45.000 Fahrgäste pro Spitzenstunde in Zürich erwartet
Verfasst: Mo 9. Sep 2013, 21:16
Auf der Gäubahn wird ja zukünftig mit dem stündlichen IC südlich von Horb ein Sitzplatzangebot von ca. 500 Plätzen pro Stunde und Richtung angeboten. Eine der stärksten Strecken in unserer Gegend ist der Abschnitt Hinterzarten - Freiburg. Dem Vernehmen nach müssen dort in der Spitzenstunde 2.000 Personen pro Richtung befördert werden!
Heute nun las ich in der NZZ einen höchst interessanten Artikel zur Situation in der Schweiz. Der Korrenspondent Stefan Hotz führt dazu aus:
Auf der Bahnverbindung Zürich - Winterthur wird die Nachfrage bis Ende des nächsten Jahrzehnts um 75% steigen. Die SBB wollen bis 2019 technisch das Maximum aus der Strecke herausholen. Dann hilft nur noch der Brüttener Tunnel.
Wie profitieren Bahnkunden im Raum Zürich vom ersten Ausbauabschnitt bis 2025 im Rahmen von Fabi? Über diese Bundesvorlage für die Finanzierung und den Ausbau von Bahninfrastruktur wird voraussichtlich im Februar abgestimmt. Die korrekte Antwort lautet: durch den Halbstundentakt zwischen Zürich und Chur sowie zwischen Sargans und Buchs im Rheintal und dank längeren Zügen auf der Südostbahn.
Das sind nicht die dringendsten Engpässe aus Zürcher Sicht. Mit der Eröffnung der Durchmesserlinie und den 4. Teilgergänzungen der S-Bahn wird jedoch bis Ende 2018 das Angebot auf dem Zürcher Schienennetz erheblich verbessert. Dann ist der Halbstundentakt flächendeckend Realität. Außerdem hat der Zürcher Regierungsrat erreicht, dass die Projektierung des Brüttener Tunnels und des Bahnhofsausbaus am Stadelhofen auf 4 Gleise verbindlich Teil der Fabi-Vorlage ist. 2017/18 wird entschieden, ob die beiden Vorhaben bis 2030 gebaut werden.
Tatsache ist, dass ab 2019 eine Investitionspause folgt. Die Zunahme der Pendlerströme wird jedoch weitergehen. In einem kleinen Seminar haben die Veranwortlichen der SBB, namentlich Philippe Gauderon, Leiter Infrastruktur, und daria Martiononi, Leiterin Netzentwicklung, am Freitag erläutert, wie die Verkehrszunahme bewältigt werden soll. Ort war nicht von ungefähr Winterthur. Zwischen Zürich und der Eulachstadt wird die Nachfrage am meisten steigen, gegenüber 2007 bis 2030 auf das Doppelte. Das ist in absoluten Zahlen (Spitzenbelastung knapp 14.000 Fahrgäste/Stunde!) und prozentual weit mehr als auf anderen Bahnkorridoren. Grund ist, dass sich auf dieser Achse der Pendelverkehr aus mehreren Richtungen - St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen - überlagert. Um zu reagieren, stehen den SBB immerhin und zugesichert rund 750 Millionen Franken zur Verfügung.
Die erste Verbesserung, die Überwerfung Hürlistein, ist Ende Jahr bereit. Die Entflechtung an der Abzweigung Flughafenlinie bei Lindau und ein Überholgleis für Güterzüge in Winterthur bringen mehr Stabilität im Fahrplan. Mit Weichen für den Spurwechsel, dem 4. Gleis Hürlistein - Effretikon, das im Bau ist, und einer Reduktion der Zugfolgezeiten kann ab 2016 die Kapazität auf den zwei Gleisen zwischen Effretikon und Winterthur von heute 500 auf 570 Züge im Tag erhöht werden. Der größte Schritt folgt Ende 2018 mit Entflechtungen in Kloten, Anpassungen in Winterthur und kürzeren Zugfolgezeiten auch zwischen Flughafen und Effretikon. Danach können im Tag 670 Züge den verbleibenden Doppelspurabschnitt passieren, was laut Martinoni das planbare Maximum ist.
Für eine weitere Leistungssteigerung ist der Bau des Brüttener Tunnels für rund 2,2 Milliarden Franken unumgänglich. Der Entscheid für die unterirdische Variante sei noch nicht gefallen, erklärte Martinoni. Für die Verantwortlichen der SBB ist der Tunnel jedoch gesetzt, zumal der Projektierungkredit in Fabi explizit für diesen Zweck reserviert ist. Der Ausbau der heutigen Strecke auf 4 Spuren würde insgesamt nicht wesentlich weniger kosten, wurde erklärt. Der Brüttener Tunnel habe den Vorteil, dass der Bau den Bahnbetrieb nicht störe.
