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Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Mo 5. Mai 2014, 21:55
von Vielfahrer
Hallo,
morgen befasst sich der Verkehrsausschuss der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg u.a. mit der Donautalbahnstudie. Kern der Studie ist ja ein echter minutiöser Taktverkehr zwischen Sigmaringen und Ulm, um für die vielen Busse bessere Verknüpfungsstrukturen aufbauen zu können.
Im Abschnitt Sigmaringen - Tuttlingen - Immendingen soll der Zweistundentakt mittelfristig zu einem Stundentakt verdichtet werden, was ca. 240.000 zusätzliche Zugkilometer erfordert. Etwa für 2/3 sind entsprechende Umschichtungsvorschläge unterbreitet worden. Der Rest müsste finanziert werden, am besten natürlich durch mehr Kunden.
Vorgesehen und auch ausdrücklicher Wunsch des Landkreises Sigmaringen ist eine Übertragung des Schülerverkehrs zwischen Beuron und Sigmaringen auf die Schiene, wozu entsprechende Zwischenhalte (neu nur Gutenstein und Thiergarten) dienen sollen. Der Busverkehr soll dann deutlich zurückgefahren werden und verstärkt für andere Aufgaben eingesetzt werden.
In Besprechungen mit dem Ministerium wurde zwischenzeitlich die Studie ausgiebig diskutiert. Mein subjektiver Eindruck dabei ist, dass die Schnittmenge in der Zielsetzung größer ist als erwartet werden konnte. Insbesondere die stündliche Führung von Zügen anstelle einer zweistündlichen Bedienung fand Zustimmung, Umschichtungen als Finanzierungsquelle ebenso. Vom Land kam die Anregung, zumindest sukzessive mit der Umsetzung zu beginnen.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Mi 7. Mai 2014, 22:11
von Vielfahrer
Die IHK-Verkehrsausschusssitzung war mal wieder richtig interessant. Zunächst konnte die Firma Bucher Stahlhandel (in Zimmern ob Rottweil) ausführlich besichtigt werden. Die Halle, in welchen 70.000 Tonnen Spezialstahl pro Jahr umgeschlagen werden, hat etwa die Ausmaße zweier Fußballfelder. Täglich liefern ca. 50 bis 70 LKW Stahl an, mit welchem die Hochregallager gefüllt werden. Ebenso viele LKW bringen die gewünschte Ware zu Kunden im gesamten süddeutschen Raum und ins nahe Ausland. Sehr viele Eindrücke konnten den Teilnehmern vermittelt werden. Man glaubt gar nicht, was für leistungsfähige mittelständische Betriebe so in unserer Forumsgegend beheimatet sind. Das benötigte Personal wird überwiegend selbst ausgebildet und hat beste Berufsmöglichkeiten. Teilweise wird der Stahl auch bearbeitet und dann termingerecht zu den zahlreichen Kunden in der Region und im weiteren Umkreis transportiert. In logistischer Hinsicht hatte man den Eindruck, dass das alles top modern ist und optimal organisiert wird.
Bei der Ausschusssitzung selbst ging es schwerpunktmäßig um Themen des Personenverkehrs, so etwa um die Neuregelung des bisherigen § 45a PBefG. Den Planungen des Landes zufolge sollen die Mittel von 198,6 Mio. €, die bislang an die Verkehrsunternehmer gehen, zukünftig zu großen Teilen an die Aufgabenträger, also die Landkreise gehen. Eine Folge davon dürfte sein, dass viele Busunternehmen zukünftig rote Zahlen schreiben und um Zuschüsse nachsuchen müssen. Die Aufgabenträger haben dann zwar die entsprechenden finanziellen Mittel, können diese aber nicht so ohne Weiteres an die Unternehmen durchleiten. Vermutlich wird es zu einem verstärkten Ausschreibungswettbewerb kommen, weil welchem kleinere Busunternehmen es schwer haben dürften. Details der Reform werden derzeit noch abgestimmt. Das parlamentarische Verfahren soll im Herbst beginnen und ab 1.1.2016 soll die Neuregelung greifen.
Ein weiteres Personenbeförderungsthema war die Zukunftsstudie zur Donautalbahn. Wesentliche Zielsetzungen dieser Studie ist die Einführung eines exakten Stundentaktfahrplans. Dieser erfordert westlich von Sigmaringen ca. 240.000 zusätzliche Zugkilometer und östlich von Sigmaringen zwar keine Zugkilometer (dort gibt es schon annähernd einen Stundentakt) aber Investitionen in die Infrastruktur (z.B. Umbau Bahnhof Blaubeuren mit schienenfreien Zugängen oder einen neuen Kreuzungsbahnhof in Zwiefaltendorf sowie einen Bahnsteig in der 5.500-Einwohner-Kommune Ertingen). Von den 240.000 zusätzlichen Zugkilometern könnten aber etwa 2/3 durch Umschichtungen innerhalb der Region kompensiert werden.
