Re: Stuttgart 21???
Verfasst: So 28. Nov 2010, 20:57
Hallo Florian,
die großräumige Knotenpunktlage ist doch definiert. Köln Null, Frankfurt-Flughafen Null, Stuttgart Null, Augsburg Null. Dabei ist Köln Fixpunkt, d.h. Köln wird durch Streckenausbauten dauerhaft so bleiben.
In Stuttgart treffen die ICE aus Caltex zur Minute 04 bzw. 34 ein und fahren 07 bzw. 37 nach Günzburg weiter. Umgekehrt kommen sie aus Günzburg zu den Minuten 23 bzw. 53 an und fahren 26 bzw. 56 weiter nach Frankfurt. Wenn man nun bei Frankfurt - Mannheim noch einige wenige Minuten herausholt, läuft das auf einen Nullknoten in Stuttgart zu. Die regionalen Knoten zur den Minuten 15 und 45 bleiben davon unberührt. Die Beschleunigung Frankfurt - Mannheim führt dann nicht mehr zu einer weiteren Anpassung im baden-württembergischen Regionalverkehr, sondern verschafft etwas mehr Pufferzeit beim Umstieg in Stuttgart 21.
Genau das ist der große Vorteil von S 21: Wenn Frankfurt - Mannheim kommt, muss der Regionalverkehr nicht erneut angepasst werden, bei K 21 hingegen muss der Knoten in Stuttgart von 15/45 auf 00/30 verschoben werden. Dies bedeutet, dass die Betriebsprogramme auf den zahlreichen von Stuttgart ausstrahlenden Strecken geändert werden müssen und u.U. zweigleisige Abschnitt plötzlich an den falschen Stellen liegen würden.
Was also den S-21 Machern gerne von den K-21 Befürwortern vorgeworfen wird, dass sie quasi von der Hand in den Mund leben und nicht wie die Schweizer eine durchdachte Knoten-Kanten-Struktur hätten gemäß der Philosophie nicht so schnell wie möglich, sondern so rasch als nötig, genaud das fällt auf K-21 zurück.
Ich war auch einigermaßen überrascht, wie ich feststellen musste, dass die "trassenscharfen" Planungen den Güterverkehr völlig ignorierten, obwohl der nach Aussage der Sprecher des Bündnisses ganz wichtig sei, so wichtig, dass man hierfür die für die Beschleunigung des SPFV angedachten Gelder besser für den GV umwidmen solle.
Gerade für die Gäubahn kann ich sagen, dass die von SMA vorgelegten Ausbaupläne selbstverständlich den Güterverkehr mit einer stündlichen Trasse pro Richtung berücksichtigt haben. Wenn man nun alles auf den Kopf stellt, wie das von K-21 vorgesehen ist, dürfte es reines Glücksspiel sein, ob die Trassen noch in der gleichen Qualität zu finden sind.
Und beim Punkt Aufschaukeln von Verspätungen hat OB Palmer und seine Einflößer auch nicht sauber argumentiert. Soweit ich die Betriebsphilosophie der DB kenne, werden Verkehre, die vom Knoten weglaufen, eher verspätet in Kauf genommen als Verkehre, die auf den Knoten zulaufen. Dies hieße, dass man im Beispiel den RE nach Tübingen eher noch etwas am Flughafenbahnhof aufhalten würde, damit der nach Stuttgart-21 fahrende RE nicht verspätet würde.
Deinen Einwand bezüglich Ulm lasse ich gelten. Die Situation in Ulm wird sich erst mit Investitionen in die Strecke Frankfurt - Mannheim nachhaltig entspannen. Ulm bekommt man nur dann in den Griff, wenn man auf der Südbahn die eierlegende Wollmilchsau, den Stundentakt RE Ulm - Friedrichshafen in einen halbstündlichen Takt aufpeppt. Bekanntlich sieht die Planung bislang vor, nur noch einen stündlich RE (alternierend aus Stuttgart über die NBS bzw. über das Filstal) zu fahren und statt eines halbstündlichen zusätzlichen Zugs einen durchgehenden Regionalzug mit Halt auf allen Stationen von Ulm bis Friedrichshafen. Besser wäre es aus meiner Sicht, den durchgehenden Regionalverkehr aufzugeben und einen halbstündlichen Regionalverkehr (von der Brenzbahn kommend) über Ulm bis Laupheim-Stadt zu fahren und diesen stündlich bis Ummendorf zu verlängern. Aus Richtung Süden könnte es so wie bisher bleiben, d.h. die BOB verkehrt halbstündlich bis Ravensburg und stündlich bis Aulendorf bzw. noch besser bis Bad Schussenried Stadt.
