Was ist nur aus unseren Bahnen geworden?

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Karl Müller
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Was ist nur aus unseren Bahnen geworden?

Beitrag von Karl Müller »

oder, anders gefragt - warum geht die Gesamtgesellschaft ( Politiker, Bürger) so mit uns um? Denn, die sog "Verkehrswende" suggeriert uns das es anders wird - das steckt im Wort "wende" drin. Aber, nicht nur im Moment, Nein, seit geraumer Zeit geht es abwärts mit Bahnens. Personalmangel ist das Schlagwort das alles abdeckt. Wenn jetzt auch noch etliche Krankmeldungen reinflattern, dazu eine große Hitze, na, denn - Land unter. Wenn ein Stellwerk nicht besetzt werden kann (Herrenberg kürzlich von 13.00 Uhr bis - ca 19.00 Uhr) dann wird kurzerhand - mangels Alternativen - der Zugverkehr dort eingestellt. Vom Zugunglück in Garmisch - und den Ursachen und folgen daraus - will ich gar nicht reden, im Werdenfels fahren nicht mehr viele Züge.
Oder, ein (*schräger*) Vogel legt kurzerhand den gesamten Stuttgarter Hbf lahm - wow, am samstag war bei der SSB ebenso katastrophal, Lichterfest, Konzert am wasen und zigtausend zusätzliche Fahrgäste von der S-Bahn....wir hätten Schnellzüge von S.-Vaihingen bis Fellbach fahren können....
Westfrankenbahn - einst ein Vorzeigebetrieb - jetzt überall Notfahrplan aufgrund "erhöhtem Krankenstand" der kommt auch nicht über nacht! - oder doch? Wieviel bestellte Kilometer werden dieses Fahrplanjahr überhaupt gefahren? Warum stehen im Kursbuch überhaupt noch Züge drin?
Und, es stehen diverse Tarifverhandlungen an die nichts gutes verheißen - sofern man dem Bundeskanzler glauben darf das die Gewerkschaften "Maß" halten sollen, nicht die Inflation zum Maß aller Dinge nehmen sollen....denn, wir im öffentlichen Dienst sind zu oft krank, haben zuviel Urlaub, und überhaupt und sowieso...Bei uns bleiben neue Koll inzwischen max 4 jahre,dann kündigen sie wieder. Aushalten muß man den Job. Jahrelange Schichterei, am Sonntag um 3.00 Uhr in der Frühe aufstehen...

Nein; Eisenbahn fahren ist nichts für Weicheier, es sind die letzten Abenteuer in Deutschland( Abenteur = Reise mit ungewissem Ausgang)

MFG Oli
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Dirk B
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Re: Was ist nur aus unseren Bahnen geworden?

Beitrag von Dirk B »

Hallo Oli,

du hast es selber geschrieben: es wird anders! Anders heißt aber nicht automatisch besser. Und das gilt nicht nur für die Verkehrswende, sondern auch für die Energiewende. Hier wird uns ein grünes Paradies verkauft, obwohl jedem klardenkenden Menschen bewusst sein muss, dass eine Energiewende, wie sie hierzulande geplant ist, nur zum Scheitern verurteilt sein kann. Und ein jeder weiß sicherlich noch viele andere Themen, bei denen es zur Zeit "anders" wird, aber beileibe nicht besser. Man könnte fast vermuten - und viele machen das auch - dass es so gewollt ist, Staatsziel sozusagen...

Gruß Dirk
NACHDENKEN, liebe Leute, nicht NACHPLAPPERN!
Vielfahrer
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Re: Was ist nur aus unseren Bahnen geworden?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

die Wochen vor den Sommerferien ist üblicherweise immer viel los in den Zügen - nach meinen Beobachtungen auch dieses Jahr. Viele Schulausflüge, vermutlich auf Basis des 9.-€-Tickets, habe ich bei diversen Fahrten gesehen, die mich zu etlichen Anlässen geführt haben. So etwa vor einer Woche in die Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen, wo Minister Winfried Hermann interessante Ausblicke auf die zukünftige ÖPNV-Strategie des Landes gab. Zahlreiche Presseberichte sind darüber erschienen, weshalb ich mir an dieser Stelle es ersparen möchte, das nochmals zu referieren. Mein Eindruck jedoch ist, dass das Land die Probleme an der richtigen Stelle anpackt.

