Kündigung des Finanzierungsvertrags Land - Ringzug
Verfasst: Di 15. Dez 2020, 21:33
Hallo,
wie dieNeue Rottweiler Zeitung auf Nachfrage im Landratsamt Rottweil berichtet, hat das Land Baden-Württemberg den Vertrag zwischen dem Zweckverband Ringzug und dem Land gekündigt. Der Vertrag war zunächst auf 10 Jahre angelegt gewesen, hat sich aber seither stillschweigend jeweils um ein Jahr verlängert, konnte aber mit einer Kündigungsfrist von 1 Jahr zum Fahrplanwechsel im Dezember jeweils gekündigt werden. Diese Kündigung ist nun auf den Fahrplanwechsel 2021/22 erfolgt.
Für die Kunden bedeutet dies zunächst nichts. Die Ringzüge wurden schon bisher vom Land bestellt und werden es auch weiterhin, zumal das Land der nach dem Gesetz vorgesehene Aufgabenträger ist. Gekündigt wurde der Finanzierungsvertrag zwischen dem Land und dem Zweckverband, also den 3 Landkreisen. Ging man im Jahre 2003 zunächst davon aus, dass die Kosten und Erlöse zu 50 % von jedem Partner anteilig getragen werden, so hat sich dieses Verhältnis in den zurückliegenden Jahren immer stärker zu Lasten des Landes verschoben. Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur. Eine wesentliche Rolle spielten dabei u.a. die Zuschüsse nach § 6a AEG, die aufgrund der Nachfrageentwicklung viel höher ausfielen als zunächst erwartet bzw. kalkuliert. Mit der Umwandlung von VT 612-Leistungen in Ringzugleistungen auf der Strecke Rottweil - Villingen bzw. der Breisgau-S-Bahn auf der Strecke Villingen - Hüfingen-Mitte gab es weitere erhebliche Verschiebungen. So ist verständlich, dass die Landkreise nicht für "Ringzüge" zahlen möchten, die sie zuvor als DB-Leistung voll vom Land bezahlt bekommen haben. Das Land hat deshalb bei diesen Ringzügen 100 % der Kosten schon bisher getragen. Es gibt Fahrten von Bräunlingen z.B. nach Leipferdingen, die im Abschnitt Bräunlingen - Villingen als Ringzug fahren (Kostenteilungsphilosophie 50:50), dann weiter nach Rottweil zu 100 % finanziert durch das Land und anschließend wieder als 50:50-finanzierter Ringzug nach Leipferdingen. Kostenmäßig lässt sich dies ja noch einigermaßen sauber regeln, aber was ist mit den Erträgen? Irgendwie ist es doch logisch, dass das Land bei Zügen, die es zu 100 % bezahlt, auch 100 % der in diesen Zügen erzielten Einnahmen gegenrechnen möchte. Insbesondere auf der Strecke Rottweil - Villingen, einer recht gut genutzten Ringzugverbindung, ändert sich der Finanzierungsschlüssel von Zug zu Zug und es ist nicht einfach, hier die Erlöse sauber zuzuscheiden. Aus dieser Sicht betrachtet ist es eine klare Lösung, dass das Land komplett den Ringzug bezahlt und dann auch komplett die Einnahmen erhält. Was auf der Schiene eingenommen wird, das ist dann Landesgeld, wie etwa auch bei vielen anderen Leistungen des Nah- und Regionalverkehrs, was auf Buslinien eingenommen wird, ist Geld der Landkreise, sofern sie den Verkehr über Bruttoverträge geregelt haben (Tuttlingen seit Jahrzehnten, der Schwarzwald-Baar-Kreis seit gut einem Jahr und vermutlich bald im ganzen Landkreisgebiet), lediglich in Rottweil, wo die Busverkehre durchweg eigenwirtschaftlich organisiert sind, verbleiben die Einnahmen dann bei den Busunternehmen.
Die Zusammenarbeit zwischen Zweckverband und Land war die vergangenen fast 20 Jahre gut. Das Land hat alle konstruktiven Überlegungen immer aufgegriffen und gut umgesetzt, siehe etwa die Entwicklung des Bahnverkehrs zwischen Rottweil und Bräunlingen, wo inzwischen im Prinzip der Landesstandard (von 5 - 24 Uhr ein täglicher Stundentakt) schon umgesetzt ist. Kern des Ringzuggedankens ist aber nicht ein im Ring herumfahrender Nahverkehrszug, sondern die Vernetzung der Buslinien mit der Schiene im Ringzuggebiet. Die Busse bedienen die Zubringerleistungen aus der Fläche, der Zug fährt die Fahrgäste weiter in die entlang der Schiene liegenden Zentren.
Sofern dieses Prinzip nicht angetastet wird, ist gegen die Kündigung eigentlich nichts einzuwenden.
Dass das Land - teilweise im Gegensatz zu der kommunalen Seite - viel offensiver an den Schienenverkehr herangeht, sieht man aktuell etwa im Raum Rottweil. Gut vorstellbar, dass man es dort begrüßt, dass man zukünftig weniger damit zu tun haben könnte.
Ein weiterer Grund dürfte aber auch sein, dass der Ringzug über kurz oder lang neue Fahrzeuge benötigt. Diese hat das Land bereits und will sie nach erfolgter Elektrifizierung im Ringzuggebiet einsetzen. Und landesweit geht der Trend ohnehin zu Bruttoverträgen des Landes mit den Verkehrsunternehmen, da wäre dann der Ringzug keine Sonderentwicklung mehr. Sofern sich also aus der bisherigen Philosophie "Bahn und Bus aus einem Guß" nichts wesentliches ändert, ist die Kündigung des Finanzierungsvertrags eigentlich eine logische Folge eingetretener Entwicklungen.
