Hallo,
auf Drehscheibe-online bzw. auf der
Homepage des Verkehrsministeriums wird das Ringzuggebiet als einer der Teilräume benannt, in welchem mittels Investitionen das Angebot weiter verbessert werden soll und so die Nachfrage gesteigert werden kann. In der Tat, die Fördermöglichkeiten waren für den Schienenverkehr in den letzten Jahrzehnten niemals so günstig und umfangreich wie heute, so dass aus finanzieller Sicht durchaus in den kommenden Jahren trotz klammer kommunaler Kassen auch mal was im Schienenverkehr gehen könnte.
Was sind nun im Ringzuggebiet die diskutierten und zu entscheidenden Investitionen?
Zu allererst wären da zu nennen:
Ausdehnung des Ringzugs auf den Streckenabschnitt von Villingen über Villingen West - Kirnach - Peterzell-Königsfeld - Peterzell Dorf - St. Georgen Industrie nach St. Georgen. Die Führung bis Sommerau, wo derzeit ein großes Wohngebiet im Westen St. Georgens entsteht, wird vom Schwarzwald-Baar-Kreis aus topographischen Gründen für unrealistisch gehalten.
Elektrifizierung der Strecke Villingen - Rottweil. Hier soll zunächst einmal der Fahrdraht über die 27 km lange Strecke gespannt werden, um durchgängige elektrische Triebzüge von Stuttgart bis Villingen (MEX) in jeder Stunde verkehren lassen zu können.
Es hat sich auch als sinnvoll erwiesen, den DB-Bahnhof Trossingen so umzubauen, dass gleichzeitige Ein- und Ausfahrten von Zügen der Relation Rottweil - Villingen und Villingen - Rottweil möglich werden. Dazu ist ein weiterer Außenbahnsteig, also ein drittes Gleis, erforderlich. Ferner wird über einen zusätzlichen Halt in Deisslingen-Lauffen diskutiert, der aber je nach Fahrplan möglich oder nicht möglich ist. Ob die Züge in Richtung Villingen auch in Göllsdorf halten oder nicht, hängt davon ab, ob bei der Verzweigung von Gäu- und Alemannenbahn südlich von Rottweil-Saline eine Weichenverbindung gebaut werden soll oder nicht. Weitere Analysen haben ergeben, dass je nach Fahrplankonzeption die Ausfahrt aus dem Bahnhof Villingen in Fahrtrichtung Marbach-Ost ein Stück weit zweigleisig sinnvoll sein könnte, um ausreichende Pufferzeiten zu ermöglichen. Und natürlich soll in Rottweil in der Stadtmitte ein zusätzlicher Halt entstehen. Fraglich ist allerdings immer noch, wo dies der Fall sein sollte. Wenn er mit Ringzügen bedient wird, wäre die Lage am Ausziehgleis kurz vor dem Autunnel die richtige. Wenn die Ringzüge durch den MEX ersetzt werden, so wäre die Lage am Gäubahngleis richtig, was zudem auch aus Richtung Sulz und Oberndorf nach Rottweil vorteilhaft wäre. Hier müssen also noch strukturelle Entscheidungen getroffen werden. Außerdem ist festzuhalten, dass die MEX-Züge ja eine Fußbodenhöhe von 76 cm haben und länger als RegioShuttles sind, d.h. es müssen ggf. die Ringzugbahnsteige angepackt werden.
Zwischen Immendingen und Tuttlingen soll die Donautalbahn auf 10 km Streckenlänge elektrifiziert werden. Neue Halte sind hier nicht vorgesehen.
Zwischen Immendingen und Donaueschingen ist die Schwarzwaldbahn je elektrisch, aber es sind zusätzliche Haltepunkte in der Diskussion, so ein Halt in Zimmern am Richtungsgleis nach Offenburg, u.U. in Hintschingen am Abzweigbahnhof nach Blumberg-Zollhaus, in Geisingen-West, in Gutmadingen, in Neudingen und in Pfohren-Riedsee, wobei diese Halte ein drittes Zugsystem erfordern würden, welches nach gegenwärtigen Grundsätzen nicht vom Land bestellt würde, also kommunal finanziert werden müsste. Daher ist hier eine gewisse Skepsis angebracht.
