Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
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Vielfahrer
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Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

am kommenden Donnerstag findet die zunächst im Landratsamt des Bodenseekreises geplante Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn pandemiebedingt nur virtuell statt. Themen sind die Übertagung der Geschäftsführung vom Gründungsgeschäftsführer Wilfried Franke auf Herrn Dr. Wolfgang Heine Verbandsdirektor des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben. Ferner wird das Land Baden-Württemberg durch das Verkehrsministerium bzw. die NVBW die Auswirkungen der neuen Fahrplankonzepte auf die Bodenseegürtelbahn darstellen, DB-Netz den aktuellen Sachstand zur Leistunsphase 2 nach HOAI vorstellen und seitens der ptv der aktuelle Sachstand bezüglich der standardisierten Bewertung der Bodenseegürtelbahn präsentiert.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

die virtuelle Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn war durchaus spannend. Nach dem Stabwechsel von Wilfried Franke an Dr. Heine ging es um die "Verschlechterungen" beim Fahrplan, ausgelöst durch die Elektrifizierung der Südbahn. Landrat Wölfle vom Bodenseekreis hatte diesbezüglich schon das Verkehrsministerium in Stuttgart kontaktiert. Er gab den Vertretern des Verkehrsministeriums zunächst Gelegenheit, die Fahrplanproblematik aus deren Sicht darzustellen. Diese Chance hat das Verkehrsministerium m. E. gut genutzt und nachvollziehbar bzw. transparent dargestellt, weshalb der Fahrplan in der Übergangszeit bis zur vollständigen Elektrifizierung auch der Bodenseegürtelbahn so ist, wie er nun ab nächster Woche ist. Freilich, einige regionale Schwachstellen werden kurzfristig noch ausgebessert werden. Es sind im Januar 2022, im März und im Mai 2022 drei Nachjustierungen vorgesehen, die allerdings an den grundsätzlichen Kritikpunkten, was die Fahrzeiten etwa betrifft, wenig ändern werden. Mit der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke (2027) wird vermutlich für eine weitere Interimsphase noch ein Umstieg in Radolfzell oder Singen hinzukommen. Das Angebot auf der Südbahn wird stabil bleiben, also etwa im 30-min-Takt verkehren, obwohl sich durch Inbetriebnahme der NBS Wendlingen - Ulm in einem Jahr und der vollständigen Inbetriebnahme von S 21 (2025) dort erhebliche Veränderungen nördlich von Ulm ergeben. Erst mit der durchgehenden Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn passt alles wieder zusammen.

Dargestellt wurde von DB-Netz auch der Stand der Infrastrukturplanung, also der Umbau dreier Tunnels und mehrere Doppelspurabschnitte (Stahringen - Espasingen, Nußdorf - Uhldingen-Mühlhofen, Bermatingen-Ahausen - Markdorf, Markdorf - Kluftern und neuerdings auch FN-Manzell - FN-Stadtbahnhof), zusätzliche Stationen in Espasingen, Mühlhofen Ort, Hindelwangen und ggf. Lipbach. Eine Entscheidung, ob das sog. Vorzugskonzept (RB alle 30 Minuten zzgl stündlicher RE) oder nur RB und RE im Stundentakt, ggf. mit abschnittsweisen Verdichtungen der RB, gefahren wird, ist noch nicht gefallen. PTV arbeitet an einer entsprechenden Abschätzung des Nutzens und der Kosten.

Die Diskussion war recht lebhaft. Eher pessimistisch wurde beurteilt, dass es gelingen könnte, die Bodenseegürtelbahn zu einem Projekt des BVWP zu machen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Finanzierung über das Bundes-GVFG erfolgen muss, mit entsprechenden kommunalen Finanzierungsanteilen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

