Interview zu Hochrheinbahn-Elektrifizierung aus Sicht CH

Alles zur Strecke Basel - Waldshut - Schaffhausen - Singen kann hier rein.
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lepus maritimus
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Interview zu Hochrheinbahn-Elektrifizierung aus Sicht CH

Beitrag von lepus maritimus »

Hallo Forum,

in der Badischen Zeitung erschien ein interessantes Interview mit dem Basler Regierungsrat Wessels (Anm. Ist der politische Chef des Kantons Basel Stadt, also sozusagen wie der Landrat) zur Elektrifizierung der Hochrheinstrecke Basel - Erzingen aus Sicht der Schweiz und zur Mitfinanzierung der Elektrifizierung durch die Schweiz:

Basler Regierungsrat Wessels zur Elektrifizierung der Hochrheinstrecke

Was bringt die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke? Zu Chancen und Entwicklungen äußert sich der Basler Regierungsrat Hans-Peter Wessels im BZ-Interview.

LÖRRACH. Die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke ist ein Schlüssel zur Weiterentwicklung des Nahverkehrs in der Region Basel. Mit Hilfe von Bundeszuschüssen aus Deutschland und der Schweiz wollen die Kreise Lörrach und Waldshut sowie die Kantone Basel und Schaffhausen diese daher bis 2019 umsetzen. Dieses Konzept steht angesichts des engen Zeitplans und der Abhängigkeit von den nationalen Entscheidungen aber auf des Messers Schneide. So hat die Verkehrskommission des Schweizer Parlamentes eine Förderung unlängst knapp abgelehnt. Michael Baas hat Regierungsrat Hans-Peter Wessels nach der Basler Sicht gefragt.

BZ: Herr Wessels, Sie haben das Nein der Verkehrskommission ihres Nationalrates als Betriebsunfall bezeichnet. Warum?

Wessels: Ich erkenne in dem Votum kein grundsätzliches Nein zur Elektrifizierung. Ich denke der Zeitpunkt war einfach ungünstig, weil Themen, die inhaltlich nichts mit der Hochrheinstrecke zu tun haben, da reingespielt, die Diskussion überlagert und die Entscheidungsfindung beeinflusst haben.

BZ: Das heißt, Sie haben die Hoffnung, dieses Nein noch korrigieren zu können und sehen darin keine Tendenz für weitere Entscheidungen in der Sache?

Wessels: Es gibt aktuell fraglos einige bilaterale Probleme zwischen Deutschland und der Schweiz, insbesondere den Flughafenvertrag und die Steuerfragen. Aber das wird kein Dauerzustand bleiben. Diese Dinge werden früher oder später gelöst. Das ist ja kein Zustand zwischen guten Nachbarn, und wenn diese Probleme ausgeräumt sind, werden wir auch bei der Hochrheinstrecke wieder zu den ursprünglichen Fragen zurückfinden.

(...)

BZ: Aktuell harzt das Projekt an der Vergabe der Aufträge für die Planungsstufen drei und vier. Das ist deshalb kritisch, weil diese Basis der Zuschussverfahren sind. Baden-Württemberg wünscht, dass sich die Schweiz an den Planungskosten beteiligt. Sehen Sie dafür eine Möglichkeit?

Wessels: Grundsätzlich sehe ich diese Möglichkeit und ich denke, dass die aktuellen Unstimmigkeiten sich nicht an der Beteiligung an sich entzünden. Aus Schweizer Sicht ist das vor allem ein zeitliches Problem, weil wir formale Verfahrenswege einhalten müssen. Das heißt, auf Schweizer Seite stehen die benötigten Planungsmittel leider nicht so schnell bereit – weder beim Kanton Basel-Stadt noch bei der Eidgenossenschaft. In Baden-Württemberg lägen die benötigten Planungsgelder in den verschiedenen Töpfen des Landes bereit und auch die Kreise können mit parlamentarischen Entscheidungen schneller sein als wir. Allerdings reichen diese Mittel aktuell offensichtlich noch nicht vollständig aus. Deswegen haben wir vorgeschlagen, diese nächsten Planungsschritte zu trennen, um die notwendige Zeit zu gewinnen.

(...)

BZ: Das heißt, wenn das Projekt eine Chance haben soll in der angedachten Form, müssten Baden-Württemberg und gegebenenfalls die Kreise Lörrach und Waldshut bei den Planungskosten in Vorleistung gehen, können aber damit rechnen im Nachhinein etwas aus Basel und der Schweiz zurückzubekommen.

Wessels: Realistischerweise ist das so, falls sich nicht noch kurzfristig eine Möglichkeit zur Zwischenfinanzierung findet.