Gerade auf der Südbahn sind die Fahrgäste in den Landkreisen Biberach und Ravensburg heute oftmals Leidtragende. Wegen des Abwartens von Fernverkehrsanschlüssen in Ulm laufen die Verkehre unpünktlich mit der Folge, dass in Biberach, Aulendorf oder Ravensburg die Busanschlüsse in die Fläche abgefahren sind und damit auch der Regionalverkehr, der gar nichts mit Fernverkehren am Hut hat, geschädigt wird.
Fährt man hingegen halbstündlich einen RE auf der Südbahn (diese Strecke hat dafür das Potential), so kann man ab Ulm konsequent pünktlich abfahren und dadurch den Binnenverkehr auf der Südbahn gewaltig aufwerten.
Und bei Stuttgart - Tübingen ergibt S 21 einen idealen Fahrplan: Nürtingen ist ein 00, 15, 30 und 45er-Knoten, Reutlingen Hbf ebenso und Tübingen Hbf nochmals. Dies bedeutet etwa, dass ein RSV-Stadtverkehrsbus in Reutlingen genau zwischen zwei Takte als Durchmesserlinie fahren kann, seine Fahrgäste zur Bahn auslädt, die nach 7 Minuten Anschluss haben und zugleich diejenigen Fahrgäste aufnimmt, die 8 Minuten zuvor mit der Bahn angekommen sind. Das ist doch eine ideale Fahrplansituation im Oberzentrum Tübingen/Reutlingen, wie man sie sich besser nicht wünschen könnte.
Das S-21-Konzept setzt solche Knotenstrukturen an vielen Stellen, bei K-21 hingegen gibt es insbesondere nur den Mega-Knoten in Stuttgart, der neuerdings auch auf der Basis von Durchmesserlinien im 30-Minuten-Takt geplant ist, weil es sonst gar nicht funktioniert (mein alter Einwand). Allerdings halte ich für sehr fraglich, ob die DB bei einer 30 Minuten langsameren Kantenzeit von Köln nach München über Stuttgart im Vergleich zur Strecke via Ingolstadt dann durchs Ländle den 30-Minuten-ICE-Takt anbieten kann. Immerhin fehlen dann schon mal 2 Mio. Fahrgäste/Jahr, was ca. 6 voll besetzten ICE-Zügen entspricht.
Mein Fazit aus der Schlichtung also ist, sie war gut, weil sie die Spreu vom Weizen getrennt hat, jedenfalls für denjenigen, der die Stärken und Schwächen der Argumentationen erkennen kann.
Viele Grüße vom Vielfahrer
die großräumige Knotenpunktlage ist doch definiert. Köln Null, Frankfurt-Flughafen Null, Stuttgart Null, Augsburg Null. Dabei ist Köln Fixpunkt, d.h. Köln wird durch Streckenausbauten dauerhaft so bleiben.
In Stuttgart treffen die ICE aus Caltex zur Minute 04 bzw. 34 ein und fahren 07 bzw. 37 nach Günzburg weiter. Umgekehrt kommen sie aus Günzburg zu den Minuten 23 bzw. 53 an und fahren 26 bzw. 56 weiter nach Frankfurt. Wenn man nun bei Frankfurt - Mannheim noch einige wenige Minuten herausholt, läuft das auf einen Nullknoten in Stuttgart zu. Die regionalen Knoten zur den Minuten 15 und 45 bleiben davon unberührt. Die Beschleunigung Frankfurt - Mannheim führt dann nicht mehr zu einer weiteren Anpassung im baden-württembergischen Regionalverkehr, sondern verschafft etwas mehr Pufferzeit beim Umstieg in Stuttgart 21.
Genau das ist der große Vorteil von S 21: Wenn Frankfurt - Mannheim kommt, muss der Regionalverkehr nicht erneut angepasst werden, bei K 21 hingegen muss der Knoten in Stuttgart von 15/45 auf 00/30 verschoben werden. Dies bedeutet, dass die Betriebsprogramme auf den zahlreichen von Stuttgart ausstrahlenden Strecken geändert werden müssen und u.U. zweigleisige Abschnitt plötzlich an den falschen Stellen liegen würden.
Was also den S-21 Machern gerne von den K-21 Befürwortern vorgeworfen wird, dass sie quasi von der Hand in den Mund leben und nicht wie die Schweizer eine durchdachte Knoten-Kanten-Struktur hätten gemäß der Philosophie nicht so schnell wie möglich, sondern so rasch als nötig, genaud das fällt auf K-21 zurück.
Ich war auch einigermaßen überrascht, wie ich feststellen musste, dass die "trassenscharfen" Planungen den Güterverkehr völlig ignorierten, obwohl der nach Aussage der Sprecher des Bündnisses ganz wichtig sei, so wichtig, dass man hierfür die für die Beschleunigung des SPFV angedachten Gelder besser für den GV umwidmen solle.
