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[RU] Russland 2014 – Tag 19 von 19: Diebesgrüße aus Moskau [m11B]

Verfasst: Sa 25. Apr 2015, 18:14
von Hannes
Dobri vetscher zum letzten Tagesbericht!

Gegen 4 Uhr herrschte bereits Hochbetrieb im Wagen, denn um 5 Uhr war Ankunft am Kasaner Bahnhof in Moskau. Von Sotschi aus hatten wir uns bereits noch einmal mit Sascha verabredet, den wir auf dem Hinweg kennengelernt hatten und er erwartete uns bereits am Bahnsteig. Noch etwas schläfrig ging es am Bahnsteig entlang, ein Bild der zwei nebeneinanderstehenden Züge musste natürlich sein. Über Nacht hatten wir abermals die Zuglok gewechselt:

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Zwei Skoda-Produkte präsentieren sich am frühen Morgen in Moskau an dem Bahnsteig, an dem auch meine erste Fernzugfahrt in Russland begonnen hatte. Schließt sich hier ein Kreis?

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Rückblick: Ein Jahr und elf Tage zuvor steht hier unser Zug nach Kasan.

Es gab großes Gedränge am Zugang zur Schalterhalle, durch die wir durchmussten. Das wollte ich mir nicht antun und daher abwarten, bis sich der Andrang etwas gelegt hatte. Dieses Ansinnen ließ ich jedoch bleiben, als ich mich nochmal zu den Gleisen umdrehte und entdeckte, dass noch zwei weitere 15-oder-mehr-Wagen-Fernzüge eingetroffen waren – klasse... Wohl fühlte ich mich in dem Gedrängel nicht, einmal quetschte sich einer vorbei. Beim nächsten wehrte ich mich etwas und fasste mir dabei auch mal wieder so an die Hosentaschen, um im nächsten Moment ein unangenehm leeres Gefühl in der linken vorderen zu haben. Denn da war kein Geldbeutel mehr, nur noch der Reisepass! Den Typen, der sich gerade vorbeigedrängelt hatte, habe ich festgehalten und Sascha alarmiert, wir haben uns dann vor zur Polizei gekämpft. Praktischerweise kam man so an der Sicherheitsschleuse vorbei. Der Angehaltene beteuerte natürlich seine Unschuld, aber zusammen ging es erstmal aufs Revier neben dem Bahnhof. Bei ihm fand man dann tatsächlich nichts, also den Falschen verdächtigt.

Alles auf dem Revier dauerte Ewigkeiten, vor allem, bis wir erstmal reinkamen. Im Vorraum stand ein Polizist mit Kalaschnikow, stets emsig kamen andere Polizisten vorbei, das Gepiepse der Dienstmarken an der elektronisch gesicherten Eingangstür war minütlich zu vernehmen. Immer wieder wurde geredet, Sascha war mir da eine große Hilfe. Irgendwann fragte der Mann mit der Kalaschnikow dann auch Sascha, woher ich denn sei und als er erfuhr, dass ich aus Dresden sei, meinte er, er wäre mit der Sowjetarmee in den 80er Jahren in der Nähe von Riesa stationiert gewesen.

Irgendwann waren wir dann drin, eine Arrestzelle konnte ich erspähen, wir warteten wieder Ewigkeiten, bis ein junger Kommissar o.ä. in einem kargen Büro ein Protokoll anfertigte und fragte, was alles im Geldbeutel gewesen sei und ob ich mir sicher sei, dass ich ihn noch beim Aussteigen aus dem Zug gehabt hätte. Es wurde auch eine Nachfrage bei der RZD eingeleitet, ob nicht doch im Wagen noch was gefunden wurde, was jedoch nach gut einer Stunde mit einer negativen Antwort endete. Zwischendurch musste ich auch einmal aufs Klo, wo Klopapier mal wieder Mangelware war, denn ich fand nur (oder wenigstens?) noch ein Blatt auf der Rolle. Noch ein Scheißgefühl, denn Ersatzrolle gab es natürlich nicht :-/

Nach zweieinhalb Stunden, während denen sich die anderen wieder in die Bahnhofshalle zurückgezogen hatten aufgrund der Kälte, trafen wir uns wieder und machten uns auf den Weg zu einem zweiten Frühstück, da kannte Sascha eine gute Kette. Ich legte inzwischen einen gewissen Galgenhumor an den Tag, denn wenigstens konnte mir jetzt der Geldbeutel nicht mehr geklaut werden :-D Über übermäßig viel Bargeld konnte sich der Dieb auch nicht freuen, denn es waren nur noch etwa 2.000 Rubel drin (damals etwa 40 Euro), von der alsbald gesperrten Kreditkarte und der EC-Karte gab es auch keine Abbuchungsversuche, ärgerlich war natürlich der Verlust weiterer Karten, die aber auch innerhalb kurzer Zeit wieder besorgt waren. Um eine extra Bearbeitungsgebühr zu umgehen, hab ich dann auch noch in Dresden Anzeige erstattet, wobei ich genauso lang warten durfte wie in Russland. Witzig war auch noch, dass die (ältere) Beamtin auf dem Bürgerbüro hier in Dresden keine Problem mit meinem kyrillisch beschrifteten Beleg von der Moskauer Polizei hatte. Im Westen hätte das sicherlich anders ausgesehen :-D

Vor dem Frühstück brachten wir unser Gepäck noch an den Kiewer Bahnhof, von dem aus wir später mit dem Aeroexpress zum Flughafen Wnukowo aufbrechen sollten. Etwas entlastet konnten wir dann an diesem trüben Tag noch etwas die Stadt besichtigen, wobei nach so langer Reisedauer, der kurzen Nacht und dem Erlebnis am Morgen ziemlich die Luft raus war.