Dann war gestern eine interessante Sitzung im Landratsamt in Konstanz. Es ging um den Stand in Sachen Bodenseegürtelbahn incl. Seehäsle. Über diese Besprechung wird vermutlich am Wochenende in einer abgestimmten Presseerklärung von Landkreisen (FN+KN), Anliegerkommunen, Interessenverband, Land und DB informiert werden, weshalb ich an dieser Stelle auch nicht vorgreifen möchte. Die Fahrt nach Konstanz war aber nicht einfach, da der IC 181 ausgefallen ist. Über Eutingen - Villingen und die wieder im Stundentakt verkehrende Schwarzwaldbahn zwischen St. Georgen und Konstanz habe ich es doch noch rechtzeitig nach Konstanz geschafft. Bei der Rückfahrt ab Konstanz wäre ich nur alle 2 Stunden mit der Gäubahn weggekommen, weshalb ich via Radolfzell - Überlingen - Pfullendorf - Sigmaringen zurückgefahren bin. Der Regiobus 500 war sehr gut besetzt und zwischen Überlingen und Owingen war sogar noch ein Verstärker unterwegs. Die Regionalbahn der SWEG von Sigmaringen nach Tübingen wurde aber in Hechingen aus "betrieblichen" Gründen gebrochen, was wegen des Umstiegs in Hechingen letztlich dazu geführt hat, dass ich in Tübingen meinen Stadtbus verpasst habe und deshalb 30
Minuten länger unterwegs als notwendig war.

Heute dann ging es nach Stuttgart ins Rathaus, wo der Interessenverband Gäubahn zusammen mit der Stadt Stuttgart, der Region Stuttgart und dem Verkehrsministerium zum Thema Panoramabahn tagte, um möglichst gemeinsame Positionen zu vertreten. In der kommenden Woche tagt ja der Lenkungskreis zum gleichen Thema und auch Staatssekretär Michael Theurer hat eine Besprechung im Landratsamt in Böblingen anberaumt.

Bei der heutigen Sitzung des Interessenverbands kam zunächst der Hausherr, Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper, zu Wort. Er bedankte sich für den zahlreichen Besuch der Sitzung (ca. 35 Gäste waren anwesend und viele per Video zugeschaltet). Die Bedeutung von S 21 sah er nicht nur für die Stadt Stuttgart, sondern auch für das Umland bzw. ganz Baden-Württemberg. Im Laufe der Zeit sei mit dem Deutschlandtakt, in den die Gäubahn integriert sein wird, sogar noch ein früher nicht erwarteter Bedeutungszuwachs hinzugekommen. Wenn er gelegentlich lese, dass ja nur ein paar Gleise liegen bleiben sollten, bis die Streckenführung über den Flughafen in Betrieb genommen werden kann, dann sei das nicht richtig. Stuttgart wird Deutschlands erster digitaler Knoten, d.h. das bisherige Stellwerk wird abgerissen und die paar Gleise müssten anderweitig gesichert werden, also per ECTS. Es wäre also eine beachtliche Investition notwendig, um die paar Gleise ab Stuttgart-Vaihingen bis zu einem ober- oder unterirdischen Kopfbahnhof weiter zu betreiben.
Dass die Fahrgäste der Gäubahn nach Stuttgart zukünftig in Stuttgart-Vaihingen auf die S-Bahn werden umsteigen müssen, oder auch in Stuttgart-Nord, das sei bedauerlicherweise ein Nachteil. Das wolle er nicht wegdiskutieren. Aber diesem Nachteil stünden sehr viele Vorteile gegenüber, insbesondere langfristig. Aus Sicht der Stadt Stuttgart sei klar, dass die Panoramastrecke zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem geplanten Nordhalt bestehen bleibt. Ob dann von dort aus Bad Cannstatt, Feuerbach oder der Hauptbahnhof angeschlossen würde, sei noch nicht klar. Aus Sicht der Stadt Stuttgart werde der Hauptbahnhof (Ergänzungsbahnhof) jedoch abgelehnt.