Zwischen Tuttlingen und Fridingen soll ein zusätzlicher Halt in Tuttlingen-Stadtmitte gebaut werden. Den Potentialuntersuchungen zufolge soll dieser Halt, der im Einschnitt zwischen Tuttlingen Zentrum und Fußgängerbrücke Am Sonnenbuckel liegt, ein sehr hohes Potential aufweisen, was nicht verwundert, da man von hier ebenerdig in 3 Minuten zu Fuß am Rathaus Tuttlingen wäre. Aus den Richtungen Immendingen - Möhringen wie Fridingen - Mühlheim liegt dieser Halt dann zur Innenstadt ideal und würde zu gigantischen Fahrzeitverkürzungen im Vergleich zur bisherigen Bedienung der Innenstadt Tuttlingens aus beiden Richtungen mit Bussen führen, so dass mit starken Verlagerungswirkungen zu rechnen wäre. Ein weiterer Halt, jedoch kein zunächst ins Auge gefasster Kreuzungsbahnhof, soll im Norden Tuttlingens an der Schmelze entstehen. Bedient werden sollen die Halte im Stundentakt durch Ringzüge sowie die Halte Stadtmitte, Mühlheim und Fridingen zusätzlich durch den stündlichen RE von Ulm nach Donaueschingen. RE und Ringzüge werden sich in Mühlheim Bahnhof kreuzen müssen, der als zusätzlicher Kreuzungsbahnhof dann wieder entstehen soll. Der Fußgängersteg über das Gleis zur Realschule wurde glücklicherweise vor Jahren schon so erstellt, dass ein zweites Gleis, sogar elektrifiziert, noch darunter passt. Die Elektrifizierung des Abschnitts Tuttlingen - Fridingen wird kommunal gewünscht, ist aber natürlich auch abhängig davon, welche Fahrzeuge auf dieser Strecke zum Einsatz kommen. Fahrplananalysen haben ergeben, dass es möglich wäre, bei Bedarf den Ringzug bis/ab Beuron zu verlängern, um Fahrgästen, die in Beuron auf Buslinien umsteigen, den zeitaufwändigen Weg über die Kohlplatte zu ersparen. Hausen im Tal soll RE-Systemkreuzungsbahnhof werden.
Auf der Strecke Immendingen - Leipferdingen - Blumberg-Zollhaus, die ohnehin mit Auslastungsproblemen kämpft, sind keine Investitionen vorgesehen, wohl aber verschiedene Fahrplankonzepte bis hin zu einem durchgängigen Stundentakt zwischen Immendingen und Blumberg-Zollhaus mit nur einem Pendelzug, wobei in Immendingen grundsätzlich im Gegensatz zu heute kurze Umsteigezeiten in/aus Richtung Tuttlingen bestehen würden.
Im Abschnitt Donaueschingen - Bräunlingen wird natürlich die Elektrifizierung von Hüfingen-Mitte bis Bräunlingen erforderlich, ansonsten bleibt es dort unverändert. Ob aus den am Nullknoten Tuttlingen orientierten Überlegungen, aus Donaueschingen einen 30er-Knoten zu machen, etwas wird, hängt von weiteren infrastrukturellen Zielsetzungen im Abschnitt zwischen Neustadt und Donaueschingen ab, die aber nicht primär als ein Thema des Ringzugs gesehen werden, jedoch von erheblicher Auswirkung auf die Fahrplanstrukturen insbesondere der Strecke Donaueschingen - Villingen - Rottweil sein dürften. Da die Umsetzung des Projekts Ringzug 2.0 möglichst bis 2027 erfolgen soll, sollen solche Fragen voneinander entkoppelt betrachtet werden.
Unter dem Strich darf man feststellen, dass sich das Land tatsächlich auf den Weg begeben hat, Baden-Württemberg zum Bahnland Nr. 1 in Deutschland zu machen. Dabei sind die Ringzugaktivitäten ja nur ein kleines Detail vieler anderer Projekte, zu denen u.a. die zu reaktivierenden Strecken gehören. Wie zu hören ist, wird am 3. November 2020 im Rahmen einer Videokonferenz das Land seine Einstufung bezüglich der knapp 50 Strecken vorstellen und dann für das erste Dutzend in eine vertiefte Phase der Untersuchungen starten. Ziel ist es ja, das Verkehrsaufkommen im Hinblick auf das Oberziel, den ÖV-Anteil zu verdoppeln, durch die Inbetriebnahme reaktivierter Strecken insbesondere dort zu erhöhen, wo hohe Potentiale realistisch zu erreichen sein werden und der Individualverkehr mit PKW zugleich zurückgedrängt werden kann.
Viele Grüße vom Vielfahrer