am 8. November wurde im Rahmen einer virtuellen Sitzung des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn über den Stand der Planungen durch DB-Netz informiert. Dazu wurde heute eine entsprechende Pressemitteilung des Interessenverbands herausgegeben, die zu den erheblich gestiegenen Kosten Stellung nimmt. Wie bei vielen Projekten steigen die Kosten mit der zunehmenden Untersuchungstiefe. DB-Netz erklärte dies ausführlich und verständlich. Wesentlichen Einfluss haben die unterschiedlichen Betriebskonzepte. Ursprünglich hätte zwischen Friedrichshafen und Radolfzell stündlich ein schneller Zug und stündlich eine Regionalbahn verkehren sollen. Eine weitere Betriebsvariante ging in der HVZ von halbstündlichen Regionalbahnen im östlichen Teil der Bodenseegürtelbahn aus, die zusätzlich zum stündlichen RE-Verkehr vorzusehen wären und die sog. Vorzugsvariante unterstellt generell im RB-Verkehr einen 30-Minuten-Takt auf der ganzen Strecke und zusätzlich den stündlichen RE. Auf der eingleisigen Bodenseegürtelbahn wären das durchschnittlich 6 Züge pro Stunde in beiden Richtungen, zu viel für einen stabilen Zugverkehr auf der bisherigen Infrastruktur. Je nach unterstelltem Betriebskonzept muss also die Infrastruktur ausgebaut werden mit entsprechenden finanziellen Folgen. Hinter den gestiegenen Kosten stecken also jeweils auch andere Betriebskonzepte. Nach Einschätzung der Fachleute von DB-Netz bringt die sog. Vorzugsvariante den größten Kundennutzen, der ja im Hinblick auf den Bewertungsfaktor bei GVFG-Verfahren nicht unwesentlich ist. Aktuell läuft eine Untersuchung des Kundennutzens durch PTV. Mit Ergebnissen ist im Laufe des kommenden Jahres zu rechnen.

Ein nicht unerheblicher Teil bei der Kostenentwicklung hängt aber auch mit erheblich gestiegenen Baupreisen zusammen. Über Jahre hinweg lag die durchschnittliche Teuerungsrate bei Infrastrukturprojekten bei weniger als 3 %. Von 2019 auf 2020 wurden knapp 8 % Preissteigerung ermittelt und von 2020 auf 2021 stehen gar über 13 % an. DB-Netz legte auch Grafiken vor, die die Preisentwicklung je Kalendermonat dargestellt haben. Diesen Daten zufolge liegt die Preissteigerung nach wie vor bei ca. 13 bis 14 % pro Jahr.

Wenn man dann unterstellt, dass die Baumaßnahme irgendwie finanziert werden kann, wird es aber trotzdem noch fast 10 Jahre dauern, bis alles fertig ist. Der Kostenstand von aktuell 590 Mio. € für die Vorzugsvariante dürfte daher alleine durch die Preisentwicklung noch deutlich steigen.

DB-Netz informierte auch über gewisse Kostenrisiken, die sie noch sieht und bislang nicht eingepreist hat. Beispielsweise im Bereich des Lärmschutzes, wo sich noch ein größeres Risiko auftun könnte, freilich noch unsicher. Andererseits sieht DB-Netz auch noch Einsparmöglichkeiten, die noch nicht eingepreist sind. Es wird also spannend bleiben. Die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit im Brandbühltunnel zwischen Stahringen und Radolfzell hängt mit dem Seehäsle zusammen. Der Landkreis Konstanz strebt einen 30-Minuten-Takt des Seehäsles an (10 Züge dann pro Stunde zwischen Stahringen und Radolfzell). Dies ist nur mit der Wiederherstellung der Zweigleisigkeit im Tunnel möglich. Ohne Zweigleisigkeit müsste das Seehäsle auf einen 20/40er-Takt verschlechtert werden.

Und auch weitere Nahverkehrshalte sollen kommen. Der Stockacher Stadtteil Espasingen soll seinen Bahnhalt (endlich) wieder bekommen, in Uhldingen-Mühlhofen soll ein Halt hinzukommen und auch für Lipbach gibt es fahrplantechnische Lösungen, wie seitens der NVBW dargestellt wurde. Sollten die Investitionskosten also irgendwie aufgebracht werden können, dann hat die Bodenseegürtelbahn eine rosige Zukunft vor sich.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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