Seite 1 von 1
Zollern-Alb-Bahn: Elektrifizierungsgutachten negativ
Verfasst: Do 1. Dez 2011, 21:36
von lepus maritimus
Hallo zusammen,
nur einen Tag nach der Volksabstimmung (so ein Zufall) wurde ein Gutachten vorgestellt, das den volkswirtschaftlichen Nutzen der Elektrifizierung der Zollern-Alb-Bahn (Tübingen - Sigmaringen) als negativ einschätzt und in der Presse so zusammengefasst wird:
Zitat:
"Ein Gutachten belegt hohe Kosten und wenig Nutzen einer Elektrizifierung der Strecke Tübingen-Sigmaringen-Aulendorf."
http://www.suedkurier.de/region/linzgau ... 48,5253327
Noch eine Woche vor der Volksabstimmung klang das ganz, ganz anders: Zitat Werner Simmling, Mitglied im Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages, vor der Hechinger FDP:
"Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit der Elektrifizierung der Bahnstrecke bis Tübingen, wenn denn S 21 in der geplanten Version gebaut wird."
http://www.swp.de/hechingen/lokales/hec ... 12,1221536
So schnell werden also Versprechungen einkassiert, nachdem die Volksabstimmung das gewünschte Resultat gebracht hat. Man darf gespannt sein, was nun von der versprochenen Südbahnelektrifizierung und dem Gäubahnausbau übrig bleibt.
Viele Grüße
L.M.
Re: Zollern-Alb-Bahn: Elektrifizierungsgutachten negativ
Verfasst: Do 1. Dez 2011, 22:06
von Vielfahrer
Ich sehe in dem Zeitungsartikel keinen Widerspruch zu den bisherigen Überlegungen. Es war bislang jedenfalls klar, dass für eine Elektrifizierung in einer ersten Phase (etwa um 2020 herum angedacht) nur der Abschnitt Tübingen - Albstadt-Ebingen ansteht. Dies wurde schon vor etwa 1 1/2 Jahren auf einer Tagung im Landratsamt des Zollernalbkreises von der DB so vorgetragen. Mit ein Grund ist, dass die Verkehrsströme bis Albstadt-Ebingen vergleichsweise stark sind (immerhin hat Albstadt mit knapp 50.000 Einwohnern doch das größte Potential im Städtedreieck Ulm - Tübingen - Villingen zu bieten). Auch gehört Albstadt-Ebingen von der Regionalplanung her zur Metropolregion Stuttgart. Hinter Albstadt-Ebingen in Richtung Sigmaringen gibt es einen ganz starken Bruch im Verkehrsaufkommen. Ich meine, dass es besser ist, den Bruch nach Albstadt zu legen anstatt nach Tübingen. Von Sigmaringen aus fahren die meisten Pendler nach Ulm zukünftig ohnhin über die schnellere Strecke via Ulm und dann die Neubaustrecke nach Stuttgart. Ein Bruch in Albstadt, der nicht zwangsläufig einen Anschlussbruch bedeuten muss, wird den einen oder anderen Fahrgast zum Umsteigen zwingen, das ist klar. Es ist aber hier die dünnste Stelle des Nachfragequerschnitts und daher aus diesem Grund die richtige Stelle, wenn man die Elektrifizierung etappiert. Für den Verkehr zwischen Albstadt und Aulendorf reicht zu vielen Tageszeiten ein RegioShuttle aus. Für den Verkehr von Stuttgart in den Zollernalbkreis sind Doppeltraktionen VT 611 heute zu einigen Tageszeiten insbesondere im Abschnitt bis Mössingen bereits zu knapp, Stehplätze für Pendler sind da an der Tagesordnung. Würde man die Strecke, wie angestrebt, bis Albstadt-Ebingen elektrifizieren, so könnten Doppelstockeinheiten Aalen - Stuttgart - Flughafen - Tübingen - Albstadt im Stundentakt eingesetzt werden, was eine hervorragende Angebotsverbesserung für die Zollernbahn und damit auch den Zollernalbkreis bedeuten würde.
Weniger sinnvoll erschiene mir, mit diesen hochwertigen Einheiten bis/ab Aulendorf zu fahren. Und wenn man schon umsteigt, dann wäre dies auch auf kleinere und zunächst Dieselfahrzeuge vorstellbar. Dass sich die HzL mit ihrem Stammstreckennetz ab Hechingen über Gammertingen - Sigmaringen/Sigmaringendorf gleich mit an Elektrifizierungspläne hängt, ist verständlich, aber das Ergebnis, das nun vorgestellt wurde, eigentlich nicht überraschend. Und dann gäbe es ja auch noch die Frage, was dann mit der Donautalbahn wäre. Da müsste man ein neues Faß aufmachen. Sicherlich längerfristig denkbar, aber nicht jetzt.
Was damals auf der Tagung im Balinger Landratsamt vom Konzernbevollmächtigten Eckart Fricke kundgetan wurde zum Abschnitt Albstadt - Sigmaringen - Herbertingen - Bad Saulgau - Aulendorf, das war, dass die DB und die Straßenbaulastträger bei allen anstehenden Ausbauten eine spätere Elektrifizierung berücksichtigen würden, also etwa Überführungen so bauen würden, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein Fahrdraht problemlos nachgebaut werden könnte. Mehr wurde zu keinem Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Da ich selbst diese Veranstaltung besucht habe, kann ich mich daran noch sehr genau entsinnen, zumal ich in den 80er-Jahren mich mit der Zollernbahn sehr intensiv beschäftigt hatte.
Die Schlüsse, die für die Elektrifizierung der Südbahn gezogen werden, sind auch unzutreffend. Erst in der vergangenen Woche war ich auf einer Tagung in Friedrichshafen, bei welcher die DB über den Stand der Planungen im Detail orientiert hat. Die Elektrifizierung dort kommt bis 2016, also deutlich früher als die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm und S 21. Dutzende von Ingenieuren sind derzeit an den Arbeiten tagaus tagein beschäftigt und drehen ganz sicher nicht nur Däumchen. Die detaillierten Elektfizierungspläne, die verteilt wurden, zeigen im Detail, welche Maßnahmen (z.B. Brücken, Bahnübergänge usw.) anstehen und wie der weitere Gang der Arbeiten ist. Wie man da zur Aussage kommen kann, dass auch die Südbahn oder die Gäubahn nicht elektrifiziert oder ausgebaut würde, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Viele Grüße vom Vielfahrer