Bis mindestens 2030 bleibt ein Engpass, der in den Zügen spürbar wird. Gemäß SBB-Angaben kann bis 2019 der Anstieg der Passagierzahl gegenüber heute um etwa 20% aufgefangen werden. Bis 2025/30 wird die Nachfrage aber weiter um 45 bis 75 Prozent zunehmen. Da die SBB Bahnkunden zwischen Zürich und Winterthur bei einer Fahrzeit von rund 20 Minuten Sitzplätze anbieten wollen, entspricht die Differenz zum Angebot gemäß der Grafik (Anmerkung: die ich leider nicht einfügen kann) den Stehplätzen, die zu den Haupterkehrszeiten in Kauf zu nehmen sind.
Folgende Belastungszahlen (Verkehrsaufkommen in der Spitzenstunde (!)) enthält die Grafik:
Horgen - Zürich ca. 3.800 Pers./h
Zug - Zürich ca. 2.000 Pers./h
Affoltern a. A. - Zürich ca. 3.000 Pers./h
Dietikion - Zürich ca. 4.800 Pers./h
Regensdorf - Zürich ca. 2.000 Pers./h
Bülach - Zürich ca. 5.900 Pers./h
Winterthur - Zürich ca. 13.200 Pers./h
Uster/Wetzikon - Zürich ca. 7.000 Pers./h
Meilen - Zürich ca. 4.000 Pers./h
Mit der Schiene fahren also ca. 45.000 Pers./Spitzenstunde nach Zürich. Gigantisch. Das sind grob 20 mal mehr als wir im Höllental, das uns als Meßlatte dient.
Ich habe nur einmal ein Beförderungsvolumen von 2 Millionen Menschen gesehen, die binnen weniger Stunden befördert werden wollten, nämlich beim Silvesterfeuerwerk in Rio de Janeiro an der Copacabana, wo man zur Steuerung des Verkehrsaufkommens nur Fahrscheine kaufen kann, die für ein kleines Zeitfenster der U-Bahn-Linie gelten. Für PKW gilt eine komplette Sperrung. Tausende von Stadtbussen stehen in 4 Parallelstraßen zur Küstenstraße für den Rücktransport bereit.
In Zürich aber wird das Alltag sein. Das kann das System Bahn. Und hierzulande rollen schwach besetzte Züge und Busse (außerhalb der Verkehrsspitze versteht sich).
Viele Grüße vom Vielfahrer
Heute nun las ich in der NZZ einen höchst interessanten Artikel zur Situation in der Schweiz. Der Korrenspondent Stefan Hotz führt dazu aus:
Auf der Bahnverbindung Zürich - Winterthur wird die Nachfrage bis Ende des nächsten Jahrzehnts um 75% steigen. Die SBB wollen bis 2019 technisch das Maximum aus der Strecke herausholen. Dann hilft nur noch der Brüttener Tunnel.
Wie profitieren Bahnkunden im Raum Zürich vom ersten Ausbauabschnitt bis 2025 im Rahmen von Fabi? Über diese Bundesvorlage für die Finanzierung und den Ausbau von Bahninfrastruktur wird voraussichtlich im Februar abgestimmt. Die korrekte Antwort lautet: durch den Halbstundentakt zwischen Zürich und Chur sowie zwischen Sargans und Buchs im Rheintal und dank längeren Zügen auf der Südostbahn.
Das sind nicht die dringendsten Engpässe aus Zürcher Sicht. Mit der Eröffnung der Durchmesserlinie und den 4. Teilgergänzungen der S-Bahn wird jedoch bis Ende 2018 das Angebot auf dem Zürcher Schienennetz erheblich verbessert. Dann ist der Halbstundentakt flächendeckend Realität. Außerdem hat der Zürcher Regierungsrat erreicht, dass die Projektierung des Brüttener Tunnels und des Bahnhofsausbaus am Stadelhofen auf 4 Gleise verbindlich Teil der Fabi-Vorlage ist. 2017/18 wird entschieden, ob die beiden Vorhaben bis 2030 gebaut werden.
