Das Debakel von Mainz
Verfasst: Sa 12. Okt 2013, 20:49
Der stellvertretende Vorsitzende und Geschäftsführer der GRV (Gesellschaft für Rationale Verkehrspolitik e.V.), Wolfgang Dietrich Mann, hat in der Folge 97 der GRV-Nachrichten einen interessanten Beitrag geschrieben, den ich Euch nicht vorenthalten möchte.
"Von fünfzehn Fahrdienstleitern des Stellwerks Mainz Hauptbahnhof waren drei im Urlaub und vier krank - die DB AG konnte Anfang August den Betrieb in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt nicht mehr vollständig aufrechterhalten. Viele Züge fuhren den Mainzer Hauptbahnhof nicht mehr an, sondern wurden über andere Strecken um Mainz herum umgeleitet.
Mit Verlaub: Bei nüchterner Betrachtung waren die verkehrlichen Auswirkungen doch stark lokal begrenzt. Bundesweit gab es kaum relevante Verspätungen oder gar Zugausfälle, die ursächlich auf die Situation in Mainz zurückgeführt werden konnten.
Dennoch: Sieben an ihrem Arbeitsplatz fehlende Personen waren der Anlass für tagelang bundesweite Schlagzeilen aller Medien. Wo gibt es denn so etwas?
In der öffentlichen und veröffentlichten Meinung war die Ursache dann auch schnell gefunden: Der frühere DB-Vorstand Hartmut Mehdorn hätte für den von ihm (offenbar von ihm ganz alleine) angestrebten Börsengang des DB-Konzerns das Unternehmen systematisch kaputt-gespart, und die Meinungsmacher scheinen fast erleichtert zu sein, dass endlich Auswirkungen davon sichtbar werden.
Manchmal ist es dann aber doch geboten, einmal die Fakten zu betrachten (auch wenn dann vielleicht ein so schön gemaltes Weltbild zusammenbrechen kann).
Hartmut Mehdorn hatte seinen Rücktritt auf der Bilanz-Pressekonferenz des DB-Konzerns am 30. März 2009 verkündet. Die Nachfolge trat Dr. Rüdiger Grube zum 01.Mai 2009 an. Die Zeit seither ist länger als eine Legislaturperiode des Deutschen Bundestags respektive eine Amtszeit der Bundesregierung! Und in dieser langen Zeit hat es kein mit der aktuellen Situation in Mainz vergleichbares Problem gegeben.
Das betroffene Stellwerk in Mainz ist Eisenbahn-Infrastruktur und gehört zur DB-Netz AG. Schon seit dem Jahr 2007 ist klar, dass allenfalls die Transport-Sparten des DB-Konzerns an die Börse gebracht würden; sie wurden im ersten Halbjahr 2008 in der DB Mobilität Logistics AG zusammengefasst. Die darüber stehende Deutsche Bahn AG, zu welcher die Infrastruktur-Unternehmen DB Netz AG, DB Station&Service sowie DB Energie GmbH unmittelbar gehören, soll immer zu einhundert Prozent im Besitz des Bundes bleiben.
Zwischen-Fazit: Weder das Thema "Börsengang" noch der frühere DB-Vorstand Hartmut Mehdorn können überhaupt die Ursache des Debakels von Mainz sein.
In der dennoch verbreiteten Auffassung, dass es am Börsengang läge, steckt indirekt die Behauptung, dass die Finanzierung über Börsen was Schlechtes wäre. Demnach müsste unsere gesamte Volkswirtschaft ziemlich marode sein. Ist sie aber nicht.
Wenn in Mainz (und anderswo) Betriebsräte beklagen, dass zu wenige Fahrdienstleiter angestellt sind, und deswegen die vorhandenen Fahrdienstleiter massiv Überstunden leisten und ihre Urlaubs-Ansprüche oftmals aufschieben müssen, dann ist dies aus Sicht der Kapital-Eigner eines Unternehmens keine gute Unternehmensführung: in ihren Augen leuchten dabei keineswegs Dollarzeichen. Allenfalls in kameralistisch geführten Behörden wäre es eine Einsparung, wenn im laufenden Haushaltsjahr fehlendem Personal keine Löhne ausbezahlt werden müssen. In der kaufmännischen Buchführung hingegen müssen für die Überstunden und Urlaubs-Ansprüche der vorhandenen Mitarbeiter Rückstellungen gebildet werden. Und wenn wegen fehlender Mitarbeiter Geschäfte nicht getätigt werden können oder die Qualität leidet, schlägt dies schnell auf die Umsatzseite durch. Und ein schlechtes Image steigert auch nicht den Wert des Unternehmens.
Man sollte das Debakel von Mainz als das behandeln, was es ist: Ein krasser und peinlicher Fehler in der Unternehmensführung. Die Ursachen sind zu korrigieren. Nicht ohne Grund gab es schon im Frühjahr personelle Konsequenzen im Vorstand der DB Netz AG, und weitere Maßnahmen sind angekündigt. Darüber hinausgehende Schlüsse gehen an der Wirklichkeit vorbei und helfen niemand weiter."
Der Autor Wolfgang Mann wohnte früher an der Zollernbahn in Belsen bei Mössingen, wo er sein Abitur gemacht hat. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter engagierte er sich für einen besseren Schienennahverkehr. Profitiert hat davon insbesondere der Haltepunkt Bodelshausen, der von einer geringen zweistelligen Anzahl an Reisenden inzwischen auf eine gute vierstellige Nutzerzahl pro Tag gebracht werden konnte.
