Fahrzeuge mit Puffern nutzen die Gleise viel stärker ab

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Vielfahrer
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Fahrzeuge mit Puffern nutzen die Gleise viel stärker ab

Beitrag von Vielfahrer »

Habe gerade in der NZZ einen interessanten Artikel gelesen. Angeblich ist es so, dass Fahrzeuge mit Puffern aufgrund der entstehenden Querkräfte die Gleise sehr viel stärker abnutzen als Fahrzeuge mit Mittelpufferkupplung. Von daher müssten also theoretisch den Ringzügen ein kleiner Streckenbenutzungsobulus abgeknöpft werden als konventionellen Fahrzeugen mit Pufferbohlen.

Besonders interessant ist das Thema für den Güterverkehr, bei welchem ja die Einführung automatischer Kupplungen an den hohen Investkosten scheitert. Die NZZ schreibt, dass die Umrüstungskosten auf automatische Kupplungen sich relativ rasch durch eine geringere Abnutzung der Gleise amortisieren würden. Man sollte zunächst mal mit Ganzzügen beginnen, da diese in isolierten Umläufen verkehren und dann über geringere Trassenpreise einen Anreiz schaffen, die Umrüstung zu forcieren. Dadurch würde auch das System Schiene wettbewerbsfähiger. Interessante Perspektiven, wenn sie so zutreffend sein sollten.


Viele Grüße vom Vielfahrer
Goldberger
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Re: Fahrzeuge mit Puffern nutzen die Gleise viel stärker ab

Beitrag von Goldberger »

Es ist einfach nur peinlich, wenn man bedenkt, dass die USA schon seit 100 Jahren eine automatische Kupplung haben, und das im Bahnwesen sonst führende Europa sich hier wirklich in der Steinzeit befindet. Leider hat man in Zeiten der Staatsbahnen dass nicht in den Griff bekommen - hier hätten die Kosten Infrastruktur vs. Fahrzeug viel einfacher gegengerechnet werden können. Heute brauch man, s. Lärmanreizsystem - gleich regulatorische Vorgaben (ich bin trotzdem ein Verfechter der Trennung Netz / Betrieb).
Ich denke aber, bei PV-Wagen (insbesondere bei solch "Leichtgewichten" wie den RS1) ist der Effekt der Abnutzung aber technisch viel geringer als bei Güterzügen. Interessant wäre es, bei Implementierung der neuen Mittelpufferkupplung auch gleich einen IS/WTB/ sonstigen Steuerbus durchzukuppeln - es gibt bestimmt auch abseits von GPS-Ortung interessante Anwendungen dafür.
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Hannes
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Re: Fahrzeuge mit Puffern nutzen die Gleise viel stärker ab

Beitrag von Hannes »

Ich nehme mal an, du nimmst Bezug auf diesen Artikel hier: http://www.nzz.ch/lebensart/auto-mobil/ ... 1.18013441

Der Fakt ist für mich nicht neu, davon hab ich schon einmal gelesen. Ich halte aber ehrlich gesagt nicht viel davon, die in die Berechnung des Trassenpreises einfließen zu lassen, das ist reine Symbolpolitik. Solche Anreizfaktoren sind meinen bisherigen Erfahrungen nach viel zu gering, um tatsächlich etwas zu bewegen und können heute nur deshalb heute einfach eingeführt werden, da uns die Rechentechnik ermöglicht, das ohne großen Aufwand einfließen und berechnen zu lassen. Ich habe wenig Hoffnung, dass uns z.B. die lärmabhängigen Trassenpreise schnell etwas bringen werden. Neue Güterwagen werden sowieso bereits mit der K-Sohle ausgerüstet, aber bis die letzten Graugussexemplare ausgemustert werden, dauert es bei der Langlebigkeit des Materials der Eisenbahn einfach. Wenn die LL-Sohle endlich mal zugelassen ist, sehe ich eine bessere Chance, dass sich etwas bewegt. Denkbar wäre für mich ab einem gewissen Zeitpunkt in einigen Jahren ein Verbot von graugussbesohlten (Güter)Wagen am Rheintal. Die Umrüstung eines Wagens auf Bremstechnik mit K-Sohle kostet übrigens laut DB 5.000-7.000 € während die Margen im Schienengüterverkehr äußerst gering sind (bei DB Schenker Rail soll sie nur 0,3 % betragen).

In Österreich gibt es bereits einen Faktor für die Fahrgestellbauart des Triebfahrzeugs, da die Art der Einbringung der Traktionskraft auf die Schienen wohl eine größere Rolle spielt als die Bewegung der Wagen. Die Triebfahrzeuge werden ihrem Fahrwerk gemäß dann in die drei Kategorien A, B und C eingeteilt, wobei B dem Faktor 1,0 entspricht, A und C waren jeweils 1,09 % darüber oder darunter. Der Anreiz ist also äußerst gering, insbesondere, da die Trassengebühren in Österreich sowieso niedriger sind als in Deutschland (weshalb sich dort auch eher Wettbewerb im Fernverkehr lohnt, auch wenn auf der Westbahn in der vergangenen Fahrplanperiode ein Zusatzbeitrag von 1,83 €/Zugkm ggü. der "Standardstrecke" in Österreich erhoben wurde, auf anderen wichtigen Strecken werden allerdings auch zugkmabhängige Zusatzbeiträge erhoben (Brennerachse 2,2331 €)). Kein EVU würde sich also deshalb ein anderes Triebfahrzeug beschaffen oder anmieten.

Noch etwas zum Thema Güterwagen der Zukunft: Weißbuch Innovativer Eisenbahngüterwagen 2030

Im Herbst vergangenen Jahres war im Eisenbahningenieur o.ä. auch ein Artikel zu lesen, dass Schweizer Forscher gerade daran arbeiten, die Abnützung der Schienenwege auf einzelne Fahrzeuge rückführen zu können. Das ist sicherlich auch in der Hinsicht interessant, Hochleistungsstrecken wie den Gotthard-Basistunnel länger offenhalten zu können, in dem Betreiber schlecht gewarteter Fahrzeuge Pönalen für übermäßigen Verschleiß an der Infrastruktur bezahlen.

Grüße, Hannes
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Re: Fahrzeuge mit Puffern nutzen die Gleise viel stärker ab

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Hannes,

als einer, der sich nicht mit der Technik des Verkehrssystems Schiene auskennt, fand ich den Artikel einfach interessant. Bei der Sauschwänzlebahn scheint es ja gerade umgekehrt zu sein, weshalb man den Schleifzug über die Gleise geschickt hat. Aufgrund mangelfahrter Schieneninfrastruktur wurden dort offenbar die Radsätze zu stark abgenutzt, was dazu geführt hat, dass die WTB im vergangenen Herbst ihre Loks zurückgezogen hat.

Viele Grüße vom Vielfahrer
dampflokfuehrer
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Re: Fahrzeuge mit Puffern nutzen die Gleise viel stärker ab

Beitrag von dampflokfuehrer »

Ich halte von den K-Sohlen sehr wenig, da die Wagen um einiges schlechter bremsen,
besonders wenn es noch feucht ist.
Grüßle vom Dampflokführer
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