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Re: Der Fernverkehr auf der SWB jenseits Dezember 2011

Verfasst: Fr 2. Dez 2011, 18:58
von Vielfahrer
Da sieht man mal wieder, was Pro Bahn für ein bescheidener Verein geworden ist. Ich bin deshalb schon vor Jahren ausgetreten und sehe mich durch die jünste Positionierung von Pro Bahn (mitunter liest man in der Presse auch von Propan) bestätigt.

»Die Bahn hat schon seit Jahren Nahverkehrsmittel in Stuttgart 21 reingeschaufelt«, macht Andreas Frank vom Referat Fahrgastdialog des Fahrgastverbands »Pro Bahn« deutlich, dass S 21 mehr ins Land ausstrahlt als vermutet. »Es kann eben jeder Euro nur einmal ausgegeben werden, und die Pendler sind die Dummen dabei«, so Frank.

Für mich mal wieder, wie KBS 720 zurecht feststellt, Bahn Bashing auch von den sog. Eisenbahn-Lobby-Vereinen.

Wieso soll die Bahn Nahverkehrsmittel in Stuttgart 21 reinschaufeln? Dies ist doch eine wirklich völlig von Sachkenntnis freie und aus der Luft gegriffene Behauptung. Die Schwarzwaldbahn würde den Zug ganz sicherlich fahren, wenn er denn vom Aufgabenträger Land bestellt würde.

Dass wiederum das Land nicht alle Züge bestellt, die wünschenswert wären, ist eine alte, aber auch nachvollziehbare Sache. Würde der IC in Taktlage verkehren, so wie das früher war, dann wäre ja fast alles - bis auf den Tarif - okay. Würde das Land auf jede Fahrplanänderung durch Nachbestellung reagieren, dann könnte die Bahn ja theoretisch die IC auf allen Strecken systematisch aus dem Takt nehmen und so lukrative Nachbestellungen auslösen. Im Grunde sehe ich in der Splittung in eigenwirtschaftlichen Fernverkehr und bestellten Nahverkehr das eigentliche Problem, das aber durch die Bahnreform anno 1994 ausgelöst wurde und ganz sicherlich nichts mit aktuellen Fragestellungen zu tun hat.

Viele Grüße vom Vielfahrer

Re: Der Fernverkehr auf der SWB jenseits Dezember 2011

Verfasst: Fr 2. Dez 2011, 19:47
von Goldberger
Zum Thema "Pro Bahn": Auf mich macht das immer eine Wirkung wie eine kunterbunte Truppe, manche sind etwas vorschnell mit den Statements. Ich denke, aber dass hier sehr viel von den Leuten abhängt, die vor Ort aktiv sind oder auch nicht. Das können in der einen Region halt "Schwätzer" sein und woanders durchaus sehr kompetente.

Zum Tarif und der FV-Problematik:
Im Prinzip sehe ich das so, dass es langfristig einen eingewirtschaftlichen HGV-Verkehr gibt, und zwar in einer schnellen (250) und einer eher langsamen Version (200-230, ICX 1). Der umfasst dann die letzten "klassischen" IC-Strecken, die noch nicht auf echte SFS umgestellt wurden, im Wesentlichen Hamburg-Bremen-Ruhrgebiet-Rheintal, Rhein-Main-Dresden, Berlin-Dresden sowie vielleicht Nürnberg-Passau. Auch Nebenäste von ansonsten langlaufenden wie z.B. Darmstadt (mit der zukünftigen SFS Rhein-Main / Rhein-Neckar oder der Schlenke über Heidelberg Rechne ich dazu.

Alles andere, was derzeit als IC oder gar als ICE (Gäubahn) läuft, ist eigentlich der klassische InterRegio. Und hat als Zwitter NV/FV eben so kein Sinn
In Baden-Württemberg wären das in einem Zielnetz:
1. Stuttgart-Singen-Zürich, evtl. Seitenast nach Konstanz
2. Stuttgart-Aalen-Nürnberg-evtl. alternierend über Schwäbisch Hall
3. Stuttgart-Pforzheim-Karlsruhe
4. Stuttgart-Göppingen-Ulm
5. Ulm-Friedrichshafen
6. Tübingen-Stuttgart-Heilbronn-Würzburg
Fahrbar mit E-Triebwagen und - wenn man sich die. Bahnstrecken ansieht - wahrscheinlich zu einem guten Teil mit Neigetechnik