Viele Grüße vom Vielfahrer
"Von fünfzehn Fahrdienstleitern des Stellwerks Mainz Hauptbahnhof waren drei im Urlaub und vier krank - die DB AG konnte Anfang August den Betrieb in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt nicht mehr vollständig aufrechterhalten. Viele Züge fuhren den Mainzer Hauptbahnhof nicht mehr an, sondern wurden über andere Strecken um Mainz herum umgeleitet.
Mit Verlaub: Bei nüchterner Betrachtung waren die verkehrlichen Auswirkungen doch stark lokal begrenzt. Bundesweit gab es kaum relevante Verspätungen oder gar Zugausfälle, die ursächlich auf die Situation in Mainz zurückgeführt werden konnten.
Dennoch: Sieben an ihrem Arbeitsplatz fehlende Personen waren der Anlass für tagelang bundesweite Schlagzeilen aller Medien. Wo gibt es denn so etwas?
In der öffentlichen und veröffentlichten Meinung war die Ursache dann auch schnell gefunden: Der frühere DB-Vorstand Hartmut Mehdorn hätte für den von ihm (offenbar von ihm ganz alleine) angestrebten Börsengang des DB-Konzerns das Unternehmen systematisch kaputt-gespart, und die Meinungsmacher scheinen fast erleichtert zu sein, dass endlich Auswirkungen davon sichtbar werden.
Manchmal ist es dann aber doch geboten, einmal die Fakten zu betrachten (auch wenn dann vielleicht ein so schön gemaltes Weltbild zusammenbrechen kann).
Hartmut Mehdorn hatte seinen Rücktritt auf der Bilanz-Pressekonferenz des DB-Konzerns am 30. März 2009 verkündet. Die Nachfolge trat Dr. Rüdiger Grube zum 01.Mai 2009 an. Die Zeit seither ist länger als eine Legislaturperiode des Deutschen Bundestags respektive eine Amtszeit der Bundesregierung! Und in dieser langen Zeit hat es kein mit der aktuellen Situation in Mainz vergleichbares Problem gegeben.
Das betroffene Stellwerk in Mainz ist Eisenbahn-Infrastruktur und gehört zur DB-Netz AG. Schon seit dem Jahr 2007 ist klar, dass allenfalls die Transport-Sparten des DB-Konzerns an die Börse gebracht würden; sie wurden im ersten Halbjahr 2008 in der DB Mobilität Logistics AG zusammengefasst. Die darüber stehende Deutsche Bahn AG, zu welcher die Infrastruktur-Unternehmen DB Netz AG, DB Station&Service sowie DB Energie GmbH unmittelbar gehören, soll immer zu einhundert Prozent im Besitz des Bundes bleiben.
Zwischen-Fazit: Weder das Thema "Börsengang" noch der frühere DB-Vorstand Hartmut Mehdorn können überhaupt die Ursache des Debakels von Mainz sein.
In der dennoch verbreiteten Auffassung, dass es am Börsengang läge, steckt indirekt die Behauptung, dass die Finanzierung über Börsen was Schlechtes wäre. Demnach müsste unsere gesamte Volkswirtschaft ziemlich marode sein. Ist sie aber nicht.
Wenn in Mainz (und anderswo) Betriebsräte beklagen, dass zu wenige Fahrdienstleiter angestellt sind, und deswegen die vorhandenen Fahrdienstleiter massiv Überstunden leisten und ihre Urlaubs-Ansprüche oftmals aufschieben müssen, dann ist dies aus Sicht der Kapital-Eigner eines Unternehmens keine gute Unternehmensführung: in ihren Augen leuchten dabei keineswegs Dollarzeichen. Allenfalls in kameralistisch geführten Behörden wäre es eine Einsparung, wenn im laufenden Haushaltsjahr fehlendem Personal keine Löhne ausbezahlt werden müssen. In der kaufmännischen Buchführung hingegen müssen für die Überstunden und Urlaubs-Ansprüche der vorhandenen Mitarbeiter Rückstellungen gebildet werden. Und wenn wegen fehlender Mitarbeiter Geschäfte nicht getätigt werden können oder die Qualität leidet, schlägt dies schnell auf die Umsatzseite durch. Und ein schlechtes Image steigert auch nicht den Wert des Unternehmens.
Man sollte das Debakel von Mainz als das behandeln, was es ist: Ein krasser und peinlicher Fehler in der Unternehmensführung. Die Ursachen sind zu korrigieren. Nicht ohne Grund gab es schon im Frühjahr personelle Konsequenzen im Vorstand der DB Netz AG, und weitere Maßnahmen sind angekündigt. Darüber hinausgehende Schlüsse gehen an der Wirklichkeit vorbei und helfen niemand weiter."
Der Autor Wolfgang Mann wohnte früher an der Zollernbahn in Belsen bei Mössingen, wo er sein Abitur gemacht hat. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter engagierte er sich für einen besseren Schienennahverkehr. Profitiert hat davon insbesondere der Haltepunkt Bodelshausen, der von einer geringen zweistelligen Anzahl an Reisenden inzwischen auf eine gute vierstellige Nutzerzahl pro Tag gebracht werden konnte.
Viele Grüße vom Vielfahrer