VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Vielfahrer
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VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Vielfahrer »

Das neue VS-Bus-Konzept, das seit Jahresbeginn läuft und dessen Kinderkrankheiten inzwischen ausgemerzt sind, soll zum 1. Oktober aufgehoben werden und durch den bis Ende 2019 gültigen Fahrplan ersetzt werden. So hat es der Technische Ausschuss der Stadt Villingen-Schwenningen beschlossen. Wie das mit den geänderten Fahrplänen des Ringzugs, der Breisgau-S-Bahn oder den regionalen Linien 36 (Weilersbach) und 38 (Niedereschach) funktionieren soll, muss sich erst noch zeigen. Gegen diesen Antrag stimmten die Grünen. Einer ihrer Vertreter fragte die Antragsteller, wie denn der öffentliche Verkehr organisiert sein solle, dass sie ihn selbst nutzen würden. Die Antwort blieben die Antragsteller allerdings schuldig. Ein Vertreter der Freien Wähler legte sich mächtig ins Zeug und erinnerte daran, dass man vor Jahresfrist einstimmmig den neuen Fahrplan beschlossen habe. Aus seiner Sicht sei es aber ein Fehler, dass für eine Fahrt mit dem Bus von vielleicht 3 Haltestellen 2,30 € verlangt würden oder 4,50 für eine Tageskarte. So brauche man sich nicht zu wundern, wenn die Frequenzen als dürftig erachtet würden. Für eine Fahrt von Villingen nach Schwenningen hingegen hielt er den Fahrpreis durchaus für angemessen. Die Verwaltung konterte mit dem etwas abgedroschenen Argument, dass sie für die Fahrpreise nicht zuständig sei. Dies sei ausschließlich Sache des Verbunds.

So werden also wieder Rufbusse und "Betriebsferien" und Schleifenlinien usw. fröhliche Urständ feiern. Der Nachtbus jedoch soll bleiben. Es wird dann teilweise erhebliche Bedienungslücken geben, da die 2019er-Fahrpläne recht früh aufgehört haben und der Nachtbus erst um 1 Uhr einsetzt.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Lucian Berndt
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Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Lucian Berndt »

Na scheiße!!! Habe mich grade damit arrangiert zu späteren Zeiten auch mal anständig zu fahren und dann wird es nach knapp 8 Monaten wieder eingestellt.... super *kopfgegendiewand*
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Villinger
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Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Villinger »

Wie kann das sein, dass man nach einem guten halben Jahr schon die Reißleine zieht? In so einer Zeit bekommt man doch kaum das Angebot unter die Leute, zumal wenn das Marketing nicht stimmt. Wenn ich an die 2012 eingerichteten RE-Halte in Fridingen denke, hat das locker 2-3 Jahre gedauert, ehe sie wirklich angekommen sind und genutzt wurden.

In TUT derweil will man das eingeführte Fahrprogramm im Dezember nicht ändern (KT-Beschluss von vor der Krise, aber offenbar trotzdem mit Wirkung), was aber eigentlich auf die geplante Tarifreform des 3er-Bundes zielte - diese hätte unter besten Bedingungen ab Sommer 2021 gewirkt, und man hätte einen spürbar niedrigeren Tarif mit für den ländlichen Bereich guten bis herausragendem Bedienungsstandard gehabt. Daraus wird nun aber sicher erstmal nichts, die Tarifreform sackt gerade in sich zusammen, da laut Aussage eines bekannten Kreisrates es momentan berechtigt wichtigere Themen gibt. Bspw. ist man gottfroh, letztes Jahr die Spaichinger Klinik geschlossen zu haben, da die Geldsorgen sonst noch viel größer wären.

Außerdem befasst sich der KT TUT nächste Woche mit einer Ausweitung der Abendfahrten - seit März wird ab 20 Uhr abends gekappt und der Betrieb eingestellt, im Rahmen von vielen Beschwerden soll der Kompromiss nun die Betriebseinstellung ab etwa 22 Uhr sein. Pro Woche hat das Servicecenter im Landratsamt laut Drucksacke 30 Beschwerden, dass nach 20 Uhr momentan kein Busverkehr mehr stattfindet, da durch Umstellung von Produktionszyklen viele Schichtarbeiter neu am Abend Dienstende haben.
Bild Aus dem Fridinger wurde der Villinger Bild
Benutzer 786 gelöscht

Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Benutzer 786 gelöscht »

Die Tarifreform zum 3er Tarif sind auf Eis gelegt?
Ne, oder??

