Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Strecken außerhalb von Baden-Württemberg
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Vielfahrer
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Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

am Donnerstag dieser Woche wurde im Kreistag in Neu-Ulm beschlossen, dass auf Ende 2023 der komplette Nahverkehr im Raum Ulm - Senden - Weißenhorn neu geplant und ausgeschrieben werden soll. Die vor 8 Jahren erfolgte Reaktivierung der Schienenstrecke (Ulm - ) Senden - Weißenhorn erweist sich als Erfolgsmodell. Der Stundentakt soll zu den Hauptverkehrszeiten nunmehr zum 30-Minuten-Takt ergänzt werden, ferner soll die Strecke, die Bestandteil der Regio-S-Bahn Donau-Iller ist, elektrifiziert werden, ebenso die Illertalbahn. In Senden wird der Bahnhof komplett umgebaut und schienenfreie Zugänge zu den Bahnsteigen erhalten. Die Taktverdichter nach Weißenhorn sollen in Senden von den Takten nach Illertissen geflügelt werden. Senden wird damit ein 15er und 45er-Knoten im Regionalverkehr werden und Verkehre von Weißenhorn in Richtung Illertissen werden mit bahnsteiggleichem Umstieg in Senden damit teilweise halbstündlich möglich werden. Das ganze Angebotssystem wird um 30 Minuten gedreht. Auch deswegen müssen sämtliche Buslinien neu konzeptioniert werden und die Bedienungsstrukturen insgesamt überdacht werden. Ferner soll der bisherige Buslinienverkehr, der teilweise mehr oder weniger schulorientiert ist, eine attraktive Alternative im Verbund mit der Regio-S-Bahn Donau-Iller und Bike and Ride im Sinne des Klimaschutzes werden. Dies wurde so im Kreistag einstimmig beschlossen.
Der Haltepunkt Neu Ulm-Gerlenhofen wird um ca. 400 m in Richtung Süden in die Ortsmitte verschoben. Im Norden von Senden wird ein neuer Halt geplant (Nähe Möbel-Inhofer), die Zweigleisigkeit, die bislang nur bis zum Haltepunkt Neu-Ulm Finninger Straße reicht, wird verlängert, kurz, es wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass zusätzlich zum Fern- und Regionalverkehr zwischen Illertissen und Ulm Hbf ein sauber vertakteter 30-Minuten-Verkehr der Regio-S-Bahn Donau-Iller angeboten werden kann, der in einem Drittel der Fahrzeit der Busse die Gemeinden mit Ulm und Neu-Ulm verbindet. Entsprechend dazu werden die schienenparallelen Busleistungen zugunsten einer verbesserten Flächenerschließung umgeplant. Zielsetzung ist es, die angebotsmäßigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der öffentliche Verkehr seinen Teil zum Klimaschutz durch Verdoppelung der Nachfrage tatsächlich erbringen kann.

Flankierend dazu hat die Stadt Ulm vor, in der Innenstadt die Zahl der Parkplätze von 5.000 auf 1.400 zu reduzieren, um die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu verbessern. Anstelle von Parkplätzen sollen Grünflächen mit Sitzbänken geschaffen werden (Parklets genannt). Das Anwohnerparken soll von 30.- €/Jahr auf 300.- €/Jahr deutlich verteuert werden. Völlig logisch, dass es da attraktivere Alternativen als heute benötigt, um ohne Auto in die Stadt und zurück zu kommen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Benutzer 786 gelöscht

Re: Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Beitrag von Benutzer 786 gelöscht »

Sehr konsequent, was die Stadt Ulm macht.
Gut, dass wir unseren Zweitwagen durch einen Privatverkauf diese Woche an Käufer (ausgerechnet aus Ulm) ersatzlos verkauft haben *:-D*
Karl Müller
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Re: Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Beitrag von Karl Müller »

Guten Morgen,
und Danke für die Informationen. Ich bin gespannt wie sich der Ulmer ÖPNV verändert, wir konnten es ja seit vielen Jahren beobachten. Vor allem noch die Inbetriebnahme der SFS Ulm - Wendlingen Ende 22.
Gruß Oli
Vielfahrer
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Re: Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

heute konnte ich die neuen Pläne für den Umbau des Bahnhofs Senden sehen. Es wird einen Mittelbahnsteig geben, an welchem die Züge u.a. von und nach Weißenhorn abfahren und wo auch in/aus Richtung Illertissen die Züge geflügelt bzw. zusammengekuppelt werden. Vom Mittelbahnsteig aus gelangt man über eine Treppe bzw. einen Aufzug auf einen Steg, der auf der westlichen Seite, also wo das bisherige Bahnhofsgebäude steht, zu einem Busbahnhof führt, der 3 Haltestellen in südlicher und 3 Haltestellen in nördlicher Richtung aufweist. Verlässt man den Steg in östlicher Richtung, so gelangt man zu einer zusätzlichen Bushaltestelle auf der Ostseite, welche von Bussen der Linie Hittistetten - Aufheim bedient wird, die anschließend über Wullenstetten nach Illerzell (dort liegt das Illertal-Gymnasium) weiterfahren. Die 7 Haltestellen werden benötigt, um aus Senden, wo sich zeitweise aus 3 Richtungen die Züge treffen, ein die Fläche versorgenden Vollknoten zu den Minuten 15 und 45 zu machen. Mit der Konzeption zweier Busabfahrtsmöglichkeiten im Westen und Osten der Illertalbahn in Senden spart man Fahrten über den Bahnübergang in Senden ein. Die Illertalbahn ist ja eingleisig und weist ab Ende 2023 sehr dichten Zugverkehr auf, also häufig geschlossene Schranken. 125 Personenzüge pro Tag, dazu noch Güterzüge (z.B. den Ölzug nach Altmannshofen) auf einer eingleisigen Strecke, das ist schon ordentlich viel.