Das ganze - lesenswerte - Interview steht unter http://www.badische-zeitung.de/basel/ba ... 83828.html


Viel Spaß beim Lesen
wünscht Lepus Maritimus


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Re: Interview zu Hochrheinbahn-Elektrifizierung aus Sicht CH

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo lepus maritimus,

vielen Dank für die Einstellung des Interviews des Basler Regierungsrats. Es ist in der Tat sehr interessant. Auf einen Aspekt der Hochrheinelektrifizierung ist der Regierungsrat nicht eingegangen. Die elektrifizierte Hochrheinstrecke könnte nämlich dazu dienen, die Ostschweiz (St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen) über Kreuzlingen Hafen - Konstanz - Singen - Schaffhausen - Erzingen - Waldshut - Bad Säckingen sehr schnell an Basel anzubinden, schneller jedenfalls als via Zürich. Damit könnte grundsätzlich auch eine Finanzierung aus dem HGV-Topf in Frage kommen. Gerade die Ostschweiz (natürlich auch Konstanz) leidet ja darunter, dass sie an die europäischen schnellen Verkehrsachsen nicht angebunden ist. Die Hochrheinstrecke zählt aber zu den schnellen Strecken (Lindau - Singen war mal 1 Stunde, Singen - Basel dauert 1 1/4 Stunden) und Basel ist für die Schweiz der Zugang zu europäischen HGV-Strecken (Paris, Strasbourg - Luxemburg - Brüssel, Frankfurt- Köln/Berlin, Lyon - Marseille usw. Es gibt bekanntlich ja Konzeptionen, die St. Gallen mit Schnellzügen mit Basel via Singen verbinden sollen. Als Schweiz würde ich sagen, Mitfinanzierung ja, aber es sollten dann elektrische Flirts von St. Gallen nach Basel verkehren, am besten alle 30 Minuten. Außerdem müssten dann das Generalabo und der Halbpreispass zwischen Konstanz und Basel uneingeschränkt anerkannt werden.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Bm 6/6 18514
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Re: Interview zu Hochrheinbahn-Elektrifizierung aus Sicht CH

Beitrag von Bm 6/6 18514 »

Nur wer sollte von St. Gallen nach Basel via Deutschland fahren? Der einzige Grund wäre, dass man allenfalls nicht umsteigen braucht. Ansonsten ist es aber via Zürich schneller, da schafft man es bald in etwa 1h50-1h55, das schafft man nicht via Deutschland.
Zumal dann ja noch jemand den Zug zwischen Konstanz und Singen um 15 min versetzt zum Schwarzwaldzug bezahlen müsste (zudem müsste man natürlich noch einen der beiden Züge um 30 min verschieben).

Und aus was für einem HGV-Topf soll das Geld kommen? Das war ein schweizer Programm vor Jahren, das zum grössten Teil umgesetzt bzw. sich dem Ende nähert (bis 2015? muss alles fertig sein).
Einzig die Elektrifizierung Lindau-München ist zeitlich völlig aus dem Ruder gelaufen, da die deutsche Seite bisher wenig Interesse daran zeigt, tatsächlich Geld dafür zur Verfügung zu stellen. Sondern sich lieber wie schon die letzten Jahrzehnte darauf beschränkt, schöne Reden zu halten statt irgendwas zu tun (und jetzt natürlich ein Problemen hat, wenn es das Schweizer Geld nur gibt, wenn man selber etwas wirklich tun müsste).

Florian
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Re: Interview zu Hochrheinbahn-Elektrifizierung aus Sicht CH

Beitrag von Vielfahrer »

St. Gallen - Basel mag stimmen. Anders sieht es aus mit Romanshorn - Basel, Kreuzlingen - Basel, Schaffhausen - Basel. Und St. Gallen - Singen als Gäubahnzubringer ist auch nicht ohne. Aus diesem Grund wurde die Konzeption St. Gallen - Basel entwickelt. Die Hochrheinstrecke kann damit tatsächlich schnellere Verbindungen bieten als dies innerhalb der Schweiz möglich wäre.

Die Verschiebung der Schwarzwaldbahn um 30 Minuten, wie sie vom VCD propagiert wurde, ist nach meinem Kenntnisstand vom Tisch. Wäre auch ziemlicher Unfug gewesen.

Bei den HVG-Mitteln handelt es sich nach meinem Kenntnisstand um nicht verausgabte Restmittel. Ganz sicher ist eine Fertigstellung bis 2015 nicht möglich. Konkret geht es aber um die Weiterfinanzierung der Planungskosten für die Leistungsphasen III und IV, um das Projekt voranzubringen. Offenbar sollen diese hälftig zwischen D und CH aufgeteilt werden. Und nachdem der Ständerat aus den geschilderten Gründen die Beteiligung abgelehnt hat, sucht die Schweizer Seite nach Alternativen. Allerdings sind die entsprechenden Beträge auf der deutschen Seite auch noch nicht durch die Kreistage.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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