Für so ein IC/IRE-Netz fände ich eine Regelung wie im Emsland durchaus denkbar: IC, mit Nahverkehrsfahrscheinen nutzbar, Wochenend/Ländertickets entweder nur mit Zuschlag (vielleicht reicht auch schon die angedachte Regelung: Preis X + Y*Anzahl Personen). Letztendlich sind die tatsächlich bezahlten Fahrpreise im FV schon gar nicht mehr soo weit vom NV weg. Den Rest müsste das Land bezahlen. Unrealistisch ? Nein, denn
A.
-Auf den Abschnitten 1-4 gibt es bereits heute eigenwirtschaftlichen Zweistundentakt.
-Auf den Abschnitten 3-5 gibt es vom Land bezahlten Zweistundentakt (IRE) zu einem vergleichsweise hohen Preis ( 8 Euro/Zug-km?), für Abschnitt 6. teilweise. Diese würden ersetzt.
Da müsste es doch möglich sein, als Mischkalkulation einen Stundentakt zu einem vernünftigen Zuschusspreis (z.B. 2 Euro, vergleiche auch DIEX in Bayern) einen vom NV mitnutzbaren IC auf die Beine zu stellen.
B.
Zumal das Verkehsaufkommen auf einigen Strecken ja durchaus realistisch gesteigert werden kann, mit entsprechender Verbesserung der Erlösstruktur:
Zu 1. Durch Gäubahnausbau mit neuen Fahrplanlagen 8min weniger Fahrzeit, wichtig: sehr gute Anschlüsse in S, ~200.000 zus. erreichbare Fahrgäste durch Halte "Böbelfingen" und S-Flughafen
Zu 2. Bei guten Anschlüssen in Nürnberg nach Fertigstellung der NBS Nürnberg-Leipzig deutliche Steigerungsmöglichkeiten
Zu 5. Elektrifizierung (gerine Fahrzeitverkürzung), mit NBS und guten Anschlüssen in Ulm an den HGV deutliche Fahrzeitverkürzungen Richtung Mannheim, Frankfurt, Köln
Zu 6. Ist ein NeiTec-Ausbau Heilbronn-Würzburg ähnlich der Gäubahn möglich. Eine optimale Anbindung in Würzburg nach Norden ist notwendig
Generell einzelne NeiTec-Ausbauten (z.B. Stuttgart-Nürnberg, ist dort sowieso angedacht).
C. Evtl kann man dann auch einzelne REs weglassen: z.B. Tuttlingen-Singen, und dafür stündlich den Seehas verlängern - sollte in der Summe dann billiger sein.

Das wäre der große Wurf nach "S21", mit dem sich alle Seiten Respekt verschaffen könnten. Außerdem habe ich da schon größere Luftschlösser in diversen Foren gesehen ;-)

Re: Der Fernverkehr auf der SWB jenseits Dezember 2011

Verfasst: Fr 2. Dez 2011, 20:50
von Hannes
Die angesprochene Thematik oben war auch Teil eines Vortrags eines DB Fernverkehr-Menschen hier an der TU vor ein paar Wochen zur Zukunft des Fernverkehrs. Der im Emsland umzusetzende Alternativtakt IC/RE je alle 2h wird ja auch noch auf zwei weiteren Linien kommen, dann sind aber die bestellten Dosto-Garnituren für den Fernverkehr erstmal aufgebraucht. Grundsätzlich möchte DB Fernverkehr auch an den jetzigen Einzel-ICs in Urlaubsregionen festhalten, diese könnten dann in ein paar Jahren durch ICx-Garnituren ersetzt werden (nach Oberstdorf etc. dann mit Vorspann-Diesellok). Die Unterscheidung der Produkte ICE und IC soll künftig durch die Fahrtzeit erfolgen, nicht mehr durch das Wagenmaterial, hier soll im Fernverkehr ein einheitlicher Standard herrschen.

Zu deinen Linien:
1. und 2. sollen, wie hier auch schon desöfteren beschrieben wurde, verknüpft und dann mit ICE-T (was ja deiner Idee mit E-Triebwagen entspräche) befahren werden.
Bei 6. ist das Problem der zu geringen Linienlänge für eine FV-Verbindung. Die Linie nach Oldenburg, die mit IC-Dosto befahren werden wird, hat eine Fortsetzung nach Leipzig, gleiches gilt für die anderen beiden Linien, die ja nur ab einem bestimmten Bahnhof bis zum Zielbahnhof auch mit Nahverkehrsfahrscheinen genutzt werden können. Es wäre also die Frage, wohin soll eine, nennen wir sie auch mal IC-Dosto-Linie ab Würzburg fortgesetzt werden?