Interessant war der Vortrag der Firma Bölog (Börsig Logistik) aus Fridingen, die das gesamte Bahnhofsgelände einschließlich des Bahnhofsgebäudes von Fridingen erworben hat. DB-Netz ist dort noch ein paar Jahre eingemietet. Börsig betreibt nicht nur das Sägewerk sondern den Umschlagbahnhof. Teilweise werden so lange Güterzüge gefahren, dass sie auf den 210 Metern keinen Platz haben. Dankbar war Herr Börsig für die Möglichkeit, dann seine langen Züge im 1,5 km langen Hammerwerksgleis abstellen zu können.
Die Bölog GmbH & Co KG repräsentiert den Bereich Logistik der Börsig Gruppe und ist der Betreiber des Container Terminals Fridingen (CTF) sowie der dazugehörigen Ladestraße. Börsig will Versendern und Spediteuren in der Region den Zugang zum System Eisenbahn einfach und effizient aufzeigen und somit wirtschaftliche Transporte im Kombiverkehr aus der Region heraus ermöglichen.
Wie von Herrn Börsig ausgeführt wurde, strebt er zweimal wöchentlich die Anbindung an die Nordseehäfen an, um Seefrachten als Regelverkehre anbieten zu können. Für Übersee werden Holzzuschnitte in Container verstaut und für den Export nach Japan, Indien und Pakistan bereitgestellt bzw. im Shuttle zu den Seehäfen verbracht.
Mein Eindruck war, dass da ein ganz fähiger Mittelständler agiert, dem man bei seinen Projekten nur größten Erfolg wünschen kann.
Weitere Informationspunkte waren dann vom IHK-Jugendbeirat Eindrücke über den öffentlichen Verkehr in der Region, wobei dieser speziell aus dem Blickwinkel jungendlicher Auszubildender betrachtet wurde, die mobil sein wollen aber noch nicht im Alter sind, in welchem sie mit dem PKW fahren dürfen. Das Angebot an Spätverbindungen in der Region wurde kritisch beleuchtet, wobei sich auch differenzierte Lösungen in den einzelnen Landkreisen zeigen.
Der stellvertretende Geschäftsbereichsleiter, Herr Mischa Groh von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, informierte über das Konzept einer Modell-Region im ländlichen Raum für nachhaltige Mobilität. In einigen Gesprächen mit dem Land konnten die Zielsetzungen inzwischen abgestimmt werden. Vorgesehen ist, in jedem Landkreis ein Projekt herauszugreifen und dies dann entsprechend modellhaft aufzubereiten, um es in einer weiteren Phase auf andere ähnlich strukturierte Räume übertragen zu können. Hierbei spielen neben dem regulären ÖPNV auch alternative Ansätze wie Car-Sharing oder E-Bike usw. eine wichtige Rolle.
Schließlich hat die IHK die Initiative mit befreundeten Kammern ergriffen, um speziell für den Bus eigene Sozialvorschriften zu entwickeln. Über den Stand der Bemühungen informierte der Referent des WBO für Lenk- und Ruhezeiten, Technik und Umwelt, Herr Martin Burkhardt. Seine Ausführungen stießen auf breite Zustimmung, wenngleich sie nur für Busfahrer gelten sollen und die Speditionsbranche deswegen in Teilen fürchtet, unter Druck zu kommen. Dennoch wurde auch von Seiten der Speditionsvertreter gefordert, den Faktor Mensch und seine Bedürfnisse viel stärker in den Mittelpunkt der Überlegungen zu rücken, also für das Fahrpersonal verträglichere Lösungen zu finden.
Alles in allem ein hochinteressanter Nachmittag mit engagierten Vertretern der Verkehrsunternehmen aus der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Mi 7. Mai 2014, 22:18
von Villinger
CTF? Davon habe ich ja noch nie was gehört, obwohl Ansgar Börsig gut weiß, wie sehr ich mich für die Bahn interessiere. Muss mal wieder bei ihm vorbeischauen.
Danke für den Bericht :Genial:
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Mi 7. Mai 2014, 22:46
von Vielfahrer
Fridinger hat geschrieben:CTF? Davon habe ich ja noch nie was gehört, obwohl Ansgar Börsig gut weiß, wie sehr ich mich für die Bahn interessiere. Muss mal wieder bei ihm vorbeischauen.
Das lohnt sich ganz bestimmt! Wie sagte Herr Börsig: "Am traditionellen Firmensitz der Firma Ansgar Börsig in Fridingen ist die Eisenbahn schon immer vor der Tür, die Anschrift Bahnhofstraße 101 kann dies nur bestätigen. Die Wiederaufnahme des Frachtverkehrs erfolgt nun nach anderen Kriterien wie vor 30 Jahren, liegt aber dennoch im Trend. Der Verkehr soll von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene verlagert werden. Das Vorbild des Personennahverkehrs hat gerade in Fridingen gezeigt, wie Verkehr erfolgreich zurück zur Schiene geleitet werden kann.