Nachdem die infrastrukturelle Erweiterung der Schienenstrecke zwischen Neu-Ulm und Senden nicht ganz so rasch wie wünschenswert erfolgt, können nicht alle Regio-S-Bahnen in Gerlenhofen halten. Aus diesem Grund wird bis zur Verlegung des Bahnhofs Gerlenhofen in die Ortsmitte der 30-Minuten-Takt mit der Buslinie 73 nach Ulm beibehalten. In südlicher Richtung nach Vöhringen werden die Busse ebenfalls alle 30 Minuten verkehren und die bedeutenden Industriegebiete erschließen, etwa die Fa. Wieland in Vöhringen. Am Bahnhof in Vöhringen wiederum (er ist kein Taktknoten der Schiene) gibt es auf die Schiene aus Ulm bzw. aus Illertissen abgestimmte Busverbindungen in Richtung Weißenhorn über Illerberg und in Richtung Illertissen über Au oder Tiefenbach. In Illertissen, das so ca. 25 km von Ulm entfernt ist, endet dann der Verdichtungsraum, welcher Zigtausende Arbeitsplätze und Einwohner aufweist. Nach den Vorstellungen des Klimaschutzprogramms des Landkreises Neu-Ulm soll die Bahnlinie Ulm - Neu-Ulm - Senden - Vöhringen - Illertissen (- Memmingen) das Rückgrat des Umweltverbunds werden, wobei die Buslinien die Feinerschließung der Siedlungsgebiete ohne unmittelbaren Schienenzugang sicherstellen. Zielsetzung ist es, nachdem die Schiene täglich mindestens stündlich, überwiegend halbstündlich, die Bahnhöfe miteinander bis Mitternacht verbindet, dies auch für die abseits liegenden Wohngebiete zu ermöglichen, also stündlich, täglich bis Mitternacht. Umgesetzt werden soll das alles auf Ende 2023, d.h. noch in diesem Jahr soll eine europaweite Vorabbekanntmachung der Pläne des Landkreises erfolgen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

morgen Abend um 19 Uhr findet in der Stadthalle von Weißenhorn eine Veranstaltung statt, bei welcher die Zukunft des öffentlichen Verkehrs im Raum Weißenhorn vorgestellt werden soll. Da wäre zunächst einmal das ab dem 10. Dezember ausgeweitete Betriebskonzept auf der Schiene, welches zukünftig an Mo-Fr 24 Fahrtenpaare (bislang 20 Fahrtenpaare) bieten wird. Außerdem findet eine Taktdrehung um 30 Minuten statt sowie in den Hauptverkehrszeiten eine Verdichtung zu halbstündlichen Zugfahrten. Der Clou daran ist, dass ab Fahrplanwechsel es dadurch sinnvoll wird, den Schülerverkehr auf die Bahn zu verlagern. Zwischen Weißenhorn und Senden wird es keine Busse mehr geben.

Auf zahlreichen Buslinien wird das Angebot über den Stundentakt hinaus verdichtet und in der Regel ganztägig bis ca. 21 Uhr auf alle Zugverbindungen aus und in Richtung Ulm abgestimmt. Nach 21 Uhr bis 1 Uhr sowie an Samstagen und Sonn- und Feiertagen verkehren stündlich die sog. Pfiffibusse, also flexible Fahrten, die aber am Bahnhof Weißenhorn nicht vorbestellt werden müssen. Die Kunden steigen ein und erklären dem Fahrpersonal, wohin sie wollen. Nur wer unterwegs noch zusteigen möchte, um z.B. zu später Stunde noch die Bahn nach Ulm zu erreichen, muss dies zuvor telefonisch oder anderweitig der Einsatzzentrale mitteilen.

Zwischen vielen Gemeinden sind stündliche Verbindungen bis und zum Teil nach 24 Uhr noch möglich. Das finanzielle Risiko trägt der Landkreis Neu-Ulm, der die Leistungen auf der Straße im Rahmen von Bruttoverträgen ausgeschrieben hat. Und wer abends noch wegfahren möchte, z.B. wie ich von Weißenhorn nach Tübingen, kann um 22 Uhr abfahren und ist noch vor Mitternacht in Tübingen, das ganze zum günstigen Preis des Deutschlandtickets (kostet in Tübingen nur 34.- € pro Monat).

