Hannes hat geschrieben:Ich würde mir auch wünschen, dass so manche Tarifkooperation in einer Fusion mündet (z.B. htv mit DING, VSB mit TUTicket mit VVR)
Hallo Hannes,
was den Tarif betrifft, so arbeiten TUTicket, VSB und VVR schon vom 1. Tag an zusammen, das sind inzwischen 8 1/2 Jahre. Seit dem Start des Ringzugs am 30.08.2003 ist es möglich, mit einem Fahrschein von jeder x-beliebigen Bushaltestelle des VVR zu jeder x-beliebigen Bushaltestelle im TUTicket-Gebiet zu fahren und dabei Ringzug, DB, private Buslinien oder die DB-Töchter SBG/RVS zu nutzen. Gleiches natürlich auch mit dem VSB. Das geht äußerst einfach, nur die Leute von Pro Bahn hatten es damals nicht kapiert und sich über den Tarif lustig gemacht, weshalb ich dort zum Glück ausgetreten bin, schon Jahre ehe ich dies wegen deren Haltung in anderen Bahnfragen jetzt noch getan hätte.
Der Ringzugtarif (er wird als 3er-Tarif vermarktet) gilt von jeder Haltestelle zu jeder anderen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Dass im Hintergrund, wenn man so will, es drei Verbünde gibt, hat andere Ursachen, die aber einen Kunden nicht unmittelbar interessieren. Diese Ursachen sind organisatorische. TUTIcket ist ein kommunaler Verbund (100%) ohne Beteiligung von Verkehrsunternehmen. Der VSB ist ein reiner Unternehmerverbund, letztlich ohne direkte Beteiligung des Landkreises und in Rottweil liegen die Dinge nochmals etwas anders. Diese drei unterschiedlichen Strukturen können nicht miteinander fusionieren.
Wenn jemand also einen 3er-Tarif löst, so wird schon im Augenblick des Lösens festgelegt, wieviel von dieser Fahrkarte anteilig auf die drei Verbünde entfällt. Das interessiert den Fahrgast natürlich nicht, erleichtert aber die Finanzierung der Verkehre ungemein. Kein Kunde muss sich mit dem Tarif beschäftigen, geschweige denn, irgendweche unterschiedlich farbigen Zonen zusammenzählen und dann in irgend einer Matrix den Tarif ablesen. Und für wen ist es denn ein Problem, dass eine Zone in Villingen etwas teurer als in Tuttlingen oder billiger als in Rottweil ist oder umgekehrt? Wenn ich etwa von Villingen nach Königsfeld fahren möchte, dann ist mir als Kunde doch völlig egal, was eine gleich lange Strecke von Aldingen nach Wehingen kostet.
Das Modell des 3er-Tarifs könnte man auch auf das ganze Land ausdehnen. Dann könnte man von jeder Haltestelle im Land zu jeder anderen Haltestelle im Land fahren und im Hintergrund wäre das Geld bereits auf die entsprechenden Verbünde aufgeteilt, die wiederum ihre Regelungen mit ihren jeweiligen Leistungserbringern haben.
Wenn ich nun gelegentlich höre oder lese, dass der 3er-Tarif zu kompliziert sei, so kann ich das nicht nachvollziehen. Niemand muss sich doch damit befassen, wie der Tarif zustande kommt. Man kann ganz einfach am nächsten Automat die gewünschte Relation eingeben und liest dann ab, was man zahlen muss. Wo ist da das Problem?
Wenn es nun Fahrgäste gibt, die nur in einem Verbund unterwegs sind, dann geben sie am gleichen Automat ihre gewünschte Relation ein. Es wird dann nur der jeweilige Verbundtarif berechnet, weil ja nichts aufgeteilt werden muss. Für den Fahrgast ist es also völlig wurscht, ob er VVS, VVR oder TUTicket-Relationen fahren will. Ziel eingeben und fertig. Das war für Pro Bahn zu viel verlangt.