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Das Europa-Einkaufszentrum zur Linken und in der Mitte der Blick auf Moskwa-City. Mit einmal nach rechts umdrehen hatte man dann einen Blick auf die Sowjetzeit mit einer der „Sieben Schwestern“, in der sich das russische Außenministerium befindet. Davon hab ich aber irgendwie kein Bild gemacht.

Sascha lud mich netterweise zum Frühstück ein, für das wir uns ausgiebig Zeit nahmen. Danach machten wir uns auf den Weg zur WDNCh, der Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft, die von 1990 bis 14. Mai 2014 den Namen „Allrussisches Ausstellunsgelände“ trug und laut Wikipedia nach der Übernahme durch die Stadt Moskau und einer Online-Umfrage mit 90 % Zustimmung für den alten Namen wieder umbenannt wurde.

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Schmuckverkauf und Riesenrad mit der Erinnerung an das 850-jährige Stadtjubiläum von 1997.

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Der zentrale Pavillon, auch im klar stalinistischen Stil.

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Eine weitere verkehrstechnische Sehenswürdigkeit musste zum Schluss noch sein: Die Monorail. Wir sind dann eine Runde bis zur Endstation Timiryasevskaya mitgefahren.

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Seit die Monorail tariflich der Metro gleichgestellt ist, steigen auch die Fahrgastzahlen, auch wenn es mit der teils parallel führenden Straßenbahn genauso schnell geht. Auf der Endstation gab es sogar Bahnsteigpersonal, welches abfertigte :-D

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Erst an dieser Monorailstation entdeckte ich auf dem Netzplan der Metro diese nette Symbolik, womit auch geklärt wäre, dass das Fotografieren in der Moskauer Metro kein Problem ist :-)

Wir begaben uns dann auf den Rückweg zum Kiewer Bahnhof, um dort auch nochmals etwas einkaufen zu gehen. Erfolglos war unser Versuch, noch Briefmarken aufzutreiben, das war uns auch die Tage vorher schon rausgegangen.

Der Fahrpreis des Aeroexpress war auch gegenüber dem Vorjahr um über 10 % gestiegen, nun kostete ein Ticket 400 Rubel anstatt damals 360. Die Fahrt bot nichts Spektakuläres, schlecht ausgeschildert war allerdings Vnukovo an dieser Stelle, denn wir brauchten eine ganze Weile, trotz Nachfragens, um zum richtigen Terminal zu gelangen. Mit genügend Pufferzeit war das aber kein Problem, wir konnten auch frühzeitig bei Germanwings einchecken. Ermattet vom Tag verbrachten wir noch eine Stunde neben der Duty-Free-Zone, bis wir in unseren Flieger durften.

Die Maschine, eine alte von der Lufthansa, vllt. sogar ein A320 (das wissen die mitfliegenden Luftfahrtfreunde sicher besser), klang nicht sonderlich gesund, es dröhnte zumindest mordsmäßig im Inneren. Ich hatte zum Glück mein Headset mit und konnte das etwas mit Musik übertönen, es war aber der bis dahin schrecklichste Flug für mich, passte ja zu diesem verkorksten Tag... Interessanterweise mussten wir diesen Flug übrigens in US-Dollar bezahlen.

Wohlbehalten landeten wir in Tegel, kamen schnell durch die Passkontrolle und sogar mein Rucksack kam mal flott vom Band, wo ich sonst immer das Pech hatte, eher erst zum Schluss dranzukommen. Die Mitfahrgelegenheit mit einem Vater eines Mitreisenden zurück nach Dresden war dann wieder etwas erbauender, wenn man auch mal wieder jemand gut gelauntes dabei hat. Am Abend war dann wieder Dresden erreicht und ich konnte mal wieder im heimischen Bett schlafen.

Damit war auch die zweite Russlandreise zu Ende, zehn russische Großstädte hab ich nun insgesamt auf beiden Reisen kennengelernt und auch, wo wie modernes Wagenmaterial im Land eingesetzt wird. Die Zeit war mal wieder zu kurz, dieses Mal hätten es doch weniger Stationen sein sollen, aber hinterher ist man immer klüger. Aber vielleicht ein Anlass für eine weitere Reise ;-)

Na swidanie,

Hannes

Re: [RU] Russland 2014 – Tag 19 von 19: Diebesgrüße aus Moskau [m11B]

Verfasst: Sa 25. Apr 2015, 19:23
von Dirk B
Hallo Hannes,

vielen Dank für den wieder mal hervorragenden Bericht mit tollen Bildern! Es macht einfach einen Riesenspaß, deinen Ausführungen zu folgen. Ich hoffe, dass du noch viele weitere Reisen unternimmst und uns dann anschließend in so toller Form daran teilhaben lässt. Fast so schön, wie selbst zu verreisen...

*daumenhoch*

Grüßle
Dirk

Re: [RU] Russland 2014 – Tag 19 von 19: Diebesgrüße aus Moskau [m11B]

Verfasst: So 26. Apr 2015, 08:47
von Bahner
Danke *daumenhoch*