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Senden - Weißenhorn wird attraktiver

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

die Stadthalle von Weißenhorn war bei der gestrigen Informationsveranstaltung zur Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs - trotz gleichzeitigem Bayern-Spiel - fast bis auf den letzten Platz gefüllt.

In einer zwei Stunden dauernden Information wurden die in knapp 7 Wochen anstehenden Verbesserungen auf der Schienenstrecke Ulm - Senden - Weißenhorn vorgestellt. Die Zahl der Zugverbindungen erhöht sich von 20 Zugpaaren auf 24 Zugpaare an Mo - Fr, da die Nachfrage bei der vor ziemlich genau 10 Jahren reaktivierten Bahnlinie (sie war 50 Jahre lang stillgelegt) höher als erwartet ausgefallen ist. Am Wochenende bleibt es bei den bislang 19 Zugpaaren (gefahren wird bis kurz vor 1 Uhr täglich). Zusätzlich zum Stundentakt werden neu 4 Zwischentakte während der Hauptverkehrszeiten angeboten, außerdem wird das Taktsystem um 30 Minuten gedreht. Dadurch wird es möglich bzw. sinnvoll, den bislang aus Zeitgründen parallel laufenden Schulbusverkehr aufzugeben. Es wird ab Fahrplanwechsel keine Busverbindungen von Weißenhorn nach Senden oder umgekehrt mehr geben, was einen weiteren Anstieg der Fahrgastzahlen erwarten lässt.

Der komplett veränderte Schienenfahrplan zieht logischerweise auch einen komplett veränderten Busfahrplan nach sich, weil der Landkreis Neu-Ulm Wert auf funktionierende Transportketten von der Bahn in die Fläche und umgekehrt legt. Insgesamt wurden drei Linienbündel ausgeschrieben (insgesamt 10 Buslinien), die teilweise halbstündlich, vielfach täglich und häufig bis Mitternacht verkehren, so dass alle Bahnverbindungen Anschluss auch in die nicht an der Schiene liegenden Ortschaften haben. Dazu wurde das Fahrtenangebot kräftig aufgestockt. So gibt es ab Weißenhorn bei den dort abfahrenden Buslinien zwischen 25 und 35 Busabfahrten an Schultagen, aber bis auf die schulischen Verstärkerfahrten verkehren diese Busse auch an Ferientagen. Nach 21 Uhr gibt es das Angebot von Pfiffibussen (kommt von „pfiffigen“ Lösungen). Diese stehen u.a. in Weißenhorn bei jeder Zugankunft am Bahnsteig. Die Kunden steigen ohne Voranmeldung in die Kleinbusse ein und der Fahrer fährt dann die Tour so, dass die Fahrgäste schnellstmöglich zuhause sind. Wer in der umgekehrten Richtung zusteigen möchte, muss dies allerdings zuvor bei der Pfiffibuszentrale anmelden. Auf den schwächeren Buslinien verkehrt der Pfiffibus auch samstags und an Sonn- und Feiertagen von früh bis spät, so dass auch hier die Bahnanschlüsse gewährleistet werden.

Während die Schiene die schnellen Verbindungen nach Senden, Ulm, Illertissen oder Memmingen bedient, befahren die Busse die Fläche und binden sie in Weißenhorn Bf, Weißenhorn-Eschach, Senden, Vöhringen oder Illertissen an die Bahnverbindungen an. Auf auskömmliche Umstiegszeiten (in der Regel 5 Minuten zwischen Busankunft und Zugabfahrt oder umgekehrt wurde geachtet).

In der Diskussion des verbesserten Angebots wurde kritisiert, dass dies nur den nordwestlichen Teil des Landkreises betreffen würde. In der Tat ist es so, dass nur bei den drei Linienbündel dieses Teils der Verkehr neu geplant werden konnte. In anderen Bereichen laufen die bisherigen Genehmigungen noch einige Jahre weiter, so dass hier keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit bestanden hatte. Aufgeschoben heißt aber nicht aufgehoben. Erwartet wird, dass in drei Jahren sich auch die Verhältnisse im südöstlichen Teil des Landkreises verbessern lassen.

Das Fahrtenangebot im Landkreis Neu-Ulm war schon bislang überdurchschnittlich gut für bayrische Verhältnisse. Ab Dezember wird es noch erheblich besser. In Weißenhorn (ca. 15.000 Einwohner) verkehren schon heute sechsmal mehr Busse und Bahnen als im benachbarten Krumbach. Erst im Umland von Augsburg und natürlich München liegt das ÖV-Angebot noch darüber.

Bei den neuen Verkehren handelt es sich um sog. „Bruttoverträge“, also Verträge, bei denen der Landkreis die kompletten Leistungen bei den ausgewählten Betreibern bestellt und im Gegenzug dafür alle Einnahmen und gesetzlich zustehenden Ausgleichszahlungen erhält, also das Erlösrisiko trägt. Dies ist es dem Landkreis wert, um die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs zu stärken.


Viele Grüße vom Vielfahrer
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