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Interessenverband Gäubahn tagt in der kommenden Woche

Verfasst: Mi 8. Jul 2015, 22:39
von Vielfahrer
Am kommenden Montag tagt in Stuttgart der Interessenverband Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn. Es wird über die jüngsten Entwicklungen berichtet, insbesondere dürfte die zukünftige Führung über den Flughafen Stuttgart, wie sie zwischen Land, Region und DB nunmehr abgesprochen wurde, vorgestellt werden. Erfreulich ist es, dass die Planung der DB mittelfristig nunmehr von einer Durchbindung der IC von Zürich über Stuttgart nach Nürnberg ausgeht. Es wäre ja auch ein Treppenwitz gewesen, wenn man einen Durchgangsbahnhof baut und dann die IC-Linie wie bisher in Stuttgart geendet hätte.

In der Neuen Zürcher Zeitung von heute war im Übrigen ein Artikel zu lesen, der sich mit den Bahnverbindungen von der Schweiz ins Ausland befasste. Diese sind derzeit stark rückläufig in der Nachfrage, während man in der Schweiz auf Grund teilweise übervoller Züge nur noch von Transporten und nicht mehr von Beförderungen sprechen will. Die rückläufige Nachfrage ins Ausland wird u.a. auch auf die Fernbusse zurückgeführt, insbesondere auf der Achse Zürich - München. Geplant ist nun, dass ab 2020 die Fahrzeit dank Elektrifizierung der Allgäubahn sich deutlich verkürzt und die Bahn wieder wettbewerbsfähig wird. Auch zwischen Paris und Genf sollen die Bahnverbindungen verbessert werden. Geplant sind Non-Stop-Züge ! Von der Stuttgarter Strecke hingegen ist gar keine Rede mehr. Hier halten die IC ja zukünftig in Ortschaften wie Gäufelden und die Wirtschaftlichkeit soll durch Umpolung von S-Bahn-Reisenden zu IC-Reisenden über Tarifdifferenzzahlungen erreicht werden.

Nicht in diesem Artikel, aber aus einer anderen Information habe ich entnommen, dass die EC-Linie München - Zürich über Lindau-Reutin zukünftig nicht in Richtung Bern - Lausanne - Genf verlängert werden soll sondern ab Zürich nach Basel SBB durchgebenden werden soll. Damit wird wieder eine umsteigefreie Schnellverbindung von Lindau nach Basel geschaffen, die man auf deutscher Seite (VT 611 wurde ja ab Ulm nach Basel gefahren) aufgegeben hat. Angeblich sollen aber zwischen St. Gallen und Zürich noch zwei zusätzliche Halte eingelegt werden. Wie allgemein bekannt sein dürfte, wird die Linie Basel - München dann in Bregenz einen Nullknoten erhalten, den nächsten in Memmingen mit nur einem Zwischenhalt in Lindau-Reutin.

Viele Grüße vom Vielfahrer

Re: Interessenverband Gäubahn tagt in der kommenden Woche

Verfasst: Mo 13. Jul 2015, 17:40
von Vielfahrer
Sehr groß war heute die Nachfrage bei der Sitzung des Interessenverbands Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn im Hause des Verbands Region Stuttgart. Oberbürgermeister Beck aus Tuttlingen konnte als Stellvertreter des Verbandsvorsitzenden Guido Wolf zahlreiche Kollegen aus Deutschland und der Schweiz, Abgeordnete, Regionalverbandsdirektoren, Landkreisvertreter usw. begrüßen.

In Tagesordnungspunkt 1 berichtete der neue Konzernbevollmächtigte Sven Hantel über die Gäubahn, ließ allerdings Details durch Herrn Hetzel vortragen. Dieser hat für DB-Fernverkehr im Wesentlichen das Interimskonzept erarbeitet. Seitens DB-Netz wurde von Herrn Becker zu Fragen der Infrastruktur Stellung genommen.

