR/IC nach Schaffhausen/Stuttgart über die "S-Bahn"]

Nach Süden:
(.01 Entlastungs-ICN Gotthard)
.04 IR nach Luzern
(.07 Entlastungs-IC nach Chur)
.09 IR/EC Gotthard
.12 IR Chur
Bis auf den Schaffhauser Zug verlassen alle diese Züge Zürich über nur 3 Gleise!

Florian
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