Tatsache ist, dass ab 2019 eine Investitionspause folgt. Die Zunahme der Pendlerströme wird jedoch weitergehen. In einem kleinen Seminar haben die Veranwortlichen der SBB, namentlich Philippe Gauderon, Leiter Infrastruktur, und daria Martiononi, Leiterin Netzentwicklung, am Freitag erläutert, wie die Verkehrszunahme bewältigt werden soll. Ort war nicht von ungefähr Winterthur. Zwischen Zürich und der Eulachstadt wird die Nachfrage am meisten steigen, gegenüber 2007 bis 2030 auf das Doppelte. Das ist in absoluten Zahlen (Spitzenbelastung knapp 14.000 Fahrgäste/Stunde!) und prozentual weit mehr als auf anderen Bahnkorridoren. Grund ist, dass sich auf dieser Achse der Pendelverkehr aus mehreren Richtungen - St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen - überlagert. Um zu reagieren, stehen den SBB immerhin und zugesichert rund 750 Millionen Franken zur Verfügung.
Die erste Verbesserung, die Überwerfung Hürlistein, ist Ende Jahr bereit. Die Entflechtung an der Abzweigung Flughafenlinie bei Lindau und ein Überholgleis für Güterzüge in Winterthur bringen mehr Stabilität im Fahrplan. Mit Weichen für den Spurwechsel, dem 4. Gleis Hürlistein - Effretikon, das im Bau ist, und einer Reduktion der Zugfolgezeiten kann ab 2016 die Kapazität auf den zwei Gleisen zwischen Effretikon und Winterthur von heute 500 auf 570 Züge im Tag erhöht werden. Der größte Schritt folgt Ende 2018 mit Entflechtungen in Kloten, Anpassungen in Winterthur und kürzeren Zugfolgezeiten auch zwischen Flughafen und Effretikon. Danach können im Tag 670 Züge den verbleibenden Doppelspurabschnitt passieren, was laut Martinoni das planbare Maximum ist.
Für eine weitere Leistungssteigerung ist der Bau des Brüttener Tunnels für rund 2,2 Milliarden Franken unumgänglich. Der Entscheid für die unterirdische Variante sei noch nicht gefallen, erklärte Martinoni. Für die Verantwortlichen der SBB ist der Tunnel jedoch gesetzt, zumal der Projektierungkredit in Fabi explizit für diesen Zweck reserviert ist. Der Ausbau der heutigen Strecke auf 4 Spuren würde insgesamt nicht wesentlich weniger kosten, wurde erklärt. Der Brüttener Tunnel habe den Vorteil, dass der Bau den Bahnbetrieb nicht störe.
Bis mindestens 2030 bleibt ein Engpass, der in den Zügen spürbar wird. Gemäß SBB-Angaben kann bis 2019 der Anstieg der Passagierzahl gegenüber heute um etwa 20% aufgefangen werden. Bis 2025/30 wird die Nachfrage aber weiter um 45 bis 75 Prozent zunehmen. Da die SBB Bahnkunden zwischen Zürich und Winterthur bei einer Fahrzeit von rund 20 Minuten Sitzplätze anbieten wollen, entspricht die Differenz zum Angebot gemäß der Grafik (Anmerkung: die ich leider nicht einfügen kann) den Stehplätzen, die zu den Haupterkehrszeiten in Kauf zu nehmen sind.
Folgende Belastungszahlen (Verkehrsaufkommen in der Spitzenstunde (!)) enthält die Grafik:
Horgen - Zürich ca. 3.800 Pers./h
Zug - Zürich ca. 2.000 Pers./h
Affoltern a. A. - Zürich ca. 3.000 Pers./h
Dietikion - Zürich ca. 4.800 Pers./h
Regensdorf - Zürich ca. 2.000 Pers./h
Bülach - Zürich ca. 5.900 Pers./h
Winterthur - Zürich ca. 13.200 Pers./h
Uster/Wetzikon - Zürich ca. 7.000 Pers./h
Meilen - Zürich ca. 4.000 Pers./h
Mit der Schiene fahren also ca. 45.000 Pers./Spitzenstunde nach Zürich. Gigantisch. Das sind grob 20 mal mehr als wir im Höllental, das uns als Meßlatte dient.
Ich habe nur einmal ein Beförderungsvolumen von 2 Millionen Menschen gesehen, die binnen weniger Stunden befördert werden wollten, nämlich beim Silvesterfeuerwerk in Rio de Janeiro an der Copacabana, wo man zur Steuerung des Verkehrsaufkommens nur Fahrscheine kaufen kann, die für ein kleines Zeitfenster der U-Bahn-Linie gelten. Für PKW gilt eine komplette Sperrung. Tausende von Stadtbussen stehen in 4 Parallelstraßen zur Küstenstraße für den Rücktransport bereit.
In Zürich aber wird das Alltag sein. Das kann das System Bahn. Und hierzulande rollen schwach besetzte Züge und Busse (außerhalb der Verkehrsspitze versteht sich).
Viele Grüße vom Vielfahrer