Nach Hetzels Worten ist das Interimskonzept ein Quantensprung im Angebot auf der Gäubahn. Am Beispiel von Tuttlingen zeigte er die Reisezeitverkürzungen auf, die man sowohl ins deutsche Fernverkehrsnetz wie auch ins schweizerische Fernverkehrsnetz ab Ende 2015 bekommen wird. Der Fahrzeitgewinn von 30 Minuten ergibt sich durch die Drehung der Fahrlagen um 30 Minuten in Stuttgart. Statt 45 Minuten wartet man dann nur 15 Minuten. In der Schweiz sei die Drehung auf die Minute 30 ebenfalls sinnvoll, weil zu dieser Minute die schnellen Verkehre etwa nach Graubünden verkehren würden. Ab Ende 2017 sogar dann alle Stunden.
Rundweg alles erschien positiv. Auf Nachfrage des MdB Gastl von den Grünen musste die DB jedoch einräumen, dass ein Teil der Fahrtzeitverkürzungen durch entfallene Halte (Ergenzingen, Eutingen) hereingefahren wird.
Auf die kritische Frage eines Mitglieds des Landesnaturschutzrings, der die Verbesserungen im Fernverkehr durchaus positiv sah, sich aber nach den Verschlechterungen im Regionalverkehr erkundigen wollte, konnte seitens der DB keiner antworten. Auf diese Frage hatte man sich nicht vorbereitet gehabt.
MdB Gastl zufolge hat der Regionalverkehr in den zurückliegenden paar Jahren 15% auf der Gäubahn an Kunden gewonnen. Es interessiere ihn deswegen der Trend beim Fernverkehr auf der Gäubahn. Dazu bekam er zu hören, dass es dort kontinuierlich bergab gegangen sei. Dies aber wolle man jetzt durch Interim stoppen.
Weitere Fragen galten der Neigetechnik. Frager wollten wissen, warum diese in anderen Ländern funktioniere, in Deutschland jedoch nicht. Eine zufriedenstellende Antwort war auf diese Frage nicht zu erhalten. Dabei ging es weniger um die Zukunft als vielmehr um die Vergangenheit. Laut DB würde man alles derzeit alles untersuchen, die Infrastruktur und die Neigetechnik. Dazu riet dann MdB Gastl der DB, sie solle ihre Fahrzeuge der Landschaft und nicht die Landschaft der Bahn anpassen.

Ein Beitrag kam auch von der Interessengemeinschaft aus dem östlichen Württemberg/Franken, die sich um den Verkehr Stuttgart - Nürnberg kümmert. Etwas scherzhaft merkte der stellvertretende Verbandsdirektor der Region Ostwürttemberg an, dass man bald einen Landesverband der Interessengemeinschaften gründen könne. Die Aktivitäten der dortigen Interessengemeinschaft hätten bislang den Erfolg gehabt, dass man an allen IC-Stationen inzwischen Carsharing anbieten könne, dass das Bahnhofsumfeld verbessert werde, dass man Kooperationen mit benachbarten Interessenverbänden eingegangen sei, etwa auch über Nürnberg hinaus in östlicher Richtung nach Cheb - Prag. Man habe die Botschaft aber gerne vernommen, dass ab 2019 die Gäubahn nach Nürnberg durchgebenden werden soll (über die Murrbahn). Die Fernverkehrsoffensive der DB soll von der Interessengemeinschaft begleitet werden. Aber wenn er das richtig sehen würde, so würden die Fahrgäste in Nürnberg dann rund 50 Minuten warten, bis sie auf den nächsten Hochgeschwindigkeitszug von München über Nürnberg nach Berlin umsteigen könnten. Dem sei so, beschied der Vertreter von DB-Fernverkehr. Die Linie nach Nürnberg hänge etwa in Karlsruhe am ICE aus Basel und in Stuttgart am ICE nach München, so dass die Ankunftszeiten in Nürnberg eben nachrangig wären. Ab Stuttgart werde man auf Dauer schneller über Frankfurt nach Berlin fahren. Da würde die Hochgeschwindigkeitstrasse über Nürnberg - Erfurt nichts bringen. Dass die Linie aber etwa in Aalen oder Schwäbisch Gmünd auch Fahrgäste nach Berlin hätte, stimme zwar, aber der Anschluss in Karlsruhe sei aus Sicht der DB gesamthaft betrachtet wichtiger.