Sodann kam der Verbandsvorsitzende des Interessenverbands, Guido Wolf, zu Wort, der im übrigen die ganze Sitzung leitete. Wolf kam auf die jüngere Zeit zu sprechen, auf die verschiedenen Rechtsgutachten und freute sich, dass die heutige Verbandsversammlung wirklich gut besetzt sei. Die Position, die entlang der Gäubahn vertreten werde, sei nach seiner Einschätzung die, dass alle den Pfaffensteigtunnel bzw. die Anbindung an den Flughafen wollten, dass andererseits aber auch der Unterbruch der umsteigefreien Verbindung zum Hauptbahnhof so kurz wir nur möglich gehalten werden solle. Und darüberhinaus solle dieser Unterbruch fahrgastfreundlich gestaltet werden, also barrierefreie Umstiegsmöglichkeiten, kurze Wege, abgestimmte Fahrpläne usw.

Danach sprach der Vorsitzende der Region Stuttgart, Thomas Bopp. Er berichtete rückblickend von diversen Ausbauvorhaben der Gäubahn, die gegen 2 Milliarden Euro gekostet hätten, dann von der Neigetechnik, die aber die DB abgelehnt hätte, und kam dann schließlich auf die aktuelle Planung zu sprechen. Hier sei wichtig, dass der Verband Region Stuttgart die zukünftige S 5 nach Stuttgart-Vaihingen verlängere, teilweise sogar nach Ehingen südlich von Böblingen. Vorgesehen wären zwischen Stuttgart-Vaihingen und Stuttgart Hbf (tief) pro Stunde und Richtung 16 S-Bahnen, also alle 3 bis 5 Minuten wird ab Stuttgart-Vaihingen eine S-Bahn verkehren in Richtung Hauptbahnhof (tief). Der Umstieg werde überwiegend - jedoch nicht immer - in Stuttgart-Vaihingen am gleichen Bahnsteig mit der Gäubahn möglich werden. Die Kapazität der S-Bahn erhöhe sich ab Stuttgart-Vaihingen pro Stunde um 2.800 Personen, insgesamt könnten mit der S-Bahn dann pro Stunde und Richtung 11.200 Personen befördert werden. Das Gesamtaufkommen der Gäubahn läge bei 5.000 Fahrgästen, wovon 900 in Stuttgart auf den Fernverkehr wechseln würden, 1.500 auf den Regionalverkehr und ca. 2.500 ihr Ziel in Stuttgart hätten. Leider wisse man nicht genau, wohin die Fernreisenden in welcher Zahl fahren wollten. Je nach Ziel würde es etwas schlechter, gleich oder auch besser werden. Insbesondere Relationen nach München würden deutlich profitieren, Frankfurt bliebe ungefähr gleich, Würzburg und Nürnberg würden ggf. etwas länger dauern. Für Fahrgäste nach Stuttgart sei er dem Land dankbar für die Investitionen in den Regionalbahnhof in Stg.-Vaihingen. Über diesen Bahnhof könnten sehr viele Relationen in die Stuttgarter Innenstadt schneller erreicht werden als über die bisherige Streckenführung. Hinsichtlich des Nordhalts sprach Herr Bopp davon, dass dieser primär dazu dienen solle, die im Norden liegenden Ziele besser zu erreichen (S4, S5 und S6). Ohne Nordhalt müssen Pendler sonst zweimal umsteigen. Dies solle vermieden werden.

