Krauchenwieser Bahnhalte

Alles zur Strecke Radolfzell - Stockach - Mengen kann hier rein.
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officerc
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Krauchenwieser Bahnhalte

Beitrag von officerc »

Die Krauchenwieser Bürger hätten gerne einen Bahnhalt aber in der örtlichen Politik herrscht noch nicht sehr viel Einsicht. Auch nicht beim neuen Bürgermeister. Hier ein schöner Artikel dazu.

https://www.schwaebische.de/regional/si ... ug-3240454

Der Artikel schafft es leider nicht ganz, mir zu erklären, warum ein Busbahnhof für 4 Mio € absolut machbar ist und auch die "Zukunft der Mobilität" aber ein Bahnhaltepunkt für 30.000 € absolute Utopie zu sein scheint.
Vielfahrer
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Re: Krauchenwieser Bahnhalte

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

wenn ich mir als Außenstehender mal die Pendlerbewegungen von Krauchenwies anschaue, so fällt auf, dass die stärkste Pendlerrelation die Strecke von und nach Sigmaringen ist. Hier gibt es (Stand 2023) 130 Einpendler von Sigmaringen nach Krauchenwies und 350 Auspendler von Krauchenwies nach Sigmaringen, in beiden Relationen zusammen also 480 Pendler oder 960 werktägliche Fahrten. Dabei handelt es sich nur um sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Nichtsozialversicherungspflichtig Beschäftigte kommen noch hinzu (z.B. Beamten, Soldaten, Selbständige, Landwirte usw.), so dass beruflich bedingte Fahrten pro Tag in einer Größenordnung von 1200 bis 1300 Fahrten in beiden Richtungen zusammen erfolgen. Hinzu kommen die vielen Schüler. Sigmaringen verfügt über Gymnasium, Realschule, Fachhochschule und weitere Schultypen, Krauchenwies meines Wissens nur über eine Grund- und Hauptschule.

Zweitstärkste Pendlerrelation ist die Achse Krauchenwies – Pfullendorf. Den 250 Auspendlern stehen 110 Einpendler von Pfullendorf nach Krauchenwies gegenüber, in der Summe also 360 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Pendler, die werktäglich ca. 720 Fahrten erzeugen. Zusammen mit den nichtsozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist mit rund 1.000 Fahrten (hin und zurück) zu rechnen.

Anzumerken ist, dass dies ohnehin die beiden stärksten Pendlerrelationen von Krauchenwies sind. Sie werden durch den stündlich verkehrenden Regiobus Linie 500 mit sehr kurzer Fahrzeit abgedeckt. Da das Umland von Krauchenwies ebenso stark auf Sigmaringen und auch Pfullendorf ausgerichtet ist, kann ich die Planung eines Umsteigepunkts auf den Regiobus in Krauchenwies gut nachvollziehen, insbesondere dann, wenn man sich die unübersichtliche Umstiegs-Situation heute in Krauchenwies vor Augen hält.

Der Bahnhof in Krauchenwies liegt rund 1 km weiter westlich am Ortsrand. Als Umstiegspunkt eignet er sich nicht in diesem Maße, weil ab dem Krauchenwieser Bahnhof die stärksten Ziele Sigmaringen und Pfullendorf gar nicht erreicht werden und der Bedarf in Richtung Meßkirch bzw. Mengen doch deutlich geringer ist.

Dennoch würde ich davon ausgehen, dass ein Bahnhalt in Krauchenwies Sinn macht, da dann z.B. Verbindungen in Richtung Mengen – Riedlingen – Ehingen – Ulm oder auch in Richtung Meßkirch – Stockach – Radolfzell – Singen für die Krauchenwieser Bevölkerung erheblich einfacher und schneller zu erreichen wären. 30.000.- Euro sind ja absolut keine Nummer gemessen an den Kosten, die an DB-Strecken üblicherweise veranschlagt werden oder die andernorts für das Anlegen befestigter Parkplätze anfallen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
officerc
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Re: Krauchenwieser Bahnhalte

Beitrag von officerc »

Hallo Vielfahrer, ist das nicht auch ein bisschen ein Henne/Ei Problem? Mi besseren Verbindungen gibt es am Ende vielleicht auch mehr Pendler in die eine odrt andere Richtung. In Meßkirch ist einiges an Industrie und Gewerbe angesiedelt, Tegometall würde sich über Bewerber aus z.B. Stockach sicher auch freuen etc.

Wie dem auch sei, die Leute vor Ort haben es jetzt selbst in die Hand genommen:

https://www.schwaebische.de/regional/si ... st-3524406

Die Gemeinde hat das nochmal zum Anlass genommen um einen Grundsatzbeschluss im Gemeinderat zu fassen: Keinesfalls will man sich auch nur mit einem Euro beteiligen. Weder am Freizeitverkehr noch an der Reaktivierung.