Das gibts doch nicht. Das bedeutet eine weitere lange Zeit mit maßlos überteuerten Tickets in unserer Region.
Vielfahrer
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Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

ja, so richtig voran geht es mit der Verbundreform offenbar nicht. Man muss aber sehen, dass die Tarife die eine Sache sind und die dahinter steckende Organisation die andere. Und da ist die Situation in der Ringzug-Region besonders kompliziert: In Tuttlingen handelt es sich um einen hundertprozentigen kommunalen Verkehrsverbund, der neben den Tarifen auch die Angebote plant. Allerdings ist TUTicket ein reiner ÖPNV-Verkehrsverbund, kein Mobilitätsverbund, der sich z.B. auch mit Car-Sharing oder dem Verleih von E-Bikes usw. befasst. Das ist zwar auch in Rottweil so, aber dort handelt es sich um einen hundertprozentig von Unternehmen getragenen Tarifverbund. Im Schwarzwald-Baar-Kreis wiederum handelt es sich derzeit auch (noch) um einen unternehmerisch organisierten Tarifverbund, während das Verkehrsangebot vielfach vom Landkreis geplant und seit Jahren auch finanziert wird. Die Tendenz läuft dort eher in die Tuttlinger Richtung, allerdings nicht in Richtung Verkehrsverbund oder Mobilitätsverbund, sondern erst mal kommunaler Tariverbund. Diese drei unterschiedlichen Strukturen zu einem homogenen Gesamtsystem in organisatorischer Hinsicht zu verschmelzen, scheint eine größere Schwierigkeit zu sein, als etwa "nur" günstigere Tarife anzubieten. Insofern bleibt einem Kunden natürlich nur noch die Wahl, die Verbundtarife zu umgehen, etwa durch Nutzung einer BahnCard, die ja auch beim BW-Tarif gilt und damit in Start- und Zielzone eine ausreichende Vorort-Mobilität bietet. Ich bin diese Woche u.a. mal von Donaueschingen aus nach Seebrugg gefahren und war bass erstaunt, dass mich diese Fahrt (es sind rund 64 Bahnkilometer über Titisee) incl. BahnCard 50 nur 3,35 Euro gekostet hat. Und in Seebrugg oder unterwegs hätte ich noch mit dem Bus weiterfahren können...Für die 14 km lange Strecke Donaueschingen - Villingen muss ich jedoch 5,20 bezahlen. Nach Adam Riese ist das pro km mehr als 7 mal so teuer! Also, wenn ich in die Verlegenheit komme, mit dem VSB von Donaueschingen nach Villingen zu fahren, dann kaufe ich eine Karte z.B. von Unadingen nach Villingen mit BahnCard und zahle nur 3,70 € und habe in der Zone 4 ebenfalls die volle Mobilität. Selbst nach Seebrugg, also 64 km weiter, fahre ich mit 4,50 € noch 70 Cent weniger als mit dem regulären VSB-Tarif. Klar, man benötigt dazu eine BahnCard, die ja auch was kostet. Insofern hinkt der Vergleich etwas. Aber es ist wie beim Autofahren, wo ja auch kaum einer die Vollkosten rechnet und allenfalls an den Benzinverbrauch denkt. User Bahner hat also vollkommen recht, dass da ein sehr großer Handlungsbedarf besteht.

Nun sind Tarife alleine und ein gutes Angebot nicht alles, was es braucht, um Leute vom Auto für den klimaschonenderen öffentlichen Verkehr zu gewinnen. Habe gerade in der heutigen Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung gelesen, dass die Stadt Zürich zum Ärger von Anwohnern und Gewerbetreibenden den Abbau von Parkplätzen vorantreibt, aus der Erkenntnis heraus, dass die Fläche nicht vermehrbar ist, also für Fahrradspuren beispielsweise Straßenraum umgenutzt werden muss. Die Autofahrer beklagen natürlich, dass ihnen was weggenommen wird, aber das ist eigentlich falsch. die städtischen Flächen, auf denen die Autos abgestellt werden, gehören ja nicht den Autofahrern alleine. Anders wiederum ist es, wenn sie auf ihrem Privatgelände ihren Wagen abstellen. Logischerweise soll auch weiterhin das Parken auf dem eigenen Grund und Boden "kostenlos" sein, während die Gebühren auf den verbleibenden Parkplätzen deutlich teurer werden sollen (Die Parkjahreskarte auf dem SBB-Parkplatz in Stein-Säckingen kommt übrigens auf 900 Schweizer Franken im Jahr oder 90 Franken im Monat).

Wie solch eine Diskussion bei uns hier ablaufen wird (kommen wird sie früher oder später ganz bestimmt), kann ich mir lebhaft vorstellen. So wurde neulich bei einer Sitzung des Arbeitskreises Stadtbus in Donaueschingen publik, dass der noch etwas schwächelnde Donaueschinger Stadtbus gerade mal zu 1 % aus Kunden besteht, die früher mit dem Auto unterwegs gewesen sind. Also das Ziel, den individuellen Verkehr auf den ressourcensparenden öffentlichen Verkehr zu verlagern, ist bislang komplett in die Hose gegangen. Das wird ohne flankierende Maßnahmen nicht gehen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

