Die Kammeltalbahn - Impressionen

Strecken außerhalb von Baden-Württemberg
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Karl Müller
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Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von Karl Müller »

Guten Morgen,
trotz Gewitterankündigung,Schwüle und "langweiligem" Betrieb, nach 25 Jahren wurde es mal wieder Zeit für die Nebenbahn von Günzburg nach Mindelheim. Also, 6.36 ab Reutlingen, 8.59 Uhr in Kleinkötz.

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In Günzburg blieb Zeit den Bahnhof von oben zu betrachten, Links der noch Schienenbediente Schrotthändler, Rechts rollt ein 440 von Agilis aus Donauwörth an. Der Kemptener 642, welcher mich aus Ulm brachte, blieb 15 Minuten auf gleis 1 stehen.

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Hier bringt RB 57690 Kundschaft von Kleinkötz nach Günzburg.

Ehemaliger Bahnhof Elzee..als Biotop entsorgt ?Eine Bahnhofsrestauration und zwei Häuser.Viel Wald.

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Weiter mit dem Rad nach Elzee, aber, wo ist der Bahnhof ? 1,2 Km vom Ort entfernt, kein Fußweg, nur eine straße. Fährt da noch jemand mit dem ÖPNV? Zumal kein Auto dort stand.... Das Industriegebiet liegt zwischen Bahnhof und Ortschaft auf der "grünen Wiese", typisch für ganz Deutschland. Die Bahn ? Güterbahn ? Ab auf die B16 !

Genug gefrustet, weiter durch Sturmschäden nach Neuburg,

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Bei Überquerung des Endmoränenwall zwischen Kammel-und Günztal; RB 57695 auf dem Weg nach Krumbach.

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Schüler in Hirschfelden; im Hintergrund Schloß Neuburg a d Kammel

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Hirschfelden - ein Zigarettenautomat am Bf, die Kirche im Hintergrund soll die Entfernung zum Ort verdeutlichen.....

Und zu guter Letzt Krumbach, hier streckte ich bei der Hitze die Flügel und genoß eine Eispause

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Kreuzung; im Bahnhof selber ist neben Regio Allgäu ein über alles dominierender Döner.....

Fazit : Für die Schüler brauchts die Bahn, die Güter fahren, wie überall, schneller auf der Straße, der normale mensch dürfte
kaum noch die Eisenbahn benutzen, wenn dann in den zentralen gelegenen Bahnhöfen.
Was macht die Eisenbahn wenn die Schüler wegbrechen ?

Der Schluß : Möpse in Ulm präsentiert von ...

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Oli ... es müsen nicht immer die Magistralen sein zum Bilder machen.....
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Hannes
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Re: Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von Hannes »

Schönes Nebenbahnidyll von so einer Strecke, die man "ja immer machen kann" und es deshalb nie tut. Gut, dass du dich auf die Reise gemacht hast :genau/richtig:
"Deutsche siegen im Fußball, aber bei der Bahn ist täglich Cordoba."
ÖBB-Chef Christian Kern in der Kronenzeitung vom 8.11.14
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Re: Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Oli,

es ist ungefähr 20 Jahre her, da habe ich für den Regionalverband Donau-Iller und die Stadt Krumbach ein Gutachten zur Kammeltalbahn erstellt. Wie es sich gehört, mussten natürlich auch die Fahrgastzahlen erhoben werden. Sämtliche Züge habe ich damals gezählt. In Weilbach fuhr am gesamten Tag gerade mal ein Fahrgast mit dem Zug!

Das Problem der Strecke sind die vielen Dutzende von Bahnübergängen. Damals waren es noch einige mehr als heute, ich meine so an die 80 Stück waren das (bei 55 km Streckenlänge). Darunter waren beileibe nicht nur Feldwegeübergänge sondern auch stark befahrene Bahnübergänge über die B 16. Da es früher dort viele BÜ-Unfälle gegeben hat, musste dringend etwas getan werden. Sowohl die Sicherheit des Verkehrs als auch die Reisegeschwindigkeit der Züge waren desolat.

