3 Tage mit der Bahn unterwegs im Ländle

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Vielfahrer
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3 Tage mit der Bahn unterwegs im Ländle

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

in den drei letzten Tagen war ich mal wieder mit der Bahn unterwegs. Am Sonntagabend bin ich ins Hotel nach Ulm gefahren, wobei ich von Tübingen bis Nürtingen mal wieder den SEV nutzen durfte. Ab Wendlingen nach Ulm den schnellsten RE Deutschlands, der allerdings wegen vorausfahrender ICE Verspätung hatte. Da Ulm mein Tagesziel war, hat mich das nicht mehr größer gestört.

Am Montagfrüh bin ich dann kurz nach 5 Uhr auf dem Ulmer Hbf gewesen. Dort habe ich um 5:12 einen völlig leeren RE von Ulm nach Merklingen abfahren sehen, ehe ich mit einem 612er nach Langenau gefahren bin. Nach getaner Arbeit bin ich dann kurz nach 21 Uhr von Langenau nach Ulm gefahren, um den 21:29 Uhr-Zug über Merklingen nach Wendlingen zu erreichen. Der schnelle RE ist aber schlichtweg ausgefallen, so dass ich 1 Stunde warten musste - dies nach einem langen Arbeitstag. In Wendlingen hatte ich aber Glück, denn es kam ein 45 min verspäteter SWEG-Zug nach Tübingen, so dass ich sogar etwas früher in Tübingen war, also keine ganze Stunde verspätet. An Gleis 2 wartete sogar die Ammertalbahn, die aber längere Zeit nicht abgefahren ist, so dass ich dann doch wieder auf den Stadtbus gegangen bin.

Heute, also Dienstagfrüh, war eine Fahrt zu einer Sitzung nach Isny angesagt. Die Ammertalbahn ab Entringen nach Tübingen kam pünktlich, aber der Umstieg von Gleis 13 auf Gleis 5 in 3 Minuten ist sportlich. Wie ich in den Bahnhof Tübingen eingefahren bin, warteten auf Gleis 5 viele Fahrgäste noch auf den SWEG-Zug. Er wurde rund 15 Minuten zu spät bereitgestellt und fuhr auch nicht gleich ab. Weil ich zur Einschätzung kam, dass die Umsteigezeit in Wendlingen wohl nicht reichen würde, bin ich kurzentschlossen wieder ausgestiegen und habe um 6:59 Uhr den IRE 6 nach Aulendorf genommen. Unterwegs in Sigmaringen sind zwei Grundschulklassen zugestiegen bis Bad Saulgau. Der Ein- und Ausstieg hat natürlich lange gedauert, so dass in Aulendorf der RE nach Lindau-Reutin gerade abfuhr, als wir angekommen sind. Da musste ich schnell umdisponieren und den 650er nach Kißlegg nehmen, der planmäßig abfuhr. In Kißlegg kam der 650er auf Gleis 2 an, auf Gleis 3 West stand der abfahrbereite Gegenzug, der aber auf den Anschluss aus München warten sollte, jedoch wegen einer 10-minütigen Verspätung ohne Anschluss abfuhr. Mit dem verspäteten GABY bin ich dann nach Wangen gekommen und hatte noch rund 10 Minuten auf den Regiobus nach Isny. Wegen der Verspätung in Richtung Lindau blieb der Gegenzug in Richtung Wangen in Hergatz stehen und kam erst gegen 10:13 Uhr in Wangen an, der Regiobus fuhr aber unbeirrt um 10:12 Uhr ab. Die Gäste aus Zürich (SMA) hatten das Nachsehen und mussten per Dienstwagen aus Isny abgeholt werden. Ein Taxi war weit und breit nicht am Bahnhof zu sehen.

Bei der Rückfahrt nach der Sitzung wurde kurzfristig das Abfahrtsgleis geändert. Vermutlich hat das einige Fahrgäste auch den Zug gekostet. Der Zug fuhr nach Lindau-Insel, der Anschluss nach Reutin zum ECE-Halt dort wurde wegen 3 min nicht mehr erreicht, so dass für die Gäste von SMA sage und schreibe 6 Umstiege bis nach Hause notwendig wurden.