Re: Der Fernverkehr auf der SWB jenseits Dezember 2011

Verfasst: Fr 2. Dez 2011, 22:36
von Goldberger
"dann sind aber die bestellten Dosto-Garnituren für den Fernverkehr erstmal aufgebraucht."
> Auf Stuttgart-Zürich wird NeiTec benötigt und wahrscheinlich auch auf der Durchbindung nach Nürnberg kommen. Man wäre dann vielleicht 10min schneller unterwegs. Mit viel Glück zahlt die DB den NeiTec Ausbau selbst wie bei Nürnberg-Passau. Wahrscheinlich dann, wenn man sonst keine optimalen Umläufe hinbekommt.
"Der im Emsland umzusetzende Alternativtakt IC/RE je alle 2h"
> Das ist in der dort besiedelt Gegend auch sinnvoll. Hier würde ich eher - zumindest auf der Strecke Karlsruhe-Friedrichshafen, die das auch infrastrukturmäßg hergibt - einen Stundentakt mit EINEM einheitlichen Produkt einrichten. Pforzheim, Vaihingen/Enz, Göppingen, Geislingen - das ist schonmal mehr als Leer und das restliche Emsland ;-)
"1. und 2. sollen, wie hier auch schon desöfteren beschrieben wurde, verknüpft und dann mit ICE-T (was ja deiner Idee mit E-Triebwagen entspräche) befahren werden."
> Korrekt. Nach derzeitigem Planungsstand sollen auch 3. und 4 verknüpft und als "Landes-Linie" im NV befahren werden. Ich würde das aber auch aus dem Gesichtspunkt "Regionalgerechtigkeit" lieber als gemeinsame Lösung sehen: Beide Linien haben ein ähnliches Geschwindigkeitsprofil und könnten eine ähnliche Haltepolitik haben. Warum subventioniert man aber Linie A und Linie B nicht ?
"Bei 6. ist das Problem der zu geringen Linienlänge für eine FV-Verbindung."
> Ja, das denke ich auch. Denkbar wäre einerseits noch eine Fortsetzung mit Fahrtrichtungswechsel in Würzburg über Bamberg (53.000 EW, daher FV-Halt) und die Bamberger Kurve über die SFS nach Erfurt. Fahrzeitmäßig würde man aber auch auf vielleicht 3:45kommen - ungefähr so schnell wie heute, aber umsteigefrei. Macht aber nicht wirklich Sinn, da die Umsteigeverbindung via Nürnberg schneller ist.
Südlich hingegen könnte man erst bei einer Elektrifizierung bis Albstadt fahren, mit etwas verbesserten Fahrzeiten gegenüber den heutigen IRE und Halt nur in Hechingen, Balingen, Albstadt - diese 3 Halte haben sogar mehr Einwohner als auf der Gäubahn Horb+Rottweil+Tuttlingen, wäre also nicht völlig aus der Luft. Hätte aber noch mehr regionalen Character als der Rest. und wäre wahrscheinlich auch höher zu subventionieren. Außerdem werden weitere Ausbauten benögigt (Elektrifizierung, Begegnungsabschnitte).
Sieht man es eher hingegen als langlaufende IC-Linie, wäre auch eine Durchbindung über Fulda-Kassel-Paderborn-Dortmund denkbar. Fulda-Würzburg würde dann auf 2 FV-Züge/h verdichtet, allerdings ist der Abschnitt Kassel-Fulda schon durch das heutige Angebot (3 ICE-Linien/h) "abgeräumt". Mehr fällt mir zur Würzbug nun auch nicht ein ;-)

"nennen wir sie auch mal IC-Dosto-Linie ab Würzburg fortgesetzt werden"
> Wird zumindest mit IC DoSto Wagenmaterial nicht funktioieren. Für vernünftige Fahrzeiten bräuchte man auf Heilbronn-Würzburg zwingend NeiTec, sonst kann man es bleiben lassen. Daher sind die höheren Fahrzeugkosten einzurechnen, allerdings ist auch das Potential deutlich höher als im Norden.