Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,
der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Klage der EU-Kommission gegen die Deutsche Bahn abgelehnt. Die EU-Kommission sah in der Tatsache, dass die DB Netz AG als Eigner der Infrastruktur Teil der Bahn-Holding ist, einen Verstoß gegen die Bahn-Richtlinie der EU. Diese schreibt die Trennung des Bahnbetriebs vom Schienennetz vor. Die höchsten EU-Richter urteilten aber, die deutsche Unternehmenskonstruktion entspreche den EU-Vorschriften. Das Schienennetz in Deutschland darf daher weiterhin von dem Unternehmen DB-Netz innerhalb der Deutschen Bahn betrieben werden.

Das Gericht wies auch eine Klage ab, die sich gegen eine ähnliche Organisation der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) richtete. Die Unternehmen in Deutschland und Österreich, DB Netz und ÖBB Infrastruktur, müssten von der Holding rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen unabhängig sein, bekräftigte der EuGH. Tatsächlich verfügten diese beiden Firmen über eine gesonderte Rechtspersönlichkeit sowie über eigene Organe und Mittel, die sich von denjenigen ihrer jeweiligen Holding unterscheiden.

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Villinger
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Re: Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Beitrag von Villinger »

Eigentlich schade, dann wären die Trassen- und Stationsnutzungskosten sicher etwas tiefer, da wäre dann sicher die ein oder andere Zugfahrt mehr möglich gewesen (Vom Haushaltsplan her).
Bild Aus dem Fridinger wurde der Villinger Bild
Vielfahrer
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Re: Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Fridinger,

niedrigere Trassenpreise könnte man auch dann haben, wenn der Eigentümer Bund darauf verzichten würde, dass er den DB-Gewinn, der ja vorwiegend in dieser Monopolsparte entstehen dürfte, mit dreistelligen Mio.-Beträgen abschöpft. Ich halte es hier für durchaus zutreffend, dass der Bund auf diesem Wege die Regionalisierungsmittel bewusst wieder rückholt, die er nach seiner Ansicht zuviel ausgibt. Zumindest zeitweise haben die Empfänger der Regionalisierungsmittel, also die Bundesländer, damit auch nicht bahnspezifische Dinge finanziert oder eigene finanzielle Anstrengungen durch Regionalisierungsmittel ersetzt (z.B. im Bereich der Verbundförderung).

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Villinger
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Re: Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Beitrag von Villinger »

Die 500mio Dividende an den Staat will derselbe aber sicher nicht beenden, eben aus den Gründen, die du oben genannt hast (Rücknehmung der Regionalisierungsmittel), demnach werden die Preise für die Trassennutzung und die Stationsnutzung nicht sinken. Im Vergleich zu 2000 sind dieselben ja auch mindestens um 50%, wenn nicht noch mehr, gestiegen (auf Initiative von DB Netz)
Bild Aus dem Fridinger wurde der Villinger Bild
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Re: Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Beitrag von Vielfahrer »

Fridinger hat geschrieben: Im Vergleich zu 2000 sind dieselben ja auch mindestens um 50%, wenn nicht noch mehr, gestiegen (auf Initiative von DB Netz)
Nicht ganz richtig, denn auf schwächer ausgelasteten Strecken, wo nur einige wenige Züge pro Tag verkehrten, also in erster Linie in den neuen Bundesländern auf Nebenstrecken, hatte die DB Netz sich ein System ausgedacht und genehmigt bekommen, um auf ihre Kosten zu kommen. Das waren sog. "Regionalzuschläge", also Faktoren, mit denen der Trassenpreis multipliziert wurde, um Kostendeckung zu erreichen. Gegen diese Regionalzuschläge wurde geklagt und deren Abschaffung erstritten. Dies wiederum hat DB Netz veranlasst, den Erlös aus Regionalzuschlägen aufkommenneutral auf das Gesamtnetz umzulegen. Dadurch wurden diejenigen Aufgabenträger, die relativ dichte Verkehrsangebote bestellt haben (wie z.B. Baden-Württemberg) abgestraft, weil sich hier zusätzlich zur "normalen" Kostensteigerung eine strukturelle Kostensteigerung ergeben hat. Im Ergebnis sind daher die Trassenpreise hierzulande tatsächlich viel höher als früher.