Ich hingegen habe in Reutin den 426er nach Aulendorf erreicht. Er fuhr pünktlich bis Friedrichshafen, wurde dort aber sehr voll und am Pendlerhalt in Löwental übervoll. Das hat dazu geführt, dass die Fahrzeit nicht gehalten werden konnte und in Aulendorf (bei 6 min Übergang auf den IRE nach Tübingen) er mit 4 min Verspätung eintraf. Wäre der IRE gefahren, hätte es gereicht. Aber laut Ansage hatte dieser heute 50 min Verspätung, weshalb ich es vorzog, den SEV nach Biberach zu nutzen. Ab Biberach dann fuhr ein RE 5 nach Stuttgart, allerdings ohne Steckdosen und mein Computer verlangte eine Aufladung der Batterie. Deshalb bin ich ab Ulm via Merklingen nach Wendlingen und hoffte auf verspätete SWEG-Züge in Richtung Tübingen, um die dortige Wartezeit zu verkürzen. Dem war aber nicht so. Es kamen insgesamt aber 3 ICE durch Wendlingen und der SWEG-Zug lief als letzter hinterher. Er kam 3 min nach Abfahrt des fast leeren RE nach Ulm in Wendlingen an. Die rund 10 min Verspätung holte er bis Tübingen natürlich nicht mehr herein. Ab Lustnau jedoch fuhr der Zug recht langsam und es kam die Durchsage, dass ein Selbstmörder auf einer Brücke vor dem Tübinger Bahnhof sei und es deswegen noch unbestimmte Zeit dauern könnte, bis wir in Tübingen ankämen. Wenige Minuten später kam dann die Durchsage, dass die Polizei den Mann von der Brücke gekriegt hätte und wir dann weiterfahren könnten. Die Ankunft war jedoch so spät, dass der Stadtverkehr wieder weg war und weitere fast 30 Minuten Wartezeit in strömendem Regen, zum Glück unter einem funktionierenden Buswartedach, fällig waren.
Währenddessen habe ich dann im Computer gelesen, dass ab Mittwochabend die GDL streiken wird....

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Villinger
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Re: 3 Tage mit der Bahn unterwegs im Ländle

Beitrag von Villinger »

Hallo Vielfahrer,

wieder ein zum derzeitigen Bahnzustand passender Bericht. Auch ich hatte bei meinen letzten Fahrten selten ein wirklich voll funktionierendes und pünktliches Bahnsystem vorfinden können, sondern vielmehr muss man mit Komforteinschränkungen, Fahrzeugstörungen, geringeren Fahrzeugkapazitäten und dergleichen Vorlieb nehmen.

Besonders traurig ist die Mentalität der Infrastrukturgesellschaft, die sich seit einiger Zeit nicht mehr für Anschlusssicherungen zuständig fühlt, wo das früher mit einer autonomen Wartezeitregelung selbstverständlich war. Selbst problemlos mögliche Anschlüsse müssen über das zuständige Verkehrsunternehmen erbettelt werden, und werden dann auch noch oft von der Zugdisposition abgelehnt. Und ein bei Fahrtsignal auf Anschluss wartender Lokführer bekommt noch obendrein auf den Deckel.
Wegen weniger Minuten geplatzte Anschlüsse erzeugen nachhaltig Unmut und bringen die Leute auf die Straße - zu Recht, muss man mittlerweile sagen.
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Tf Reinhard
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Re: 3 Tage mit der Bahn unterwegs im Ländle

Beitrag von Tf Reinhard »

Wahre Worte.

Ich erinnere mich noch an einen ehemaligen Rottweiler Fahrdienstleiter, der mal zu mir sagte: "Transportleitung hat zwar gemeint, nicht warten, aber du holst das ja schnell wieder auf. Ich lass dich mal zwei Minuten stehen."

