Wie geht es im Wehratal weiter?

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
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Vielfahrer
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Wie geht es im Wehratal weiter?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

vor einigen Tagen fand im Landratsamt in Waldshut die letzte Besprechung zur Machbarkeitsstudie "Reaktivierung der Wehratalbahn" statt. Ausführlich wurden die Teilnehmer über das Bedienungskonzept, die Haltestellen, die vorgesehene Netzeinbindung, den vorgeschlagenen Takt und natürlich über die notwendigen Investitionskosten und den berechneten Nutzen/Kosten-Faktor informiert.

Nach der Besprechung wurde vom Antragsteller Landkreis Waldshut eine Pressemitteilung herausgegeben, bei welcher das Thema Wehratalbahn ebenfalls angesprochen wurde (neben dem erfreulichen Stand bei der Wutachtalbahn-Machbarkeitsstudie). Positiv hat sich herausgestellt, dass die Reaktivierung vom Grundsatz her auf der früheren Strecke machbar ist, insbesondere was den Fahrnauer Tunnel betrifft. Ferner hat sich bei näherem Hinsehen das erwartete Fahrgast-Potential noch weiter erhöht, sprich, der zu erwartende Nutzen ist weiter gestiegen. "Niemand würde eine solch gute Strecke heute stilllegen", wurde in einer der Besprechungen mal geäußert, aber die Strecke ist außer Betrieb und erfordert gewaltige Investitionen, wobei der lange Fahrnauer Tunnel eines der großen Probleme ist. Seine Sanierung soll runde 180 Mio. € kosten incl. eines Fluchttunnels (ca. 35 Mio. €), der bei längeren Tunnels vorgeschrieben ist. Aus diesem Grund wird bei der Berechnung des Nutzen/Kosten-Verhältnisses noch kein Wert größer 1,0 erreicht, der für eine Förderung der Maßnahme erforderlich ist. In Gesprächen mit dem Land soll daher erörtert werden, wie es weitergehen könnte. Das wird noch eine geraume Zeit benötigen. Ein Problem in diesem Zusammenhang ist auch die zukünftige Fahrplanstruktur auf der Wiesentalbahn. Fahrplanverdichtungen zwischen Basel und Lörrach, ein zusätzlicher Halt am neuen Klinikum in Lörrach und generelle Verlängerung der Haltezeiten an den Stationen führen dazu, dass die Wehratalbahn (gedacht als Durchlauf Weil am Rhein - Lörrach - Schopfheim - Bad Säckingen) in Bad Säckingen die Anschlüsse an die RB nach Waldshut - Koblenz knapp verpasst und ebenso in Brennet (bzw. in Wallbach) den RB-Anschluss nach Rheinfelden - Basel. Erreicht wird zwar der RE-Anschluss nach Waldshut - Schaffhausen - Singen (St. Gallen/Ulm), aber die Pendlerpotentiale liegen eindeutig im Nahbereich und zwischen Lörrach und Singen wird man via Basel Bad Bf schneller fahren als über Schopfheim.

Es sind bei dieser Strecke also noch etliche Problempunkte zu bearbeiten, ehe eine positiven Einschätzung der Reaktivierung der Wehratalbahn denkbar ist.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Villinger
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Re: Wie geht es im Wehratal weiter?

Beitrag von Villinger »

Hallo,

Sehr spannend, was dort so passiert. Interessant war auch ein DSO-Beitragsfaden, wo Christian Brinkmann von den Bahnbetrieben Blumberg über die Wutachtalbahn und ihre Aktivitäten/Verdienste darum informiert hat. Es scheint mit der Infrastruktur gut voranzugehen und man strebt einen 2h-Takt ab Ende 2023 Waldshut-Weizen an.
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Vielfahrer
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Re: Wie geht es im Wehratal weiter?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

ja, so ist es. Dank der klugen Investitionsstrategie der Blumberger und dank der Unterstützung durch das Land in Form von bestellten Zugleistungen, die Trasseneinnahmen ergeben, sind die notwendigen weiteren Investitionen überschaubar, d.h. erheblich geringer als andernorts. Gleichzeitig konnte ein beachtlicher Nutzen für Fahrgäste durch die Direktfahrten bis Waldshut-Tiengen nachgewiesen werden, so dass sich ein NKU von deutlich über 1,0 ergeben hat, also grundsätzlich Förderfähigkeit gegeben ist. Mit der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke ab Ende 2027 ist dann die infrastrukturelle Voraussetzung für den Einsatz von batterieelektrischen Triebzügen gegeben, zuvor sind Zwischenlösungen (noch ohne den Kreuzungsbahnhof in Eggingen) denkbar.