Die Vertreterin des Ministeriums für Infrastruktur und Verkehr berichtete über das vom Land in Auftrag gegebene Gutachten zur Gäubahn. Ziel sei, die Fahrzeit auf 2:15 zu verringern, um eine Kantenzeit von 2:30 zu erreichen. So sehe es der Vertrag von Lugano vor. Man untersuche konventionellen Betrieb als auch Neigetechnikbetrieb und wolle die Maßnahmen identifizieren (z.B. Infrastrukturausbau), die erforderlich wären, um diese Zielsetzung zu erreichen. Auch der Bund hat zur Gäubahn ein Gutachten in Auftrag gegeben. Laut DB-Netz-Verteter Becker würde es nicht mehr lange dauern, bis diese Studie vorläge. Im Herbst (2015) rechne man mit der Studie.

DB-Konzernbevollmächtigter Sven Hantel ergänzte noch, dass entlang der Gäubahn quasi ein Bahnhofsmodernisierungsprogramm aufgelegt worden sei. So würden Oberndorf und Sulz neue Bahnsteige bekommen und es wäre auch ein Durchstich in Oberndorf geschaffen worden. Die Summe dieser Bahnhofsmaßnahmen entspreche ungefähr den Kosten des zweigleisigen Ausbaus zwischen Horb und Neckarhausen. Dieser stehe im Übrigen außer Frage. Es habe aber wegen Verschärfungen im Bereich des Lärmschutzes (Wegfall des sog. Schienenbonus) eine Verzögerung von ca. 6 Monaten gegeben.

Zu Interim plus äußerte sich die DB skeptisch. Die grundsätzliche Fahrbarkeit von Interim plus hatte eine Studie von DB-Netz überprüft und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass diese unter bestimmten Voraussetzungen gegeben sei. So müsse etwa für einen stündlichen Halt in Engen der Bahnsteigzugang zum Mittelbahnsteig über einen schienenfreien Weg erfolgen. Dann könnten die IC tatsächlich stündlich in Engen halten. Weiteres Ergebnis des Testats von DB-Netz war es, dass die Zugkreuzungen in Oberndorf auch bei Interim plus funktionieren und dass man die Züge auch über das Gleis 1 (unmittelbar am Busbahnhof gelegen) leiten könnte, sofern dort eine Bahnsteigkante zur Verfügung stünde.

Ferner wurden von der DB-Netz Vorschläge unterbreitet, wie der Konflikt mit den sog. Verdichter-S-Bahnen (Stuttgart ab 8:20, 16:20 und 18:20) gelöst werden könnte. Dieser Konflikt entsteht, weil die zusätzlichen Halte in Sulz und Oberndorf den schnellen IC etwas langsamer machen, er also zur Erreichung der Kreuzungszeiten in Oberndorf in Stuttgart etwas früher los muss.

Dass sich die Anschlusszeiten bei Interim plus für Oberndorf und Sulz, die dann einen dem heutigen Stundentakt entsprechendes Angebot bekämen mit stimmigen Anschlüssen nach Villingen binnen weniger Minuten und mit Direktverbindungen nach Tuttlingen, Engen oder Singen - Zürich, sei die eine Sache, aber es gäbe auch Verschlechterungen für andere Reisende. Für die DB ist damit noch nicht klar, dass Interim plus seinen Namen zurecht trägt. Im Vergleich zu Interim meint die DB, dass auch der Name Interim minus möglich sei.

Der Oberndorf Bürgermeister Acker sprach sich dafür aus, dass die bei Interim plus gefundenen Lösungsansätze zu überprüfen sind. Auch der Horber Oberbürgermeister Rosenberger forderte eine Auseinandersetzung mit Interim plus, während für DB-Fernverkehr eher klar war, dass man Interim weiter verfolgen werde. Es fiel auch der Hinweis darauf, dass man schließlich mit dem Land einen Vertag abgeschlossen hätte. Wenn dieser aufgeknüpft würde und neu ausgehandelt werden müsse, werde es teurer werden.

