Kantonale ÖV-Konferenz in Schaffhausen

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Vielfahrer
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Kantonale ÖV-Konferenz in Schaffhausen

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

den heutigen Tag nutze ich, um nach Schaffhausen zur kantonalen ÖV-Konferenz zu fahren. Die Hinfahrt allerdings war schon problematisch, weil mein Stadtbus von der Weststadt zum Hauptbahnhof in Tübingen ausgefallen ist. Mit Glück habe ich noch eine andere Stadtbuslinie erreicht, die auf zwei Minuten genau vor der Abfahrt des Zugs nach Horb am Hauptbahnhof eingetroffen ist. Es hat also gerade noch gereicht. In Horb fiel dann der IC nach Zürich aus. Stattdessen wurde ein Ersatzzug angekündigt, der aber mit 10 Minuten Verspätung („wegen Eis und Schnee“) aus Stuttgart eingetroffen ist. Dank der Eingleisigkeit der Strecke bis Hattingen schaukelte sich die Verspätung auf 22 Minuten auf, so dass der SBB-Pendel nach Schaffhausen schon weg war. Mit dem nächsten hat es aber gerade noch zur Konferenz gereicht.
Begrüßt wurden die ca. .50 Teilnehmenden durch den Regierungsrat Martin Kessler, der einen ersten Überblick über die Entwicklungen des ÖVs im Kanton Schaffhausen gab.

Erster Referent war der Leiter der Koordinationsstelle ÖV, René Meyer. Er widmete sich den Planungen des Hochrhein-Bodensee-Expresses, der nach Fertigstellung der Elektrifizierung und Modernisierung zwischen Basel Bad Bf und Erzingen ab Ende 2027 mit täglich 9 Zugpaaren von St. Gallen über Romanshorn - Konstanz - Singen - Schaffhausen - Waldshut nach Basel Bad Bf verkehren wird. Die SBB wird diese Leistung produzieren, versetzt um 30 Minuten zur Linie von Friedrichshafen/Singen nach Basel, so dass z.B. zwischen Schaffhausen und Basel zeitweise ein 30-Minuten-Takt angeboten werden kann. SBB-Fahrscheine (Generalabos, Tageskarten usw.) werden gültig sein. Gerechnet wird mit einer hohen Nachfrage von Anfang an. Die Verbindung mit dem Hochrhein-Bodensee-Express wird schneller als mit dem Individualverkehr sein.
Aus Sicht des Kantons Schaffhausen freut man sich sehr über die Aufwertung der Ost-West-Achse durch den Kanton, währenddessen die Nord-Süd-Achse mit der Brechung in Stg.-Vaihingen Rückschläge hinnehmen muss. René Meyer berichtete von großem Ärger mit den aus Deutschland kommenden Zügen, weil diese oftmals so verspätet sind, dass in Zürich die Anschlüsse weg sind. Mehr und mehr Reisende würden sich angewöhnen, 30 Minuten früher mit den in Schaffhausen beginnenden Schnellzügen nach Zürich zu fahren. Diese würden verlässlich pünktlich verkehren.
Es gäbe eine Arbeitsgruppe, die sich des Problems der unpünktlichen Züge der DB angenommen hätte. Die Radikallösung wäre es, alle Züge aus Stuttgart in Singen zu brechen und dann Singen - Zürich immer pünktlich zu fahren, gleich ob der Stuttgarter Zug in Singen schon ist oder nicht. Auf diese Art und Weise könnte der stark nachgefragte Verkehr zwischen Schaffhausen und Zürich pünktlich und zur Zufriedenheit der Reisenden verbessert werden.

In einem weiteren Punkt ging René Meyer auf kantonale Programme zur Förderung des ÖV-Potentials ein. Es würde nichts helfen, wenn man verbal empfehlen würde, die Bahn stärker zu nutzen. Das müsse mit Aktionen praktisch umgesetzt werden und danach durch die Fahrgäste kommuniziert werden. So könnte man das Eis am ehesten brechen. Ziel sei es ja, nicht Fußgänger oder Radfahrer für den ÖV zu begeistern, sondern Individualverkehr auf den ÖV zu verlagern.
Mark Stutz, Planer in der Koordinationsstelle ÖV des Kantons Schaffhausen, stellte dann verschiedene Veränderungen vor, die ab dem Fahrplanwechsel greifen sollen. So werden Züge der Hochrheinbahn und auch aus Richtung Singen etwas früher gelegt, damit mehr Luft in den Fahrplänen ist und diese pünktlich und mit zuverlässigen kurzen Anschlüssen verkehren können.