Gerade für die Gäubahn kann ich sagen, dass die von SMA vorgelegten Ausbaupläne selbstverständlich den Güterverkehr mit einer stündlichen Trasse pro Richtung berücksichtigt haben. Wenn man nun alles auf den Kopf stellt, wie das von K-21 vorgesehen ist, dürfte es reines Glücksspiel sein, ob die Trassen noch in der gleichen Qualität zu finden sind.
Und beim Punkt Aufschaukeln von Verspätungen hat OB Palmer und seine Einflößer auch nicht sauber argumentiert. Soweit ich die Betriebsphilosophie der DB kenne, werden Verkehre, die vom Knoten weglaufen, eher verspätet in Kauf genommen als Verkehre, die auf den Knoten zulaufen. Dies hieße, dass man im Beispiel den RE nach Tübingen eher noch etwas am Flughafenbahnhof aufhalten würde, damit der nach Stuttgart-21 fahrende RE nicht verspätet würde.
Deinen Einwand bezüglich Ulm lasse ich gelten. Die Situation in Ulm wird sich erst mit Investitionen in die Strecke Frankfurt - Mannheim nachhaltig entspannen. Ulm bekommt man nur dann in den Griff, wenn man auf der Südbahn die eierlegende Wollmilchsau, den Stundentakt RE Ulm - Friedrichshafen in einen halbstündlichen Takt aufpeppt. Bekanntlich sieht die Planung bislang vor, nur noch einen stündlich RE (alternierend aus Stuttgart über die NBS bzw. über das Filstal) zu fahren und statt eines halbstündlichen zusätzlichen Zugs einen durchgehenden Regionalzug mit Halt auf allen Stationen von Ulm bis Friedrichshafen. Besser wäre es aus meiner Sicht, den durchgehenden Regionalverkehr aufzugeben und einen halbstündlichen Regionalverkehr (von der Brenzbahn kommend) über Ulm bis Laupheim-Stadt zu fahren und diesen stündlich bis Ummendorf zu verlängern. Aus Richtung Süden könnte es so wie bisher bleiben, d.h. die BOB verkehrt halbstündlich bis Ravensburg und stündlich bis Aulendorf bzw. noch besser bis Bad Schussenried Stadt.
Gerade auf der Südbahn sind die Fahrgäste in den Landkreisen Biberach und Ravensburg heute oftmals Leidtragende. Wegen des Abwartens von Fernverkehrsanschlüssen in Ulm laufen die Verkehre unpünktlich mit der Folge, dass in Biberach, Aulendorf oder Ravensburg die Busanschlüsse in die Fläche abgefahren sind und damit auch der Regionalverkehr, der gar nichts mit Fernverkehren am Hut hat, geschädigt wird.
Fährt man hingegen halbstündlich einen RE auf der Südbahn (diese Strecke hat dafür das Potential), so kann man ab Ulm konsequent pünktlich abfahren und dadurch den Binnenverkehr auf der Südbahn gewaltig aufwerten.
Und bei Stuttgart - Tübingen ergibt S 21 einen idealen Fahrplan: Nürtingen ist ein 00, 15, 30 und 45er-Knoten, Reutlingen Hbf ebenso und Tübingen Hbf nochmals. Dies bedeutet etwa, dass ein RSV-Stadtverkehrsbus in Reutlingen genau zwischen zwei Takte als Durchmesserlinie fahren kann, seine Fahrgäste zur Bahn auslädt, die nach 7 Minuten Anschluss haben und zugleich diejenigen Fahrgäste aufnimmt, die 8 Minuten zuvor mit der Bahn angekommen sind. Das ist doch eine ideale Fahrplansituation im Oberzentrum Tübingen/Reutlingen, wie man sie sich besser nicht wünschen könnte.
Das S-21-Konzept setzt solche Knotenstrukturen an vielen Stellen, bei K-21 hingegen gibt es insbesondere nur den Mega-Knoten in Stuttgart, der neuerdings auch auf der Basis von Durchmesserlinien im 30-Minuten-Takt geplant ist, weil es sonst gar nicht funktioniert (mein alter Einwand). Allerdings halte ich für sehr fraglich, ob die DB bei einer 30 Minuten langsameren Kantenzeit von Köln nach München über Stuttgart im Vergleich zur Strecke via Ingolstadt dann durchs Ländle den 30-Minuten-ICE-Takt anbieten kann. Immerhin fehlen dann schon mal 2 Mio. Fahrgäste/Jahr, was ca. 6 voll besetzten ICE-Zügen entspricht.
Mein Fazit aus der Schlichtung also ist, sie war gut, weil sie die Spreu vom Weizen getrennt hat, jedenfalls für denjenigen, der die Stärken und Schwächen der Argumentationen erkennen kann.
Viele Grüße vom Vielfahrer