Ich kann mich noch an eine Testfahrt von vor gut 30 Jahren im Wutachtal erinnern. Damals war Thomas Schäuble der Verkehrsminister im Land. Es sah so aus, als ob der reguläre Bahnbetrieb zeitnah vorstellbar wäre, die Vielzahl von unbeschrankten Bahn- Feldweg- und Radwegübergängen jedoch, die die Züge der Wutachtalbahn ziemlich ausgebremst haben, waren jedoch ein Hauptproblem. Und auch die Kommunalpolitik in den Gemeinden des Wutachtals setzte zu dieser Zeit eindeutig auf den Bus.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Wie geht es im Wehratal weiter?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

in zwei Wochen wird in der Kreistagssitzung des Landkreises Waldshut am 19.7.2023 über das Ergebnis der Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Wehratalbahn (Bad Säckingen - Wehr - Schopfheim) informiert. Verschiedene Gutachten hatten in der Vergangenheit der Wehratalbahn ein hohes Nachfragepotential attestiert. Das Problem aber dürfte der 3.170 m lange Hasler Tunnel sein, der vor Eröffnung der Neubaustreckentunnels ehedem drittlängste Tunnel in Deutschland. Ob nunmehr nach der letzten Zugfahrt vor 52 Jahren eine Chance besteht, den Tunnel zu sanieren und zu welchen Kosten und was dies für die Nutzen/Kosten-Untersuchung für Folgen hat, wird in der Machbarkeitsstudie von PTV/TTK nachzulesen sein.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Wie geht es im Wehratal weiter?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

auf seiner Sitzung am 19.07.23 hat der Kreistag des Landkreises Waldshut sich dafür ausgesprochen, das Thema Reaktivierung der Wehratalbahn nicht endgültig zu begraben. Bekanntlich haben die hohen Sanierungskosten des Fahrnauer Tunnels dazu geführt, dass der Nutzen-Kosten-Indikator kleiner als 1,0 wurde, obwohl der Strecke eine Auslastung von durchschnittlich über 1600 Fahrgästen/km prognostiziert wurde.

Die Trasse der Wehratalbahn soll freigehalten werden, um sie ggf. zu einem späteren Zeitpunkt reaktivieren zu können. Hintergrund dafür dürfte u.a. die Entwicklung südlich des Hochrheins im Sisseler Feld sein. Dort sollen in den kommenden Jahren 15.000 Arbeitsplätze entstehen. Diese Arbeitsplätze liegen zum Teil nur gut 500 m von der Hochrheinbahn entfernt (auf Höhe Obersäckingen), jedoch durch den Rhein getrennt. Die Schweizer wollen die neu entstehenden Arbeitsplätze nicht für den Individualverkehr attraktiv erschließen sondern setzen auf den öffentlichen Verkehr. Denkbar wäre zum Beispiel, dass eine Seilbahn über den Rhein hinweg die Industriegebiete mit den Bahnlinien auf beiden Seiten verbindet.

Erfahrungsgemäß pendeln etwa 1/3 der Arbeitnehmer als Grenzpendler. Im speziellen Fall könnten dies sogar noch mehr werden, weil auf der Schweizer Seite kaum mehr Flächen vorhanden sind, die für weitere Wohnbebauung genutzt werden könnten. So könnten auf südbadischer Seite Wohnungen gebaut werden, vorausgesetzt die Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln wären stimmig. Um von Wehr nach Stein zu kommen, nimmt heute wohl niemand den Bus oder die Bahn, weil das grob 2 Stunden dauert pro Strecke. Zur Hauptverkehrszeit ist der Grenzübergang in Bad Säckingen nach Stein im Stau, so dass auch für Busverkehre keine guten Bedingungen vorhanden sind. Außerdem liegt das Sisseler Feld südlich und nicht nördlich wie die Brücke, so dass es auch zeitraubend wäre, vom Bahnhof Bad Säckingen über die Brücke ins Sisseler Feld zu kommen.

Alternativ denkbar wäre es allenfalls, vom Bahnhof Bad Säckingen über die historische Holzbrücke nach Stein mit dem Fahrrad zu fahren und dann auf der schweizer Seite weiter zu den Arbeitsplätzen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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