Weitere Referenten waren Stefan Huser von der SBB AG, der auf verschiedene Angebotsverbesserungen im Bereich Schaffhausen/Zürich/Chur einging. Marcel Seelhofer von der VBSH AG berichtete u.a. über die Entstehung eines neuen Busdepots und zeigte einen Zeitrafferfilm dazu. Claudia Bossert von der Thurbo AG ging auf die Angebotsveränderungen ab dem kommenden Fahrplanwechsel ein. Alexandra Bernauer und Daniel König von der SBB-Deutschland GmbH berichteten über die Erfolgsgeschichte des Rhyhas, der in Baden-Württemberg einen Spitzenplatz bei der Beurteilung der Fahrgäste einnimmt. Die SBB-Deutschland GmbH hatte erwartet, dass die 2- Minuten -Pünktlichkeit von 98 % der Züge erreicht wird. Der Wert wurde aber noch übertroffen. Auch Komfort, Sauberkeit und Kapazität erhielt beste Noten. Claudia Müßiggang von der Postauto AG berichtete über Veränderungen bei Postbus-Linien und stellte die Konzeption zur Dekarbonisierung der Postbusse vor. Bis 2040 will die Posauto AG ausschließlich elektrisch fahren. Abschließend referierte nochmals René Meyer über die Schifffahrt auf dem Rhein zwischen Schaffhausen und dem Bodensee und streute einige Marketingaktionen ein. Erstaunlicherweise hat sich das sog. Herbstgeschäft auf dem Wasser sehr gut entwickelt. Und auch im Winter werden die Schiffe genutzt, indem sie als Speiselokal auf dem Wasser dienen. Nach einer Diskussionsrunde schloß sich der traditionelle Apero an.

Da gestreikt werden sollte, bin ich aber schon um 17:07 Uhr mit der SBB nach Singen, um den dort startenden IC nach Horb zu erreichen. Dieser fuhr auch pünktlich ab, blieb jedoch mehrmals bis Engen stehen und erreichte Tuttlingen mit über 20 Minuten Verspätung. Grund soll ein liegengebliebener Güterzug gewesen sein, der die eingleisige Strecke ab Hattingen blockiert haben soll. Zeitweise fiel in diesem IC auch das Licht aus, so dass es stockdunkel in den Waggons war. In Horb war erwartungsgemäß der Tübinger Anschlusszug schon weg, so dass eine weitere Stunde Wartezeit anfiel, wobei auf den ca. 10 Minuten verspäteten nächsten IC aus Singen gewartet wurde. Dadurch fällt für mich nochmals eine knappe halbe Stunde Wartezeit an, weil der Stadtbus nur alle 30 Minuten verkehrt.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Villinger
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Re: Kantonale ÖV-Konferenz in Schaffhausen

Beitrag von Villinger »

Hallo,

ein Zustand, leider wie Tag und Nacht und zweifelsfrei erkennbar. Jenseits der Grenze ein voll funktionierender ÖV, während es hierzulande überall mangelt.

Ich habe mich heute aufgemacht, um in den erst vor einer Woche fix gemachten Ski-Eröffnungsurlaub nach Davos zu fahren. Eigentlich prima per Bahn zu erreichen, würde man nicht einen Tag zuvor einen Streik ausrufen.
Immerhin ein Zug Mittags war als durchfahrend Villingen-Singen angegeben, auf den bin ich auch gegangen. Kurz vor Abfahrt in Villingen fällt auf, dass der Fdl Ablöser für Tuttlingen-Hattingen streikt und somit die Fahrt nur bis Immendingen möglich ist. Ab dort ging es also per gerufenem Taxi über den Berg bis Engen, wo die SBB bereit stand. Ab dort alle Züge pünktlich und sauber. Und ab der Grenze läuft es ohnehin problemlos, erst recht wenn neue Stadler KISS zum Einsatz kommen.

Den Kollegen im Streik dennoch viel Erfolg und alles Gute, auch wenn ich als EVGler nicht dazugehöre und die GDL-Führung nicht gutheiße.
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