Vor rund 10 bis 12 Jahren sah das anders aus. Damals hatte die DB-Netz vorgehabt, eine sog. InfraCard einzuführen, also eine Art BahnCard 50, die nicht ganz billig war, mit deren Besitz sich aber die Trassenpreise halbieren lassen sollten. Die Zielsetzung war, wie bei einer BC 50, Fixkosten zu schaffen und geringere variable Kosten, um Mehrverkehre anzulocken. Aber auch dagegen wurde damals geklagt und DB-Netz durfte die InfraCard nicht einführen. Wenn ich mich noch richtig entsinne, war von Diskriminierung gegenüber NE-Bahnen die Rede, da sich die InfraCard ja nur dann gelohnt hätte, wenn viel gefahren worden wäre. DB-Regio hätte damit sicherlich kein Problem gehabt, DB-Fernverkehr auch nicht.

In den Verhandlungen vor Gründung des Ringzugs hatte das Land sich damals überlegt, als Besteller der Regionalleistungen solch eine InfraCard zu erwerben. Die ersten Kalkulationen hinsichtlich der Trassenpreise usw. sahen dies auch vor. Dann aber wurde das die InfraCard beinhaltende Trassenpreissystem so nicht genehmigt und es kam zum bekannten, leider immer wieder hochgesetzten, Trassenpreissystem.

Noch schlimmer waren damals übrigens die Preise von Station&Service. In Rottweil und Tuttlingen wurden Spitzenpreise in einer Größenordnung von 25.- bis 30.- DM pro Zughalt angesetzt. Wäre der Ringzug, wie damals beabsichtigt, in Rottweil ca. 1 km weiter bis zum Autunnel gefahren und hätte dort nach Villingen gewendet, so wäre er zweimal durch den Bahnhof Rottweil gekommen und hätte diese absurd hohen Stationsgebühren doppelt bezahlen müssen.

Überlegt wurde damals, ein eigenes "Ringzuggleis" aus der Gäubahn auszuschleifen, um den hohen Stationsgebühren zu entgehen. Dies wiederum lehnte das Land ab, da es dann ausschließlich alleine die für die verbleibenden RE-Züge noch höheren Stationspreise hätte auch bezahlen müssen. Die Berechnungsgrundlage waren damals nämlich die Kosten des Bahnhofs dividiert durch die Zahl der Zughalte pro Jahr. Und das Rottweiler Bahnsteigdach, zunächst nur auf dem Bahnsteig 2/3, dann auch 4/5 zählt landesweit ja zur absoluten Luxusklasse. Außerdem wurden die Bahnsteiglängen so geplant, als ob hier Züge mit 15 Wagen verkehren würden (ICE-Doppeleinheiten). Tatsächlich sind die meisten Züge keine 30 Meter lang (RegioShuttle). Nach der Fläche der Bahnsteige richteten sich aber die laufenden Kosten (Reinigung, Beleuchtung, Winterdienst usw.).

Nachdem also Rottweil und Tuttlingen über sehr attraktive Bahnsteige verfügen (mit Aufzügen und anderem Schnick-Schnack), sollte dringend mehr Augenmerk auf ein verbessertes Fahrplankonzept gelegt werden, um diese teuren Infrastrukturen auch auszunutzen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Hannes
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Re: Bahn-Holding darf Schienennetz behalten

Beitrag von Hannes »

Vielfahrer hat geschrieben:Und das Rottweiler Bahnsteigdach, zunächst nur auf dem Bahnsteig 2/3, dann auch 4/5 zählt landesweit ja zur absoluten Luxusklasse. Außerdem wurden die Bahnsteiglängen so geplant, als ob hier Züge mit 15 Wagen verkehren würden (ICE-Doppeleinheiten). Tatsächlich sind die meisten Züge keine 30 Meter lang (RegioShuttle). Nach der Fläche der Bahnsteige richteten sich aber die laufenden Kosten (Reinigung, Beleuchtung, Winterdienst usw.).
In Chemnitz hat man das Problem im Rahmen des Umbaus einfach dadurch gelöst, dass die abschließenden Geländer vorgezogen wurden. So steht der lange Bahnsteig bei einem bisher theoretischen Wiederanschluss ans Fernverkehrsnetz mit längeren nach einer Verlegung des Geländers und sicherlich einer kleinen Sanierung wieder zur Verfügung, im jetzt laufenden Betrieb mit maximal vier 612er langen Zügen spart man sich aber bei den beiden längsten Bahnsteigen einen Teil des Unterhalts außerhalb der Halle. Sowas würde sich auch in Rottweil anbieten.

Grüße, Hannes
"Deutsche siegen im Fußball, aber bei der Bahn ist täglich Cordoba."
ÖBB-Chef Christian Kern in der Kronenzeitung vom 8.11.14
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