Die Rettung des Verkehrs war der Schülerverkehr, der allerdings nur im Falle der Stadt Krumbach auf die Schiene gebracht werden konnte. Für Günzburg spielt die Kammeltalbahn nicht die entscheidende Rolle, für Mindelheim natürlich auch nicht. Für Krumbach jedoch war die Schiene von existenzieller Bedeutung. Die Stadt Krumbach investierte auch in den Bahnhaltepunkt Krumbach Schulen im Süden der Stadt und vermied einen parallelen Busverkehr. Ganz anders war die Situation im Zulauf auf Günzburg. Dort verkehrten bis zu 4 Busse gleichzeitig, um die Schüler zu den Günzburger Schulen befördern zu können. Und auch nach Mindelheim, wo das Maristenkolleg unmittelbar an der Schiene liegt, rollten die Busse so zeitgerecht, dass für die Schiene nichts übrig blieb. Der Vorschlag, etwa analog zu Tuttlingen Zentrum einen Haltepunkt Mindelheim Maristenkolleg (gelegen etwa 1 km westlich des Bahnhofs Mindelheim in Richtung Memmingen) zu bauen, hätte der Schiene schlagartig mehrere Hundert Fahrgäste gebracht. Er war und ist aber bislang nicht gewünscht.

Entsprechend war das Verkehrskonzept als Ringlinie Ulm - Günzburg - Krumbach - Mindelheim - Memmingen - Illertal - Ulm angelegt gewesen. Die Idee war, den Verkehr München - Memmingen so zu beschleunigen, dass zwischen Mindelheim und Memmingen die Münchner Züge nicht mehr gehalten hätten und im Nachlauf der aus Richtung Krumbach kommende Triebwagen die Umsteiger aus Richtung München in Richtung Sontheim - Memmingen befördert hätte. Dies hätte dann auf der Schiene einen umsteigefreien Verkehr vom Mittelzentrum Krumbach ins Oberzentrum Memmingen oder auch ins Oberzentrum Ulm bedeutet und in Mindelheim (damals Nullknoten) für schlanke Anschlüsse von und nach Buchloe - München gesorgt.

Leider war die Infrastruktur damals so untauglich, dass dies im Rahmen des Allgäu-Schwaben-Takts nicht machbar war. Anstelle der 628.0 des BW Kempten, die damals die Schienebusse gerade abgelöst hatten, verkehren seit geraumer Zeit die 642er-Triebwagen. Aber die Geschwindigkeit lässt wegen der Infrastruktur der Strecke immer noch sehr zu wünschen übrig. Eine Vernetzung mit der Bahn, wie sie in vielen anderen Teilen des Landes inzwischen üblich ist, findet man im Landkreis Günzburg und im Unterallgäukreis nicht.

Wenn im kommenden Jahr der S-Bahn-Vorlaufverkehr Weißenhorn - Ulm aufgenommen wird und logischerweise das Hinterland an den Weißenhorner Nullknoten per Bus angebunden werden wird, dann schafft man es von Krumbach aus deutlich schneller mit dem Bus nach Weißenhorn und weiter mit dem Zug nach Ulm als über Günzburg. Obendrein dürfte das tariflich (DING-Verbund ab Ingstetten) interessanter sein. Eine Entwicklung, die der Kammeltalbahn nicht gerade zuträglich sein dürfte.

Damals übrigens gab es noch richtigen Güterverkehr. Es war in Breitenbrunn, wo noch Erdöl gefördert wurde und in vierachsigen Tankwagen zu einer Raffinerie transportiert wurde.

In Pfaffenhausen allerdings war die Strecke nach Kirchheim schon abgebaut, aber es gab noch Relikte der Trasse zu sehen.