Die Formulierungen stammen nicht von mir. Ich habe sie aus einem Info-Prospekt der Firma Börsig-Logistik entnommen. Ich kann nur sagen: Ein Glücksfall für die Region, dieser Unternehmer!
Fridingen ist weit und breit der leistungsfähigste Container-Bahnhof. Singen ist nicht für den nordwärts gerichteten Verkehr ausgelegt. Ulm und Kornwestheim sind natürlich bedeutender und bleiben dies auch. Aber Herrn Börsig geht es um möglichst kurze Vor- und Nachläufe mit LKWs. Aktuell werden ca. 10.000 t in Fridingen umgeschlagen, was immerhin ca. 500 LKWs ersetzt. Folgt man Herrn Börsigs Ansätzen, so lässt sich dieser Entlastungseffekt für die Straßen noch enorm steigern.
Weil die Aktivitäten so spannend sind, die Herr Börsig da in Gang bringt, wird übrigens eine der kommenden Sitzungen des IHK-Verkehrsausschusses dazu genutzt werden, die Umschlagvorgänge vor Ort zu besichtigen. Von guten Beispielen hören und sie dann aber funktionierend erleben, das sind schon noch Unterschiede.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Mi 7. Mai 2014, 23:49
von Villinger
Da werde ich ihn mal fragen, ob ich an dem Termin auch kommen kann. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass das so laufen würde. Früher sind auf dem Gleis teilweise monatelang keine Wagen rumgestanden und jetzt 10.000 Tonnen im Monat/Jahr (?).
Wenn jetzt noch das gleiche im Personenverkehr passiert :Frol:
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Do 8. Mai 2014, 14:45
von Vielfahrer
Hallo Fridinger,
Herr Börsig rechnete konservativ. Er nannte die Zahl von 10.000 t und hat sicherlich ein Jahr gemeint. Das ganze illustrierte er mit einer LKW-Schlange im Donautal (Fotomontage). Er meinte, dass die von ihm umgeschlagene Transportmenge etwa 500 LKW im Jahr ersetzen würde (also 500 x 20 t = 10.000 t). Als an der Natur im Donautal Begeisterter ist ihm das offenbar viel Anstrengungen wert.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Do 8. Mai 2014, 22:36
von Lueger
Müssen diese Güter nicht erst auf der Strasse ins Donautal (womöglich auch aus Tuttlingen...) hineingefahren werden? Ich nehme ja nicht an, dass da in Fridingen so viele Container befüllt werden!? Sein Holz transportiert er doch eher anders?
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Fr 9. Mai 2014, 11:55
von Vielfahrer
Das dürfte so sein. Der Container-Bahnhof Fridingen hat ein relativ großes Einzugsgebiet. Singen stellt, wie Herr Börsig sagte, mit seinem großen Containerumschlagsbahnhof letztlich keine Konkurrenz dar, weil hier schwerpunktmäßig der südwärts gerichtete alpenquerende Verkehr stattfindet. Die nächsten Containerbahnhöfe befinden sich in Ulm-Beimerstetten, Kornwestheim oder im Rheintal. Wie auf der IHK-Ausschusssitzung aber erwähnt wurde, geht es voran mit dem Container-Bahnhof in Eutingen im Gäu. Dieser dürfte für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg durchaus auch von Interesse sein, weil sich die Containertransporte aus der Region über die A81 nach Kornwestheim dann die Staus rund um Stuttgart herum sparen können.
Wie ausgeführt wurde, wird in Fridingen auch Holz verladen, welches gar nicht von der Firma Börsig bearbeitet wird. Der Containerbahnhof ist einfach ein weiteres Standbein der Firma.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Fr 9. Mai 2014, 13:51
von Tf Reinhard
Wäre der nordwärts fahrende Verkehr dann was für die Gäubahn über Tuttlingen - Rottweil oder vielleicht sogar die Schwarzwaldbahn über Villingen? In Villingen werden ja doch immer wieder Züge zusammengestellt. Und wer weiß, vielleicht steht in Immendingen irgendwann doch mal eine Diesellok... träumt
Reinhard
Re: Sitzung des IHK-Verkehrsausschusses
Verfasst: Fr 9. Mai 2014, 23:04
von Hannes
Das CTF gibt´s offiziell ja schon einige Jahre, nur habe ich dort bisher auch noch nie groß etwas von Verkehren mitbekommen. Bei der Eröffnung gab es in einer Fachzeitschrift etwas von einer Art "Ringzugkonzept" zu lesen, wo Containerwagen als Zubringer zu den Terminals Kornwestheim und Beimerstetten gefahren werden sollten, um dort an langlaufende Züge gehängt zu werden. Das fand ich damals schon ambitioniert und ich hätte auch nicht mitbekommen, dass jemals ein solcher Zug im Dreieck Kornwestheim-Fridingen-Beimerstetten gefahren wäre.
Es ist zu wünschen, dass es mit den Hamburgverkehren eher klappt!
Grüße, Hannes