Viele Grüße vom Vielfahrer
wie dieNeue Rottweiler Zeitung auf Nachfrage im Landratsamt Rottweil berichtet, hat das Land Baden-Württemberg den Vertrag zwischen dem Zweckverband Ringzug und dem Land gekündigt. Der Vertrag war zunächst auf 10 Jahre angelegt gewesen, hat sich aber seither stillschweigend jeweils um ein Jahr verlängert, konnte aber mit einer Kündigungsfrist von 1 Jahr zum Fahrplanwechsel im Dezember jeweils gekündigt werden. Diese Kündigung ist nun auf den Fahrplanwechsel 2021/22 erfolgt.
Für die Kunden bedeutet dies zunächst nichts. Die Ringzüge wurden schon bisher vom Land bestellt und werden es auch weiterhin, zumal das Land der nach dem Gesetz vorgesehene Aufgabenträger ist. Gekündigt wurde der Finanzierungsvertrag zwischen dem Land und dem Zweckverband, also den 3 Landkreisen. Ging man im Jahre 2003 zunächst davon aus, dass die Kosten und Erlöse zu 50 % von jedem Partner anteilig getragen werden, so hat sich dieses Verhältnis in den zurückliegenden Jahren immer stärker zu Lasten des Landes verschoben. Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur. Eine wesentliche Rolle spielten dabei u.a. die Zuschüsse nach § 6a AEG, die aufgrund der Nachfrageentwicklung viel höher ausfielen als zunächst erwartet bzw. kalkuliert. Mit der Umwandlung von VT 612-Leistungen in Ringzugleistungen auf der Strecke Rottweil - Villingen bzw. der Breisgau-S-Bahn auf der Strecke Villingen - Hüfingen-Mitte gab es weitere erhebliche Verschiebungen. So ist verständlich, dass die Landkreise nicht für "Ringzüge" zahlen möchten, die sie zuvor als DB-Leistung voll vom Land bezahlt bekommen haben. Das Land hat deshalb bei diesen Ringzügen 100 % der Kosten schon bisher getragen. Es gibt Fahrten von Bräunlingen z.B. nach Leipferdingen, die im Abschnitt Bräunlingen - Villingen als Ringzug fahren (Kostenteilungsphilosophie 50:50), dann weiter nach Rottweil zu 100 % finanziert durch das Land und anschließend wieder als 50:50-finanzierter Ringzug nach Leipferdingen. Kostenmäßig lässt sich dies ja noch einigermaßen sauber regeln, aber was ist mit den Erträgen? Irgendwie ist es doch logisch, dass das Land bei Zügen, die es zu 100 % bezahlt, auch 100 % der in diesen Zügen erzielten Einnahmen gegenrechnen möchte. Insbesondere auf der Strecke Rottweil - Villingen, einer recht gut genutzten Ringzugverbindung, ändert sich der Finanzierungsschlüssel von Zug zu Zug und es ist nicht einfach, hier die Erlöse sauber zuzuscheiden. Aus dieser Sicht betrachtet ist es eine klare Lösung, dass das Land komplett den Ringzug bezahlt und dann auch komplett die Einnahmen erhält. Was auf der Schiene eingenommen wird, das ist dann Landesgeld, wie etwa auch bei vielen anderen Leistungen des Nah- und Regionalverkehrs, was auf Buslinien eingenommen wird, ist Geld der Landkreise, sofern sie den Verkehr über Bruttoverträge geregelt haben (Tuttlingen seit Jahrzehnten, der Schwarzwald-Baar-Kreis seit gut einem Jahr und vermutlich bald im ganzen Landkreisgebiet), lediglich in Rottweil, wo die Busverkehre durchweg eigenwirtschaftlich organisiert sind, verbleiben die Einnahmen dann bei den Busunternehmen.
Die Zusammenarbeit zwischen Zweckverband und Land war die vergangenen fast 20 Jahre gut. Das Land hat alle konstruktiven Überlegungen immer aufgegriffen und gut umgesetzt, siehe etwa die Entwicklung des Bahnverkehrs zwischen Rottweil und Bräunlingen, wo inzwischen im Prinzip der Landesstandard (von 5 - 24 Uhr ein täglicher Stundentakt) schon umgesetzt ist. Kern des Ringzuggedankens ist aber nicht ein im Ring herumfahrender Nahverkehrszug, sondern die Vernetzung der Buslinien mit der Schiene im Ringzuggebiet. Die Busse bedienen die Zubringerleistungen aus der Fläche, der Zug fährt die Fahrgäste weiter in die entlang der Schiene liegenden Zentren.
Sofern dieses Prinzip nicht angetastet wird, ist gegen die Kündigung eigentlich nichts einzuwenden.
Dass das Land - teilweise im Gegensatz zu der kommunalen Seite - viel offensiver an den Schienenverkehr herangeht, sieht man aktuell etwa im Raum Rottweil. Gut vorstellbar, dass man es dort begrüßt, dass man zukünftig weniger damit zu tun haben könnte.
Ein weiterer Grund dürfte aber auch sein, dass der Ringzug über kurz oder lang neue Fahrzeuge benötigt. Diese hat das Land bereits und will sie nach erfolgter Elektrifizierung im Ringzuggebiet einsetzen. Und landesweit geht der Trend ohnehin zu Bruttoverträgen des Landes mit den Verkehrsunternehmen, da wäre dann der Ringzug keine Sonderentwicklung mehr. Sofern sich also aus der bisherigen Philosophie "Bahn und Bus aus einem Guß" nichts wesentliches ändert, ist die Kündigung des Finanzierungsvertrags eigentlich eine logische Folge eingetretener Entwicklungen.
Viele Grüße vom Vielfahrer