Was tun mit alten Bussen ...?

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Sascha
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Was tun mit alten Bussen ...?

Beitrag von Sascha »

... sie werden nach Schwaben verkauft/verliehen.

Moin Moin in die Runde,

ich fahre zur Arbeit nach Loßburg und da kommt mir seit einiger Zeit gegen 16:45 Uhr ein Schülerbus entgegen, was aber eigentlich nichts besonderes wäre.

Was aber besonders ist, sind die Kennzeichen und die Werbung auf den Bussen. Einer hat ein Tübinger Kennzeichen, einer Stuttgarter mit VVS - Logo vorne (und Werbung fürs Cannstatter Wasen 2010) und sogar aus Tuttlingen mit Werbung fürs TuTicket kam mir schon entgegen.

Die Busse, fast alles ältere Gelenkbusse fahren für die SBG (Standort: Schramberg) als Schulbus-Linie zwischen Halbmeil - Schiltach - Schramberg.

Meine Frage(n):

1. Warum haben die Ihre alte Kennzeichen noch dran, z.T. keine Euro-Kennzeichen

2. Dürfen die die Werbung noch dran lassen (Ok, Cannstatter Wasen 2010 ist veraltet, aber Werbung für andere Verkehrsverbünde?!)

Eine Anfrage bei SBG hat nichts ergeben. Weiß jemand von euch was?

Was mir noch einfällt, vor einiger Zeit fuhr in Griechenland ein ehm. SWEG - Bus mit Werbung für die Badische Zeitung rum, der Bus fuhr früher Linie 301 (Offenburg - Kehl).

MFG

Sascha
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Gilles LENHARD
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Re: Was tun mit alten Bussen ...?

Beitrag von Gilles LENHARD »

Hallo,

Die sind vielleicht momentan vermietet....
Vielfahrer
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Re: Was tun mit alten Bussen ...?

Beitrag von Vielfahrer »

Dazu gibt es vieles zu sagen. Mein bestes Erlebnis war mal vor etlichen Jahren in Afghanistan, als mir ein Bus der Firma Schönbuch-Reisen mit der Telefon-Nr. 07031, Rest habe ich vergessen, entgegen gekommen ist.

Also, Busse werden mal gekauft, zugelassen und teils mit Werbung beklebt, bezuschusst aus Fördermitteln für den öffentlichen Nahverkehr und dann einige Jahre lang gefahren. Früher war es so, dass die Bindungsfrist bei 4 Jahren lag, d.h. betriebswirtschaftlich optimal hatte sich der verhalten, der einen Bus gekauft hat und ihn nur minimal eingesetzt und nach 4 Jahren als neuwertigen Bus mit wenig Kilometern verkauft hat. Auf diesem Wege sind viele Fördergelder indirekt in den Osten geflossen und hier der Busabsatz angekurbelt worden. Das ist inzwischen ganz anders. Busse, die im Nahverkehr eingesetzt werden, müssen 400.000 km und mindestens 4 Jahre auf dem Buckel haben, was eigentlich kaum noch gelingt. Im Nahverkehr sind Laufleistungen von 100.000 km/a möglich, aber doch recht selten. Der Durchschnitt dürfte so bei 50.000 bis 80.000 Jahreskilometern liegen. Deswegen werden die Busse in der Regel auch 8 Jahre lang gefahren (abgeschrieben) und schaffen während dieser Zeit ihre Laufleistung. Danach könnte der Busunternehmer ein neues Fahrzeug sich als Ersatzbeschaffung wieder bezuschussen lassen, was er in der Regel auch tun wird, denn mit steigendem Fahrzeugalter steigen bekanntlich auch die Betriebskosten (Reparaturaufwändungen usw.). Außerdem gibt es viele Busunternehmen, die wollen technisch und ökologisch auf der Höhe der Zeit bleiben und sind froh, wenn ihre ältern Fahrzeuge durch Motoren mit der jeweils höchsten Euro-Norm ersetzt werden können.
Klar, dies geht natürlich nicht ohne eigenes Kapital, das sich jedoch leider nicht bei jedem Busunternehmen ansammelt. Viele Busunternehmer haben zwar viele Busse, verdienen aber letztlich nichts daran und verfügen daher nicht über das notwendige Eigenkapital, um ihre Flotte auf dem technisch aktuellsten Stand zu halten.
Vielmals haben auch die Aufgabenträger ein bestimmtes Höchstalter in ihren Verträgen festgeschrieben, d.h. es dürfen nur Busse eingesetzt werden, die beispielsweise nicht älter als 10 Jahre sind. Was macht dann ein Unternehmer, der abgeschriebene Fahrzeuge hat, also solche, die älter als 8 Jahre sind? Er sucht sich Arbeit, z.B. als Auftragnehmer, auf Linien, wo es diese Verträge nicht gibt.
So dürfte der geschilderte Fall liegen. Es handelt sich offenbar um die Firma Stadtbus Tuttlingen Klink, die da beobachtet wurde. Diese fährt meines Wissens auf verschiedenen Strecken der SüdbadenBus GmbH (SBG), u.a. im Raum Schramberg und Rottweil. So wurde mir berichtet, dass zwischen Rottweil und Balingen ein Bus mit mehr als 850.000 auf dem Buckel unterwegs wäre (Klink im Auftrag der SBG). Ich habe mal in Villingen bei der SBG nachgefragt, wo mir dieser Sachverhalt vom Grundsatz her bestätigt wurde.