Wenn ich in Tuttlingen stehe und von Stuttgart zu Abfahrtszeit der IC angefahren kommt, bleibe ich stehen. Da ist mir das egal, ob ich dann zwei MInuten später trotz gestelltem Ausfahrsignal losfahre. Leider werfen manche Kollegen pünktlich den Hebel nach vorne, obwohl der IC schon am Bahnsteiganfang ist, obwohl man wirklich genug Luft im Fahrplan hat. Aber andererseits kann man es ihnen nicht verdenken. Auf uns wartet auch niemand, obwohl wir oft in Immendingen vom RE blockiert werden und deshalb der IC nach Stuttgart sich gerade in Bewegung setzt, wenn wir schon am Bahnsteig sind.

Reinhard
Ich bn wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. Manche auch beides.
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Villinger
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Re: 3 Tage mit der Bahn unterwegs im Ländle

Beitrag von Villinger »

Hallo Reinhard,

das hat meines Erachtens oft das Immendinger Personal ausgemacht (und vielfach auch die regionalen Fdl hier), dass eben auf Anschluss gewartet wurde. Auch bei verspäteten Schwarzwaldbahn-RE aus Karlsruhe in Immendingen, wo eben für Anschluss nach Tuttlingen noch 2-3 Minuten gewartet wurde, während der Ulmer RE schon längst vorausgefahren war. Oftmals leider Geschichte.

Besonders irre hatte ich letztes Jahr einen Fall, wo der RE aus Ulm nur etwa eine halbe Minute nach dem RE nach Karlsruhe auf Gleis 2 und 3 in Immendingen eingefahren kam. Der Fahrgastwechsel beim SWB-RE war schon beendet, als der 612 gerade die Türen öffnete. Mit Fahrtsignal und "Betriebsblick" vom Tf hat man aber gerade noch rechtzeitig die Türfreigabe entzogen, bevor die Fahrgäste aus Ulm (sie wurden im Zulauf darauf hingewiesen, dass die SWB Vorfahrt hat und z. B. in Donaueschingen den Freiburger Anschluss sichert) umgestiegen waren. Mit dem Versuch des Türe-Öffnen am Dosto musste man zusehen, wie der grüne Kranz gerade erloschen war und kurz darauf der Zug nach Karlsruhe entschwindete.

Der mit über +15 dann hinterhergefahrene 612 hat am Endbahnhof Donaueschingen natürlich nichts mehr gerissen, auch die S-Bahn nach Freiburg war weg. Der Tf-Kollege war selbst genervt und hat den SWB-RE nicht einmal mehr per GSM-R erreichen können. Daraufhin habe ich mir erlaubt, das komplette Leitstellenpersonal (blind aus dem Konzerntelefonbuch herausgesucht) inklusive NVBW und Dirk Andres + Kollegen anzuschreiben, was dieses kundenunfreundliche Dahingearbeite soll.
Bild Aus dem Fridinger wurde der Villinger Bild
Karl Müller
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Re: 3 Tage mit der Bahn unterwegs im Ländle

Beitrag von Karl Müller »

Hallo,
ja, Alltag bei der Eisenbahn. Es hat nur noch wenig mit Kundenfreundlichkeit zu tun, leider. Jeder Tag wo man mit der Eisenbahn fährt und ALLES funktioniert ist ein Sechser im Lotto!
Aber, trotz aller Widrigkeiten - die Züge sind gut gefüllt. Ein Spruch eines Eisenbahner`s will mir nicht aus dem Kopf gehen -
"...wir machen alles um die Fahrgäste abzuschrecken, Baustellen, verpasste Anschlüsse, defekte Züge, personalmangel, es hilft nichts, die Fahrgäste fahren weiterhin mit uns mit...."
Ja, es war in einem 642 der Westfrankenbahn in tiefstem Hohneloher Dialekt - gehört als der KIN beim TF (der mir gut bekannt ist) sichsich auslies...ich sass direkt dahinter. Auch wenn es nicht wirklich Ernst gemeint war, ein Funken Wahrheit steckt dahinter. Bahnfahren ist nur was für Menschen mit starken Nerven und, zumindest ich nehme immer "Ohropax" mit - andere benutzen Kopfhörer...
Gruß Oli

Übrigens - gestern Abend habe ich in eminem Dienst zwei Bahnen abgestellt - mangels Personal.....!
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