Im Übrigen bin ich auch kein Freund vom Nulltarif, auch nicht von Umlagen auf alle Bürgerinnen und Bürger. Wenn das die neue Verkehrspolitik ist, die sie GP4flo sich wünscht, dann ist das seine Sache, aber nicht meine. Ich halte derartige Forderungen für total abwegig. Schließlich kann das Geld nur einmal ausgegeben werden und alles, was man in Tarifsubventionen steckt, fehlt anderswo.
Vielleicht sollte man jedem Bürger per Umlage 12 Büchergutscheine geben, damit die Volksbildung steigt oder die Telekommunikation kostenlos machen, damit nicht so viele Jugendliche schon in jungen Jahren Schulden anhäufen.
Für viel interessanter halte ich die Tarifstrategie in der Schweiz. Die haben vergleichsweise hohe Preise und trotzdem gut ausgelastete Verkehrsmittel. Am Preis kann es also nicht liegen. Die verlangen beispielsweise für Schwarzfahrer auch richtig satte Beträge, die weh tun und nicht nur mal so lumpige 40 €.
Derjenige, der sich in der Schweiz für den öffentlichen Verkehr entscheidet, kann mit seinem Halbpreispass sehr günstig fahren und diesen noch durch zugelöste Tageskarten tagesweise bei Bedarf zum Generalabonnement aufpeppen. Es gibt auch nur einen Halbpreispass und nicht einen für die 1. Klasse und einen anderen für die 2. Klasse. Außerdem kann man den Halbpreispass auch gleich für mehrere Jahre kaufen, dann wird das preiswerter. Und es gibt keine Unterschiede, gleich welchen Zug man nutzt. Verbundtickets gelten in der Schweiz auch im ICE oder IC. Das halte ich für die richtige Strategie, nicht den Preis an sich zu ändern, sondern die Preisstruktur, es also ähnlich wie beim PKW machen, der sehr hohe Fixkosten hat und dafür geringe variable Kosten. Die Schweizer schaffen es mit einfachen Mitteln, ihre Kunden an den öffentlichen Verkehr zu binden.
Was die Umlagen betrifft, die in manchen Städten inzwischen diskutiert werden: Warum soll zum Beispiel die Grundsteuer erhöht werden, um Finanzmittel dafür zu erwirtschaften, dass der Stadtbus grundsätzlich für alle umsonst fährt? Dadurch würden beispielsweise nur die Mieten steigen. Wie geht man mit Auswärtigen um? Fahren die ebenfalls umsonst, obwohl sie nicht zur Kasse gebeten werden? Auch wird nicht bedacht, dass die Kosten der Verkehrsspitzen extrem ansteigen werden, wenn grundsätzlich kostenlos gefahren werden könnte. Dies heißt, mit dem kalkulierten Geld (in Tübingen spricht man von 120.- bis 150.- € Umlage/Bürger) wird es natürlich nicht reichen. Und dann gibt es Wohngegenden, durch die kommt gar kein Bus. Andere wiederum wohnen an Linien, wo alle 3 Minuten ein Bus kommt. Kann man das das Gleiche verlangen? Und was mache ich, wenn ich zum Bahnhof möchte, der Bus aber wegen Überfüllung mich stehen lässt? Dann weiche ich aufs Taxi aus, zahle aber die 120.- € trotzdem.
Also ich bin überhaupt kein Freund dieser Ideen und auch überzeugt, dass umlagefinanzierter öffentlicher Nahverkehr eine glatte Fehlentwicklung ist. Mir kommt es so vor, dass man vom einen Extrem (derzeitiger Regeltarif) ins andere Extrem (Nulltarif per Umlage finanziert) fällt, typisch deutsch, anstatt dass man sich wie unsere südlichen Nachbarn endlich einem erfolgreichen System annähert.
Viele Grüße vom Vielfahrer