Was mich an der ganzen Sache wundert, ist, dass die SBG ihre eigenen Fahrzeuge eigentlich sehr attraktiv hält, weil sie ihren Kunden nur moderne und bequeme Fahrzeuge bieten möchte. Selten oder eigentlich nie bin ich in SBG-Bussen unterwegs gewesen, die mir irgendwie älter vorgekommen wären. Und ich fahr sicherlich als Vielfahrer auch viel Bus (nicht auf Fernreisen, sondern im Nahverkehr). Bis zum heutigen Tage sind dies in diesem Jahr 2.371 km gewesen, ich schaffe also bis Jahresende sicherlich die 2.500 km-Fahrleistung (incl. Stadtverkehrsfahrten). Das Erstaunliche ist aber, dass die SBG bei ihren Auftragnehmern darauf offenbar nicht schaut. Hier wird Fahrzeugmaterial eingesetzt, das eigentlich längst auf den Abstellplatz gehören würde. Meines Erachtens schädigt sie sich da selbst bzw. verhält sich doch so, als ob ihr das letztlich egal wäre, was sie ihren Kunden zumutet.

Warum macht sie das? Für mich stellt sich der Fall so dar, dass das ausschließlich mit der Wirtschaftlichkeit zusammenhängt. Nehmen wir mal an, eine bestimmte Linie ergibt über das Jahr hinweg einen Kilometerumsatz von 2,30 € pro gefahrenem Kilometer. Würde sie mit eigenen Fahrzeugen alles fahren, so wäre sie in den roten Zahlen, weil der eigen produzierte Kilometer (mit sehr gutem Fahrzeugmaterial, incl. Verwaltung, Planung usw.) teurer ist. Bei Subunternehmern werden Auftragsleistungen letztlich deutlich preisgünstiger angeboten (die müssen auch nicht selbst planen, verwalten usw. und setzten eben auch längst abgeschriebene Fahrzeuge ein). Ich will nun nicht die tatsächlichen Kilometersätze hier ausbreiten, die dafür bezahlt werden, aber sagen wir mal, sie lägen bei 2,00 €, so erkennt man, dass man durch Anmietung die Durchschnittskosten der Linie unter die 2,30 € drücken könnte und damit im schwarzen Bereich fährt.
Dies habe ich hier natürlich nur ganz der Spur nach dargestellt, im Detail ist es noch komplizierter und letztlich auch anders. Aber ich hoffe, dass begreifbar wird, warum mit Subunternehmern gearbeitet wird (insbesondere, wenn nur Spitzenleistungen abzudecken sind).
So kommt es also, dass die alten Kisten, teils sogar Busse, die die SBG des Alters wegen verkauft hat, über Subunternehmen wieder auf den ursprünglichen Linien auftauchen. Mir kommt das immer wie ein Selbstbetrug vor.