Das letzte mal habe ich die Kammeltalbahn anlässlich einer Fahrt zu einer Sitzung des Verbands Donau-Iller im Rehabilitationszentrum in Ichenhausen genutzt. Auf dieser Sitzung wurden die Grundlagen für die Reaktivierung der Strecke Ulm - Weißenhorn gelegt. Ich konnte ab Ulm Hbf mit der RB 57689, die von Ulm direkt nach Krumbach verkehrt, bis Ichenhausen Bahnhof fahren und in wenigen Minuten zu Fuß das große Rehabilitationszentrum erreichen. Während ich auf meinen Tagesordnungspunkt wartete, kamen in die Kantine viele Reha-Patienten, meiner Einschätzung nach überwiegend Verkehrsunfall-Patienten, insbesondere Motorradfahrer. Wenn man in solche einem Reha-Zentrum das Elend sieht, dann ist man doppelt motiviert, sich für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs einzusetzen.

Prunkstück an der Kammeltalbahn ist inzwischen der Bahnhof Günzburg. Er wurde zum IC-Haltebahnhof ausgebaut und verfügt auch über einen ansprechenden Busbahnhof und großzügige P&R-Anlagen. War ja angesichts des Legolands sinnvoll. Was die wenigsten wissen: Der Busbahnhof von Günzburg und das Parkhaus in Günzburg wurden von einem Busunternehmer gebaut, der mir gegenüber mal äußerte, dass er das, was die DB mit den Stationsgebühren für Züge entwickelt hätte, für den Bau des Busbahnhofs Günzburg in abgewandelter Form ebenfalls gemacht hätte. Mit den üblichen Zuschüssen aber auch mit viel Eigenkapital hat er den Busbahnhof Günzburg als attraktive Schnittstelle Bus/PKW/IC-Verkehr ausgebaut und schreibt inzwischen schwarze Zahlen, da er von jedem Busunternehmer, der diesen Busbahnhof anfährt bzw. anfahren muss, Stationsgebühren verlangt, um für eine angemessene Verzinsung seines investierten Eigenkapitals zu sorgen. Also ein echtes PPP-Projekt.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von VT-Lover »

Hallo Oli,
das sind ja tolle Bilder. solche Nebenbahnen liebe ich genauso wie Du! Muß wohl auch mal mein Rädle schnappen...

... da ich grad mit dem Rad in's Gschäffd fahre, wenn's nicht regnet, haben wir uns leider nicht an "meinem" RE getroffen :tja: , sonst hättest Du mich vorwarnen können, was für Bilder ich heute zu sehen kriege!
Grüßle aus dem Tal der Murg
Markus
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Re: Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von Villinger »

Sind die DB-440er in München stationiert?

Für die schönen Bilder bedankt sich

Nils
Bild Aus dem Fridinger wurde der Villinger Bild
Karl Müller
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Re: Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von Karl Müller »

Guten Abend,

Hallo Vielfahrer, Danke für die Erläuterungen zur Strecke.
Und, klar das die Weißenhorner Strecke die Mittelschwabenbahn kannibalsiert, wer sich mit den Verkehrsströmen auskennt kann das
vorhersagen. Der Günzburger Bahnhof ist gelungen, in allem !
Und, Markus, ja, dort ist gut radeln, empfehlenswert !
Und, wo die 440 stationiert sind ? Gute Frage ! Nächste Frage !
Gruß Oli
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Hannes
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Re: Die Kammeltalbahn - Impressionen

Beitrag von Hannes »

Ja, die 440er des Fugger-Express sind im S-Bahn-Bw München-Steinhausen beheimatet. Weitere 440er gibt es ja noch im E-Netz Würzburg, die dürften wohl dort vor Ort oder in Nürnberg gewartet werden.
"Deutsche siegen im Fußball, aber bei der Bahn ist täglich Cordoba."
ÖBB-Chef Christian Kern in der Kronenzeitung vom 8.11.14
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