Für das Land sprach dann der Abteilungsleiter Verkehr, Herr Gerd Hickmann. Versprochen worden sei in den vergangenen Jahren sehr viel, passiert hingegen sei wenig. Das Land wolle die Zeit nutzen, sieht aber schon, dass es Schmerzen geben wird. Der Regionalverkehrshalt in Stuttgart-Vaihingen sei weitsichtig entschieden worden. Die Gespräche mit der DB über die Fortsetzung des Integrationsvertrags seien auf der Zielgerade. Er gehe auch davon aus, dass ab 2025 der MEX auf dem Abschnitt bis Horb alle 30 Minuten verkehren werde. Die DB jedoch fürchte um die Nahverkehrseinnahmen in den IC, weshalb man sich darüber verständigen müsse, wie diese abgesichert werden. Aus Landessicht sei die Panoramabahn bis zum Nordhalt klar. Wie es von dort dann mal weiter geht, sei noch offen. Der Nordraum Stuttgart könne jedenfalls mit dem Nordhalt besser bedient werden. Klar sei für das Land auch, dass weder Böblingen noch Singen aus den Fahrplankonzepten gestrichen werden können. Das wolle man schriftlich vereinbaren. Die Gäubahn sei aus Landessicht sehr wichtig, aber eine Umsteigefreiheit wäre während der Interimszeit nicht machbar. Das Land würde alle an es herangetragenen Wünsche auf ihre Realisierungsmögichkeit prüfen. Umleiter über Renningen oder Tübingen sehe es jedoch kritisch, weil es dann zu Kolateralschäden im Regionalverkehr kommen werde. Er schlug vor, ähnlich wie vor 10 Jahren unter Heiner Geißler, einen Faktencheck zu machen, um die Lösungsvorschläge gründlich zu analysieren.

Für die Stadt Stuttgart sprach dann deren Baubürgermeister Peter Pätzold. Er berichtete, dass die Strecke zwischen Stg.-Vaihingen und Stg.-Feuerbach beim Stuttgarter Gemeinderat akzeptiert sei. Die Stadt habe 85 ha von der DB gekauft und strebe 5.000 bis 6.000 Wohnungen an. Gekauft habe man die Flächen 2001 zu Kosten von annähernd 1 Milliarde Euro, seit 2009 würde heftig diskutiert und erst 2025 ginge S 21 in Betrieb. Das Geld der Stadt sei also lange gebunden ohne dass ein Nutzwert entstanden sei. Für den Gleisrückbau nach Ende 2025 setzt die Stadt Stuttgart 4 Jahre an, da ja nicht nur die Gleise entfernt werden, sondern auch topographische Anpassungen erfolgen. Der Gemeinderat habe inzwischen einen Rahmenplan Rosensteinpark beschlossen. An dem werde man sich ausrichten. Beim Volksentscheid 2012 sei die Zustimmung in Stuttgart insgesamt knapper ausgefallen als im Land. Insbesondere entlang der Gäubahn sei die Zustimmung groß gewesen, weil die Erwartungshaltung vorhanden war, dass der Flughafen in die Streckenführung einbezogen würde. Stuttgart lebe nun seit 2010 mit der Großbaustelle. Das zukünftige Baugebiet sei unterteilt in den Rosenstein, das Europaquartier, den Gleisbogenpark. Es sei eine gewaltige Aufgabe, dies alles zeitgerecht zu entwickeln.

Danach wurde intensiv diskutiert. Landtagsabgeordnete, Landräte, Oberbürgermeister, Vertreter des Landes, der Stadt Stuttgart, der Region usw. brachten ihre Argumente vor. Verbandsvorsitzender Guido Wolf fasst nach knapp 3 Stunden das Ergebnis zusammen: Eindeutiges Ja zum Pfaffensteigtunnel, eindeutiges Ja zur Stutzenlösung am Flughafen. Der von Herrn Hickmann angeregte Faktencheck wird gutgeheißen und der Nordhalt findet die Zustimmung.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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