Busse, die abgeschrieben sind und ausgemustert werden, sind in der Regel nicht wertlos. Vielfach werden diese Busse, weil sie technisch noch gut sind, ins Ausland verkauft (siehe mein obiges Erlebnis). Die Veräußerung dieser alten Busse fließt vielfach aber nicht in die aktuelle Linienkalkulation ein, ist also für den Verkäufer letztlich ein gutes Geschäft, das er auch benötigt, weil er beim Fahren vielfach "nur noch das Geld wechselt", aber nichts mehr verdient.
Es gibt nun Busfirmen, die tun sich - aus was für Gründen auch immer - schwer damit, laufend neue Busse zu kaufen. Die versuchen dann, Busse, die sie aus anderen Verkehren (hier z.B. aus dem Stadtverkehr Tübingen, daher die Lackierung des Busses oder auch das Tübinger Zulassungskennzeichen) übrig haben oder erworben haben, anderweitig einzusetzen, so etwa beim Tuttlinger Stadtverkehr. Dort aber gibt es Regelungen, wonach die Busse ein bestimmtes Alter nicht überschreiten dürfen. Was bleibt dem Unternehmen dann anders übrig, als den Bus, der früher mit TUTicket-Werbung im Tuttlinger Stadtverkehr lief, dort einzusetzen, wo das toleriert wird.
Wer daran etwas ändern möchte, der muss im geschilderten Fall auf die SBG einwirken oder auf den zuständigen Aufgabenträger, sprich den Landkreis Rottweil, dass sich hier was ändern möge. Das wir über dieses Forum natürlich nicht gelingen. Da muss man schon erfolgsversprechendere Wege beschreiten.
Das anhand des TUTicket-Busses und seines Auftraggebers SBG geschilderte Beispiel findet sich aber überall im Ländle. Es soll nun weder speziell gegen die Firma Klink noch gegen die SBG gerichtet sein. Aber als Kunde komme ich mir doch etwas an der Nase herum geführt vor. Ich bin schon mit Bussen gefahren (nicht bei der SBG und nicht von der Firma Klink, das möchte ich ausdrücklich betonen), da konnte ich als Fahrgast durch den Boden die Straße erkennen. Da gibt es Sitze, die x-mal geflickt wurden, die von Schülern oder anderen regelrecht zugrunde gerichtet wurden und einen völlig versifften Eindruck machen.
Völlig klar ist, dass sich diese Mißstände beheben lassen, wenn man nur will. Die Folge jedoch ist, dass die Kosten steigen. Ob das dann auch noch alle wollen, das wäre die nächste Frage. Wieder andere sehen ihr Heil in einer Ausschreibung, wo Standards in die Verträge aufgenommen werden (und prinzipiell auch kontrolliert werden) und Strafzahlungen bei Nichteinhalten fällig werden (damit meine ich natürlich nicht den Fall, wenn aus irgendwelchen Gründen mal plötzlich ein Bus ausfällt und ein älterer zum Einsatz kommen muss). Da aber die Fahrzeugkosten durch die Personalkosten noch getoppt werden, wirken die Ausschreibungen ganz besonders stark auch auf das Personal (siehe andere Diskussion über die Personalprobleme des Ringzugs). Klar, man kann in den Ausschreibungsunterlagen auch festschreiben, dass nur Personal eingesetzt werden darf, dass Tarifverträge hat. Nur welche Tarifverträge. Sowenig wie man bestimmte Fahrzeugmarken vorgeben kann, sowenig darf man auf die zu bezahlenden Löhne Einfluss nehmen. Wie habe ich neulich von einem Verkehrsplaner (in diesem Fall der Grünen) gelesen: "Durch Ausschreibungen müssen die Gewinne abgegriffen werden", um Gelder für Mehrverkehre zur Verfügung zu haben.
In diesem Forum habe ich es schon mehrfach geschrieben. Ich bin kein Freund von Ausschreibungen, sondern von transparenten und nachvollziehbaren Kalkulationen, die ein Gewinn enthalten müssen, soll der Unternehmer auch den jeweilig angemessenen technischen Standard für seine Leistungen anzubieten in der Lage sein.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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