Unter Verweis auf die 3 Mio. € Einsparungen, die der Interimsfahrplan dem Land bringt (vgl. Landtagsdrucksache), wurde vom Land erklärt, dass das zweierlei Paar Stiefel seien. Die Einsparungen von 3 Mio. € pro Jahr hätten nichts mit möglichen Nachforderungen der DB im Falle von Interim plus zu tun.

Danach wurde von Herrn Bitzer die zwischen Land, Stadt, Flughafen und Bahn geschaffene Variante des Flughafenbahnhofs vorgestellt. Bitzer erläuterte, dass man übereingekommen sei, den Planfeststellungsabschnitt 1.3, der vom Fildertunnel (südliches Ende) bis zur Stadtgrenze reicht, aufsplittern musste. Da davon auszugehen sei, dass S 21 und die NBS Wendlingen - Ulm zeigerecht fertig gestellt würden, müsse man den Flughafenbahnhof, was die Gäubahn beträfe, zumindest verfahrenstechnisch abtrennen, um nicht eine Inbetriebnahme von S 21 und der NBS nach Ulm dadurch zu belasten. Aus diesem Grund wird der Planfeststellungsabschnitt 1.3b nur die Verbindung zwischen Gäubahn und Einführung in die Hochgeschwindigkeitsstrecke beim Flughafen in Richtung Stuttgart umfassen, nicht jedoch den Flughafenbahnhof aus Richtung Ulm. Dieser Abschnitt wird zwar auch mit Hochdruck geplant, aber es ist wahrscheinlich, dass er erst später fertig wird.

Erwähnt wurde von Herrn Bitzer noch, dass die Gäubahn für die Dauer von 6 Monaten unterbrochen werden muss, weil die S-Bahn im Bereich der neuen Station Mittnachtstraße eine andere Lage bekäme. Während dieser Zeit solle die Gäubahn dann in Stuttgart-Vaihingen enden (Umstieg auf die S-Bahn oder Stadtbahn). Seitens der Schweiz wurde darauf hingewiesen, dass man die 6-monatige Sperre bereits als eine Zumutung betrachte, aber angesichts der Umstände sei dies ja nicht zu vermeiden. Dass nunmehr diese Sperrzeit aber noch deutlich länger als die genannten 6 Monate dauern soll, sei nicht hinnehmbar. Die DB wisse offenbar nicht, dass es auf der A 81 gut ausgelastete Fernbusse verschiedener Anbieter gäbe. Wenn die Strecke beispielsweise zwei oder drei Jahre lang nicht durchgehend befahren werden könne, wären die Fahrgäste weg und beim Fernbus. Die zusätzliche Sperre kommt ja daher, dass die Gäubahn nach Fertigstellung von S 21 außer Betrieb geht, weil sie nicht an den Tiefbahnhof angebunden werden kann außer über den Flughafen. Die Abtrennung des Abschnitts 1.3b diene zwar dem Gesamtprojekt, verlängere aber die Probleme der Gäubahn-Anlieger.

Ferner wurden den Ausführungen von DB-Fernverkehr widersprochen. Für die Schweiz sei es vollkommen klar, dass es sich um einen Interimsfahrplan handele. Anschließend müsse die Abfahrt in Zürich wieder auf den Nullknoten gelegt werden. Wenn man dann (hoffentlich) schnell fahre, so käme man in Stuttgart in den 30er-Knoten. Darüber lasse die Schweiz nicht mit sich reden. Man hätte zwar bis dahin schweizweit den Fernverkehr im 30-Minuten-Takt, zwischen Zürich und Bern sogar den 15-Minuten-Takt, aber die Gäubahn müsse aus Schweizer Sicht dauerhaft im Nullknoten in Zürich verkehren.

Viele Grüße vom Vielfahrer