eine Ergänzung habe ich noch. Habe gerade nämlich gelesen, dass das Abstellen eines PKW in Zürich auf einer öffentlichen Fläche für Dauerparker nur noch dann möglich sein soll, wenn sie sich einen entsprechenden Parkausweis kaufen. Dieser soll pro Jahr 780 Franken kosten. Wer auf privatem Grund parkt, also die entsprechenden Flächen auf seinem Grundstück beim Kauf des Grundstücks schon bezahlt hat, der kann dort natürlich kostenlos parken. Bei uns in Tübingen wurde von der Stadt errechnet, dass für alle städtischen Flächen ein Dauerparker pro Monat 30.- € zu bezahlen hätte, im Jahr also 360.- €. Am Bahnhof Schaffhausen kostet das Tagespark-Ticket 15 Franken, die Parkmonatskarte für Bahnfahrer 160 Franken und das Jahresparkticket 1.920 Franken. 80 Parkplätze sind vorhanden. In Konstanz oder Rafz kostet die Tagesparkkarte 7 Franken, die Parkmonatskarte 70 Franken und die Parkjahreskarte 700 Franken.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Karl Müller
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Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Karl Müller »

Hallo,

Autofahrer in den ÖPNV zu bringen ist eine harte Nuß. Da braucht es mehr als ein Buskonzept und günstige Tarife. Nur die allerwenigsten verkaufen Ihren PKW um NUR noch mit den Öffis zu fahren, dazu muß alles, aber auch wirklich alles passen. Und, welche Gemeinde kann sowas bieten? Bezahlbarer Wohnraum + gute Infrastruktur?
Denn, in der heutigen Zeit schließt das eine das andere aus. Anders gefragt - wer wohnt und arbeitet so das er komplett auf das Auto verzichten kann?

Ein Beispiel - wohnen in Reutlingen-Degerschlacht, arbeiten in der lSV in Stuttgart. Fahrzeit mit dem PKW: 30 Minuten, Kosten- i d Regel egal, Fakt!

ÖPNV - 6.08 an Rathaus , Vogelrain an um 7.50 Uhr, wenn alles gut geht. Dazu Fußwege, "soziales miteinander", kaputte Züge, zugeklebte Busse (RSV) etc. Wieso sollte ien Autofahrer da umsteigen? Warum??? Den Ökologischen Fußabdruck den er hinterläßt spürt er nicht sofort.
Denn, das Gesamtpaket ÖPNV funktioniert schon einige Zeit nicht mehr zuverlässig. Auch der Reutlinger Stadtverkehr mit dem neuen Buskonzept scheint nicht ssooooo gut anzukommen bei den Bewohnern das es das Gelbe vom Ei ist.
Denn, nicht nur ein Fahrplan und Tarife machen den ÖPNV aus, auch das drumherum, Haltestellen, Fahrzeuge, Bezahlmöglichkeiten, Informationen etc. Und, gerade Bahnhöfe - große dazu - haben oft ein Umfeld das einen von der Benutzung abhält.

MFG Oli
Vielfahrer
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Re: VS-Bus wird "rückabgewickelt"

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Oli,

ich stimme Dir voll zu. Nur mit Tarifen und guten Bus- und Bahnverbindungen wird es alleine nicht klappen. Ich sehe es ja selbst bei mir. Seit Jahrzehnten habe ich den gleichen Stromlieferanten und den gleichen Telekommunikationsanbieter. Da ich zufrieden bin, wechsle ich doch nicht wegen eines kleinen Vorteils. Wenn was gut läuft, dann ist man bequem und hat keine Veranlassung, das zu ändern. So dürfte es auch mit dem Autofahren sein. Bis sich da einer aufrappelt und auf die leider unzuverlässigen öffentlichen Verkehrsmittel umsteigt, die obendrein nicht unbedingt den Ruf haben, sehr preisgünstig zu sein, wird es sehr lange dauern. Funktionieren wird das allenfalls dann, wenn die Autofahrer im Dauerstau stehen oder wenn sie nicht mehr wissen, wo sie ihr Fahrzeug abstellen sollen, siehe Zürich oder Stuttgart Innenstadt. Interessant fand ich am Wochenende eine Meldung aus dem Südkurier aus einer Gemeinderatssitzung aus Hüfingen. Es ist unbestritten, dass es in Hüfingen in der Stadtmitte für die sichere Querung der Hauptverkehrsstraße eines Zebrastreifens für Fußgänger bedarf. So weit waren sich alle einig. Gescheitert wäre das ganze aber schier daran, dass es sage und schreibe 3 Parkplätze kostet, die in diesem Zusammenhang entfallen würden. Der arme Einzelhandel würde um mobile Kunden gebracht, die dann eben im Auto sitzen bleiben und vielleicht in Donaueschingen oder anderswo, jedenfalls nicht in der Hüfinger Innenstadt, einkaufen würden, lautete die Argumentation. Es ist tatsächlich der Tag herbei zu sehnen, an welchem grundsätzlich das Parken auf allen öffentlichen Flächen kostenpflichtig wird und zwar in dem Umfang, in welchem tatsächlich Kosten entstehen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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