Auch wenn Krauchenwies selbst mit dem Regiobus 500 ganz gut angebunden ist: Der Gögginger Teilort ist mehr schlecht als recht angebunden und würde auf jeden Fall profitieren.
Vielfahrer
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Re: Krauchenwieser Bahnhalte

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Officerc,

ich glaube nicht, dass es ein Henne/Ei-Problem in Krauchenwies ist. Die Nachfrage auf der Naldo-Buslinie 416 zwischen Krauchenwies und Mengen ist äußerst gering, wie man dem aus meiner Sicht vor lauter Ausnahmen, Einschränkungen und Rufbusangeboten abschreckenden Fahrplan der Firma Reisch entnehmen kann. Am Wochenende werden gar nur stündliche Verbindungen (via Bahnhof Sigmaringen mit Regiobus) angeboten.

Vor einigen Jahren fuhr zwischen Mengen und der Gemeinde Wald ein Kleinbus, der Schüler zur überregional ausgerichteten Klosterschule in Wald (u.a. gymnasiale Internatsschule mit gleichzeitiger Berufsausbildungsmöglichkeit) beförderte. Zurück musste man, wenn ich mich richtig erinnere, in einem Krauchenwieser Ortsteil nach Mengen umsteigen. Das Schulzentrum in Wald verfügt über direkte Busverbindungen aus Überlingen, Sigmaringen, Meßkirch, Pfullendorf und aus dem Raum Stockach. Im Ortsteil Wald-Ruhestetten gab es bis in die 70er Jahre auch einen Bahnhof. Die Strecke von Pfullendorf nach Schwackenreute ist aber inzwischen längst abgebaut. Insofern müssen alle Schüler des Schulzentrums in Wald ohnehin per Bus befördert werden. Ob es für die Internatsschüler heute noch die Transferfahrten am Wochenende zum ICE nach Ulm gibt, entzieht sich meiner Kenntnis.

In der vergangenen Woche war in der Zeitung zu lesen, dass der Betreiber der Buslinie Stockach - Meßkirch - Krauchenwies - Sigmaringen, der Regionalverkehr Alb-Bodensee, beim Landratsamt Sigmaringen die Entbindung von seiner Genehmigung aus wirtschaftlichen Gründen beantragt hat, ein indirekter Hinweis auf eine geringe Nachfrage. Der Landkreis Sigmaringen muss nun kostenpflichtig bis zu einer in spätestens zwei Jahren anstehenden Ausschreibung den Betrieb der Buslinie im notwendigen Mindestumfang sicherstellen.

Mögliche Beschäftigte der Firma Tegometall aus Stockach oder Meßkirch müssten, wenn sie mit der Ablachbahn nach Krauchenwies anreisen wollten, einen rund 1.300 m längeren Fußweg vom Bahnhof Krauchenwies als vom Firmenparkplatz von Tegometall zurücklegen. Wieviele da den Pkw stehen lassen würden, ist fraglich. Und vor allem müsste der Fahrplan passend sein. Ich erinnere mich da an eine Aktion die wir vor rund 30 Jahren im Landkreis Waldshut bei der an ökologischen Belangen interessierten Firma sto durchgeführt hatten. Die Firma liegt im Wutachtal hart an der Grenze zur Schweiz und damit recht abseitig. Sie bezahlte für ihre Mitarbeiter Fahrtkostenzuschüsse für den Pkw, war aber bereit, diese Zuschüsse dort auf den öffentlichen Verkehr umzulenken, wo dieser ein passendes Angebot bereit hielt. Passend hieß z.B. bei Schichtbeginn 6 Uhr, dass die Busse nicht vor 5:45 Uhr und auch nicht nach 5:50 Uhr an der Bushaltestelle vor dem Firmeneingang eintreffen sollten, entsprechend auch bei der Rückfahrt ausgerichtet sein sollten. Die Fahrzeit mit dem ÖV sollte nicht länger als das 1,5-fache im Vergleich zum Pkw betragen. Nachdem der Fahrplan so gestaltet werden konnte, war es eine knapp dreistellige Anzahl an Mitarbeitern, die auf den ÖV (dank der für sie kostenlosen Jahreskarten) umgestiegen sind. Inzwischen ist vorgesehen, unmittelbar vor der Firma sto einen neuen Haltepunkt der Wutachtalbahn zu bauen und zumindest zu den relevanten Arbeitszeiten von Waldshut bis Weizen mit Batteriezügen zu fahren, die zur Nachladung die zwischen Lauchringen und Waldshut die Oberleitung der demnächst elektrifizierten Strecke Basel - Erzingen nutzen werden. Das Beispiel soll in diesem Zusammenhang lediglich zeigen, wie schwierig es ist, mit dem ÖV gegen den Individualverkehr, der im Landkreis Sigmaringen über gute Straßeninfrastrukturen verfügt, anzutreten.

Würde hingegen die Strecke Radolfzell - Stockach - Meßkirch - Krauchenwies stündlich anstatt nach Mengen nach Sigmaringen betrieben, lägen vollkommen andere Voraussetzungen vor. Überlingen - Pfullendorf könnte dann per Regiobus über Wald in Meßkirch oder weiterhin wie der Raum Ostrach in Krauchenwies am Bahnhof angebunden sein und in Sigmaringen bestünde dann an die bis dahin elektrifizierte Bahn in Richtung Tübingen Anschluss an den stündlichen MEX nach Stuttgart. Das gesamte Busnetz im südlichen Landkreis Sigmaringen könnte neu justiert werden und die Ablachbahn eine verlässliche Rückgratfunktion übernehmen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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